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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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üblichen Starrsinn abgelehnt. Helene war erleichtert und versuchte nicht, sie zu überreden.
    Einmal hatte sich ihre Rommé-Bekanntschaft, eine junge Dame aus England, deren Gatte im Norden Queenslands eine Zuckerrohrplantage erwerben wollte, verabschiedet, um einen Brief an ihre Eltern in der Heimat zu schreiben. Diese Entschuldigung, mit der sie sich vom Spieltisch erhob, hatte Helene einen Stich versetzt. Bis jetzt hatte sie die Frage verdrängt, wie sie sich ihren Eltern gegenüber verhalten sollte. Ja, ob sie sich ihnen überhaupt erklären durfte.
    Es konnte nicht lange dauern, bis Gottfried sie über das Verschwinden ihrer Tochter informieren würde. Durfte sie Vater und Mutter im Unklaren über ihren Verbleib lassen?
    Helene biss sich auf die Unterlippe. Sie konnte ihnen wohl kaum erklären, dass sie schwanger war und Johannes, den verheirateten Pastor, liebte. Es würde den Eltern das Herz brechen, sie schlimmer treffen, als wenn ihre Tochter aus unerklärlichen Gründen ganz plötzlich verschwunden wäre. Natürlich war es denkbar, dass Gottfried den Eltern gegenüber eine üble Andeutung fallenließ, aber sie hoffte, dass das Druckmittel, das sie mit seinem Notizbuch gegen ihn in der Hand hatte, ihn davon abhalten würde. Er konnte schließlich nicht sicher sein, ob sie in Neu Klemzig nicht Freunde hatte, die wussten, wo sie war, und die sie über die Ereignisse dort auf dem Laufenden hielten.
    Zögerlich ging Helene zum Schreibpult, nachdem die Engländerin ihren Brief ins Kuvert gesteckt hatte und dann aus dem Salon gegangen war. Helene nahm einen der hübschen Briefbögen der Schifffahrtsgesellschaft in die Hand. Sie strich mit dem Daumen über das Büttenpapier und legte es vor sich hin. Dann griff sie zum Füllfederhalter. Nach einigem Zögern begann sie schließlich, hastig zu schreiben:
Lieber Vater, liebe Mutter,
wie Ihr dem Briefkopf entnehmen könnt, bin ich auf der Reise. Es geht mir gut, doch ich hatte mit einem Mal das dringende Bedürfnis, Katharina wiederzusehen, und so habe ich nach einigen Überlegungen Neu Klemzig verlassen, um mich auf den Weg nach Cairns zu machen. Katharina soll nicht weit von dort leben. Ich weiß nicht, ob sie mich überhaupt sehen will, doch ich möchte es wenigstens nicht unversucht lassen. Jetzt, da ich weiß, dass Ihr es wohl nicht nach Australien schaffen werdet, denke ich oft an meine Familie oder das, was mir hier von ihr geblieben ist. Ich erwarte nicht, dass Ihr meine Entscheidung gutheißen werdet, doch ich hoffe, Ihr könnt meinen Gedanken folgen und schenkt mir weiterhin Eure Gunst und Liebe. Ich hoffe, dieser Brief trifft Euch bei bester Gesundheit an!
In Liebe,
Eure Tochter Helene
    Nachdem Helene den Brief unterschrieben hatte, las sie ihn ein weiteres Mal durch und zerknüllte ihn dann. Nein, es ging einfach nicht. Sie musste auch den Eltern gegenüber ihr Schweigen bewahren, sosehr sie es sich auch wünschte, ihnen den Schmerz über ihr Verschwinden zu ersparen. Helene warf den Brief in den Papierkorb und ging zu ihrer Kabine. Sie machte kein Licht und legte sich auf das schmale Bett, wo sie in der Dunkelheit darauf wartete, dass der Kopfschmerz nachließ.

Cairns, 11. Februar 2010
    D er Himmel über Cairns war wolkenverhangen. Obwohl es erst früh am Morgen war, legte sich die klamme Hitze wie eine verschwitzte Hand auf ihren Kopf und drückte sie nieder. Natascha rang unwillkürlich nach Luft, als sie aus dem Ankunftsterminal ins Freie trat. In den vergangenen Wochen hatte sie die Last des Tropensommers immer weniger gespürt, doch nun fühlte sie sich an den Tag ihrer Ankunft erinnert. Kaum zu glauben, dass ihr Urlaub schon fast vorbei war und sie übermorgen abreisen würde. Sie schluckte. Die Zeit schien ihr zwischen den Fingern zu zerrinnen. Dabei gab es noch so viele ungeklärte Fragen! In den wenigen Stunden, die ihr in Australien noch blieben, würde sie wohl kaum mehr alle Antworten darauf finden. Sie spürte, wie sich ein Druck auf ihre Brust legte, der ihr das Atmen noch schwerer machte. Entgegen ihres ursprünglichen Plans nahm sie direkt ein Taxi in die Severin Street. Den Koffer hatte sie zunächst bei der Gepäckaufbewahrung gelassen.
    Als das Taxi vor dem unscheinbaren Bau in einer Vorortsiedlung hielt, ließ zunächst nur die überlebensgroße Jesusfigur an der Vorderfront darauf schließen, dass sie sich nicht in der Adresse getäuscht hatte. Beim Näherkommen sah Natascha jedoch, dass der seitliche Anbau gewisse Anzeichen einer

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