Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
fliegst übermorgen?« Natascha nickte und mied seinen Blick.
»Kannst du so lange bleiben?«, fragte sie ihn mit unsicherer Stimme. »Bitte«, setzte sie flehentlich hinzu. Sie griff nach seiner Hand und suchte seinen Blick. Ein Blitz zerfetzte den Abendhimmel und ließ Natascha zusammenfahren. Der Widerschein leuchtete in Alans Augen. Er schüttelte ihre Hand ab und nahm einen Schluck von seinem Bier. Dann knallte er die Flasche auf die Tischplatte, dass die Erdnüsse in ihrem Schälchen hochsprangen. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare, schüttelte ungläubig den Kopf.
»Verdammt, Natascha, warum hast du mir das denn nicht schon früher gesagt?« Sie erschrak ein wenig, wie ernst er aussah.
»Ich hatte es wegen all der Aufregung in Brisbane nicht mehr im Kopf. Aber ich kann es nun auch nicht mehr ändern, und deswegen bitte ich dich, bei mir zu bleiben, solange du kannst.« Alan war aufgestanden. Er schob seine Hände in die hinteren Taschen seiner Jeans und ging auf und ab wie ein Tiger hinter Gitterstäben. Nataschas Blicke folgten ihm. Endlich kam er an den Tisch zurück und stützte die Hände auf die Tischplatte.
»Es dreht sich alles nur um dich, oder etwa nicht? Denn du bist extra aus Deutschland hierhergekommen, um deine Wurzeln zu finden. Und aus irgendeinem Grund, der sich mir nicht erschließen will, gibt dir das scheinbar das Recht, mich so zu behandeln, wie es dir gerade in den Kram passt. Wenn du bumsen willst, bumsen wir. Wenn du davon genug hast, verpisst du dich ohne ein Wort, und wenn du später heulen willst, bin ich noch so blöde und halte dir meine Schulter hin.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Natascha zuckte zusammen.
» Damn it, Natascha! Machst du dir eigentlich auch mal Gedanken um andere?« Der Donner, der jetzt wie eine Urgewalt über der Stadt niederkrachte, verlieh seinen Worten Nachdruck.
Ein paar Köpfe an den Nachbartischen drehten sich nach ihnen um, doch Alan schaute sie immer noch unbewegt an und schien auf eine Antwort zu warten. Als Natascha sich nach seinem Ausbruch wieder etwas gefangen hatte, richtete sie sich auf und legte ihre Hand auf die seine, wobei sie ihm fest in die Augen schaute.
»Das stimmt nicht, Alan. Ich mache mir viele Gedanken wegen dir – wegen uns. Ich mochte dich gleich, sehr sogar, aber da waren Hanne und deine Tauchschülerinnen, die dich unentwegt anhimmeln. Und du hast es dir gefallen lassen, auch als wir schon miteinander schliefen, und aus alldem habe ich eben so meine Schlüsse gezogen.«
»Ach, hast du? Und würdest du eventuell erwägen, mich in deine Schlussfolgerungen einzuweihen?«
»Jetzt sei bitte nicht zynisch und tu nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede!«
Sie sah Zorn in seinen Augen aufflackern und fragte sich, ob es nicht besser wäre, den Rückzug anzutreten. So ganz unrecht hatte er nicht, das musste sie zugeben. Statt das Gespräch zu suchen, war sie von Magnetic Island aus nach Adelaide geflogen, und auch von dort hatte sie ihn nicht angerufen. Dennoch sah sie nicht ein, dass sie hier allein unter Beschuss stand. Was war denn nun mit ihm, Hanne und all den anderen Beach Girls?
»Okay, um deine Frage zu beantworten: Ich glaube, du willst es dir mit Hanne nicht verderben. Das wäre ja auch dumm. Schließlich bin ich bald wieder von der Bildfläche verschwunden, aber die unkomplizierte Hanne kommt im nächsten Sommer zu dir zurück. Tja, und all die Mädchen, die dich wie Trabanten die Sonne umkreisen … die gefallen dir auch. Welcher Mann würde sich schon über die freundliche Zuwendung beklagen?«
Sie nahm jetzt ebenfalls einen großen Schluck Bier, behielt die Flasche aber in der Hand. Endlich setzte sich Alan. Sein Blick konzentrierte sich auf das Nussschälchen, das er mit einer Hand kreisen ließ.
»Du kapierst es einfach nicht.« Es klang resigniert.
Natascha wurde langsam sauer. Sie hatte keine Lust, noch länger angepöbelt zu werden. Vielleicht hatte sie sich in Alan schlichtweg getäuscht. Wäre ja nicht das erste Mal, dass es ihr so erging, und sicherlich nicht das letzte Mal. Sie schluckte die Enttäuschung herunter. Wenn sie ehrlich war, hatte es schon nicht gut angefangen mit ihnen beiden, und die wenigen unbeschwerten Momente schrieb sie ihrer Urlaubslaune zu. Ein Tauchlehrer, Herrgott noch einmal! Sie hätte es wirklich besser wissen müssen.
Es fühlte sich so an, als hätte sich plötzlich eine Faust um ihr Herz gelegt und jedes Gefühl herausgepresst. Sie atmete
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