Der Geheimnistraeger
hielten Handys in beiden Händen. Es hatte fast den Anschein, als wollten sie sich die Ohren zuhalten.
»Ich muss stören«, sagte Skov so laut, dass ihn alle hören konnten. »Ich habe eine neue, vielleicht entscheidende Information erhalten.«
Die vier Männer sahen ihn an, nahmen ihre Telefone jedoch nicht von den Ohren.
»Kommissar Møller hat dem Computerausdruck des Mannes, von dem wir annehmen, dass er der Drahtzieher der ganzen Sache ist, eine Information entnommen«, sagte er. »Nicht
die Brücke ist das Ziel, sondern Barsebäck. Die Farida hält auf das Kernkraftwerk zu.«
Der Ministerpräsident schloss einen Augenblick lang die Augen und erblasste.
»Das darf nicht wahr sein«, sagte Knud Halsberg.
»B wie Barsebäck«, murmelte Thord Henning.
»Gut«, sagte Hans Enhørning.
Die anderen wandten sich ihm zu.
»Wie bitte?«, sagte Falck Pedersen.
»Dann haben wir ja noch eine Gelegenheit, sie abzufangen«, sagte Enhørning. »Es sind gut fünfzehn Kilometer von der Brücke bis zum Kernkraftwerk. Bei einer Geschwindigkeit von sechzehn Knoten dauert das etwa eine halbe Stunde.«
»Aber … Barsebäck ist doch kürzlich stillgelegt worden«, sagte Falck Pedersen. »Knut? Wie gefährlich ist die Situation dort?«
Knud Halsberg hantierte mit seinem Telefon. »Ich frage nach«, sagte er.
»Zwei Hubschrauber befinden sich jetzt vor der Farida«, rief eine Stimme weiter hinten im Raum. »Beide Piloten bestätigen, dass es sich wirklich um die Farida handelt. Unser Kampfflugzeug kann jederzeit angreifen.«
»Wo genau befindet sich das Schiff?«, fragte der Ministerpräsident in sein Handy. Er hörte zu und wandte sich dann an die anderen. »Die Farida ist immer noch auf der schwedischen Seite. Wo zum Teufel bleibt das schwedische JAS-Kampfflugzeug, von dem Göran gesprochen hat?«
»Unterwegs, aber noch nicht dort«, rief eine andere Stimme ebenfalls von hinten. »Ich fürchte, es ist eben erst gestartet.«
»Unser Jäger hat die Brücke im Visier«, teilte der Oberbefehlshaber mit. »Wir können sie jetzt außer Gefecht setzen.«
»Die Farida hat noch zwei Kilometer bis zur Brücke«, sagte
der Ministerpräsident mit dem Telefon am Ohr. »Fünf Minuten, heißt es. Was passiert, wenn wir jetzt schießen?«
»Dann wird sie einfach weitertreiben«, sagte der Oberbefehlshaber. »Vermutlich ein ziemliches Stück, sagen meine Experten. Falls jemand von der Besatzung überlebt, wird er das Schiff unter der Brücke sprengen. Es ist zu spät, die Brücke zu retten, falls sie es sich anders überlegen und sich ein anderes Ziel suchen.«
Der Ministerpräsident starrte an die Decke, um einen neutralen Punkt zu finden, auf den er seinen Blick richten konnte. »Nicht schießen«, sagte er nach zehn Sekunden. »Lasst sie erst unter der Brücke hindurchfahren. Gebt den Hubschrauberpiloten Anweisung, beizudrehen, damit sie nicht entdeckt werden. Hat der Kapitän auf unseren letzten Funkspruch reagiert?«
»Nein«, antwortete der Chef der Marine am Telefon.
»Dann können wir nur hoffen, dass dein Kommissar Recht behält«, sagte der Ministerpräsident zu Skov und drückte sein Handy ans Ohr.
»Sie ist jetzt fünfhundert Meter von der Brücke entfernt«, sagte die Stimme am Telefon. »Vierhundert, dreihundert, zweihundert, hundert. Jetzt befindet sie sich unter der Brücke!«
In diesem Augenblick fiel das Telefon des Ministerpräsidenten zu Boden. Er beugte sich vor, um es aufzuheben. Dann presste er es ans Ohr, aber es funktionierte nicht mehr.
»Was ist los?«, fragte er.
»Sie ist unter der Brücke durch«, sagte eine Stimme von weiter hinten.
Falck Pedersen nickte Skov zu. Dann sah er seinen Staatssekretär Knud Halsberg auffordernd an. Dieser beendete sein Gespräch mit dem Handy.
»Unser Experte sagt Folgendes«, meinte er. »Der Kernbrennstoff bleibt nach der Stilllegung noch ein Jahr lang im Kernreaktor,
damit die Strahlung abnehmen kann, bevor man ihn entfernt. Jod und Cäsium sind am gefährlichsten. Das Jod ist nach der Stilllegung weniger gefährlich, aber das Cäsium … wenn es zu einer Kernschmelze kommt, dann ist die Katastrophe genauso groß, als wäre Barsebäck noch in Betrieb.«
Der Ministerpräsident wandte sich an den Oberbefehlshaber. »Lasst sie noch fünf Minuten ihren Weg fortsetzen und versucht wieder, Funkkontakt zu ihr aufzunehmen. Wenn sie nicht reagiert, dann sollen unsere Jägerpiloten die Kommandobrücke zerstören, sobald sie wieder auf unserer Seite ist. Aber nur, wenn
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