Der Geheimnisvolle Eremit
und sagte trocken:
»Der Sheriff wird Eure Anklagen zweifellos gern anhören. Und ebenso wird er interessiert sein zu erfahren, wie Richard gestern abend zu Euch nach Leighton kam. Ihr solltet Euch mit Euren Beschwerden an ihn wenden.« Fulke wirbelte so hastig auf dem Absatz herum, daß er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte; und schon kam Hugh mit raschen Schritten quer über den Hof, um sich zu ihnen zu gesellen. Er hatte die fragend gekrümmten Augenbrauen fast bis zum schwarzen Haar hochgezogen, und die Augen darunter richteten sich, hell und wissend glänzend, auf Fulke.
»Nun, mein Herr!« sagte Hugh liebenswürdig. »Wie ich sehe, habt Ihr gerade den Ausreißer entdeckt und hergebracht, den ich auf Eurem Gut in Leighton leider nicht finden konnte. Ich bin gekommen, um abermals dem Abt als Richards Vormund von einer ergebnislosen Suche zu berichten, und nun muß ich feststellen, daß Ihr schon meine Arbeit getan habt, während ich Phantomen hinterherjagte. Ich bin Euch dafür sehr dankbar. Ich werde dies nicht vergessen, wenn es darum geht, Kleinigkeiten wie Entführung und Freiheitsberaubung zu beurteilen.
Anscheinend hat das Vögelchen im Wald, das mir ins Ohr flüsterte, daß Richard in Leighton sei, die Wahrheit gesagt, obwohl ich keine Spur von ihm fand, als ich das Haus durchsuchte, und obwohl niemand zugab, daß Richard dort gewesen war. Als ich über die Hauptstraße zum Gut kam, hattet Ihr es knapp eine halbe Stunde zuvor auf einem anderen Weg verlassen.« Sein prüfender Blick streifte Richards gespannte Gestalt und sein besorgtes Gesicht und richtete sich schließlich auf den Abt. »Findet Ihr ihn guten Mutes und wohlauf nach der Gefangenschaft, Ehrwürdiger Vater? Ist ihm kein Schaden geschehen?«
»Körperlich gewiß nicht«, antwortete Radulfus. »Aber es gibt eine Angelegenheit, die noch nicht geklärt ist. Anscheinend hat gestern abend in Leighton zwischen Richard und der Tochter des Herrn Fulke eine Art Eheschließung stattgefunden. Soweit stimmt Richard zu, doch sagt er, daß es keine wirkliche Eheschließung sei, da der Einsiedler Cuthred, der sie durchführte, kein geweihter Priester sei.«
»Was Ihr nicht sagt.« Hugh zog die Lippen zusammen und stieß einen leisen Pfiff aus. Er drehte sich zu Fulke herum, der stumm, aber aufmerksam zusah und sehr wohl wußte, daß er vorsichtig auftreten und gut überlegen mußte, ehe er das Wort ergriff. »Und was habt Ihr dazu zu sagen, Herr?«
»Ich sage, das ist eine absurde Behauptung, die der Wahrheit nicht standhalten wird. Er kam zu uns mit dem Segen der Brüder von Buildwas. Ich hörte nie jemand ein Wort gegen ihn sagen, und ich will es auch jetzt nicht glauben. Wir haben uns in gutem Glauben an ihn gewandt.«
»Das will ich Euch gern zugestehen«, räumte der Abt gerechterweise ein. »Wenn diese Behauptung der Wahrheit entspricht, dann haben jene, die die Eheschließung wollten, nichts davon gewußt.«
»Aber Richard, glaube ich, wollte sie nicht«, sagte Hugh mit einem etwas grimmigen Lächeln. »Dies kann nicht ungeklärt bleiben, wir müssen die Wahrheit herausfinden.«
»In diesem Punkt sind wir alle einer Meinung«, bestätigte Radulfus, »und Herr Fulke hat sich einverstanden erklärt, mich morgen nach der Prim bei der Einsiedelei zu treffen und anzuhören, was der Mann selbst zu sagen hat. Ich wollte ohnehin nach Euch schicken, Sheriff. Ich wollte Euch mitteilen lassen, wie die Angelegenheit steht und Euch bitten, mich morgen zu begleiten. Diese Szene«, sagte er, indem er einen herrischen Blick auf seine allzu neugierige Herde richtete, »soll einstweilen ihren Abschluß finden. Wenn Ihr mit mir zu Abend speisen wollt, Hugh, dann sollt Ihr erfahren, was geschehen ist.
Robert, nun laßt die Brüder weitergehen. Es tut mir leid, daß unser Abend so grob gestört wurde. Und, Paul…« Er blickte zu Richard hinab, der sich mit einer Faust fest an Pauls Kutte klammerte und diesen Griff nicht aufgeben wollte, solange seine Position unsicher war. »Nehmt ihn mit Euch, Paul, wascht ihn, gebt ihm zu essen und bringt ihn danach zu mir. Er hat vieles zu erzählen, was noch nicht erzählt worden ist. Und Ihr anderen, Ihr mögt Euch zerstreuen, es gibt hier nichts mehr zu sehen.«
Die Brüder entfernten sich gehorsam und zerstreuten sich allmählich, um ihre unterbrochenen Abendbeschäftigungen wieder aufzunehmen, aber natürlich würde es im Speisesaal eine Menge verstohlenes Geflüster geben, und eine Menge aufgeregtes Gerede
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