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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sagte Fulke knapp. »Nun will er zurücknehmen, was er gestern gelobt hat. Er hat die Worte gesprochen, ohne daß jemand Hand an ihn legte. Aus eigenem Willen!«
    »Und Euer Priester hat die Ehe bereitwillig geschlossen? Im Bewußtsein, daß die Zustimmung beider Eheleute freiwillig gegeben wurde? Ein guter Mann von gutem Ruf?«
    »Ein Mann, dessen Frömmigkeit außer Zweifel steht, Ehrwürdiger Abt«, erwiderte Fulke triumphierend. »Die Leute auf dem Land nennen ihn sogar einen Heiligen. Es war der heilige Einsiedler Cuthred.«
    »Aber Vater«, schrie Richard mit dem Mut der Verzweiflung und fest entschlossen, endlich die unverblümte, klare Wahrheit herauszubringen, »ich tat, was sie von mir verlangten, damit sie mich wieder freiließen und damit ich zu Euch zurückkehren konnte. Ich habe die Gelübde gesprochen, aber nur, weil ich wußte, daß sie mich nicht banden. Ich bin nicht verheiratet! Es war keine Eheschließung, weil –«
    Der Abt und Fulke begannen gleichzeitig zu sprechen, um diesen Ausbruch zu unterdrücken und dem Jungen Schweigen zu gebieten, doch Richards Blut kochte. Wenn es denn hier vor allen sein mußte, dann mußte die Wahrheit eben vor allen heraus. Er ballte die Fäuste und brüllte so laut, daß seine Worte zwischen den steinernen Mauern des Kreuzganges hallten:
    »Weil Cuthred gar kein Priester ist!«

12. Kapitel
    Trotz der allgemeinen Unruhe, der Ausrufe des Erstaunens, des Zweifels und der Empörung, die wie plötzliche Windböen durch die versammelten Menschen fuhren, von Prior Robert, der entsetzt Luft holte, bis zu den neugierigen und fast schadenfroh flüsternden Novizen, entging Cadfael nicht, daß Fulke Astley dastand wie vor den Kopf geschlagen. Der Mann hatte keine Ahnung gehabt, was kommen würde, es hatte ihm den Atem geraubt. Seine Arme baumelten ungelenk und hilflos herab, als wäre ein Teil seines Wesens aus ihm geglitten und hätte ihn lahm und stumm zurückgelassen. Als er wieder bei Atem war und sprechen konnte, sagte er nur, was man ohnehin von ihm zu erwarten hatte, doch er sagte es ohne Selbstvertrauen und Überzeugungskraft, da er seine Panik mit Gewalt niederkämpfen mußte.
    »Ehrwürdiger Abt, das ist verrückt! Der Junge lügt. Er wird einfach alles sagen, nur um sich aus der Schlinge zu ziehen.
    Natürlich ist Vater Cuthred ein Priester! Die Brüder aus Buildwas brachten ihn zu uns, fragt sie, sie haben keine Zweifel. Und es hat nie ein Zweifel bestanden. Es ist böse, einem heiligen Mann übel nachzureden.«
    »Eine solche Verleumdung wäre tatsächlich sehr bösartig«, stimmte Radulfus zu und richtete stirnrunzelnd die tiefliegenden Augen auf Richard. »Überlege gut, junger Herr, ehe du deine Worte wiederholst. Wenn es dir nur darum geht, deinen Willen zu bekommen und hier bei uns zu bleiben, dann besinne dich und gestehe. Du sollst nicht dafür bestraft werden. Was auch sonst geschehen ist, anscheinend wurdest du genötigt, entführt und eingeschüchtert, und dies soll deine Entschuldigung sein.
    Ich will Herrn Fulke an diese Umstände erinnern. Aber wenn du jetzt nicht die Wahrheit sagst, Richard, dann steht dir eine Bestrafung bevor.«
    »Ich habe die Wahrheit gesagt«, erklärte Richard störrisch und schob das Kinn vor, um dem schrecklichen Blick fest und sicher zu begegnen. »Ich spreche die Wahrheit. Ich schwöre es! Ich tat, was sie von mir verlangten, weil ich wußte, daß der Einsiedler kein Priester ist und daß eine von ihm geschlossene Ehe keine Ehe ist.«
    »Woher wußtest du es?« rief Fulke, der sich allmählich aus seiner Verwirrung befreite. »Wer hat dir das gesagt? Mein Herr, dies ist die List eines Kindes und eine schändliche dazu. Er lügt!«
    »Nun? Beantworte die Fragen«, sagte Radulfus, ohne den Blick von Richard zu wenden. »Woher weißt du es? Wer hat es dir gesagt?«
    Aber dies waren genau die Fragen, die Richard nicht beantworten konnte, ohne Hyacinth zu verraten und die Häscher mit neuem Eifer auf seine Fährte zu setzen. Er zwang sich, höflich zu sein und antwortete: »Vater, ich will es Euch erzählen, aber nicht hier und nur Euch allein. Bitte glaubt mir, ich lüge nicht.«
    »Ich will dir glauben«, erwiderte der Abt und entließ ihn aus dem prüfenden Blick, unter dem der Junge gezittert hatte. »Ich glaube, daß du sagst, was man dir erzählt hat und was du für die Wahrheit hältst. Aber diese Angelegenheit ist weit ernster, als du begreifen kannst. Sie muß aufgeklärt werden. Ein Mann, gegen den eine solche

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