Der geheimnisvolle Gentleman
musste.
7. Kapitel
O livia rutschte nervös auf ihrem Sitz hin und her. Sie saß mit den anderen Damen im Salon, der noch der am ehesten vorzeigbare Raum war. Die Vorhänge waren kaum verschlissen, und die gepolsterten Sofas sanken nur ein wenig ein. Endlich war das Essen überstanden, und bald würden die Herren wieder zu ihnen stoßen.
»Stimmt irgendetwas nicht?« Lady Reardon, Willa, darauf hatte sie bestanden, schaute Olivia mit amüsierter Besorgnis an. »Oder ist es nur das Leiden der Frischverheirateten?«
Olivia presste die Lippen aufeinander. Es gab da etwas, das sie nur allzu gerne jemanden fragen würde, etwas, das ihre Mutter ganz offensichtlich nicht beantworten konnte, und Willa schien die richtige Person dafür zu sein. Sie schaute sich rasch um, um sicherzugehen, dass die anderen beiden Damen nicht in der Nähe waren, und beugte sich dann näher zu Willa.
»Ihr seid doch auch noch nicht lange verheiratet, nicht wahr?«
Willa nickte. Ihre Grübchen vertieften sich. »Erst ein paar Wochen.«
Olivia holte tief Luft. »Darf ich Euch eine sehr ungehörige Frage stellen?«
Auch Willa beugte sich jetzt zu ihr vor. »Das sind mir die liebsten«, flüsterte sie zurück.
»Ist es … ist es schön?«
Willa rückte ein bisschen von ihr ab und schaute sie an. »Noch nicht?«
Olivia schüttelte den Kopf. Willa blickte gedankenverloren in Richtung der Tür, durch die die Männer eintreten würden. »Dann kämpfe um ihn.«
Olivia seufzte. »Ich weiß, dass es furchtbar unanständig ist, sich so sehr danach zu sehnen, aber …«
Willa ergriff ihre Hand. Es war eine warme, freundschaftliche Geste, ganz anders als die ihrer Mutter.
»Olivia, irgendwann werde ich Euch erzählen, wie ich immer wieder versucht habe, Nathaniel dazu zu bewegen. Er wollte nichts davon wissen. Damals hat es mich schier verrückt gemacht, aus heutiger Sicht allerdings denke ich, dass es wahrscheinlich gut war, dass wir uns erst ein wenig kennen lernten.«
»Wie lange hat es gedauert?« Leider war sie nicht sehr geduldig.
Willa schenkte ihr ein unmerkliches, geheimnisvolles Lächeln. »Eine Woche. Ich bin unwiderstehlich.«
Nachdem sie Lord Reardons vernarrten Gesichtsausdruck beim Anblick seiner Frau gesehen hatte, fiel es Olivia nicht schwer, das zu glauben. »Und wie stelle ich das an, unwiderstehlich zu sein, meine ich.«
Willa biss sich auf die Unterlippe und schaute für einen Augenblick an die Decke. »Ich habe noch nie darüber nachgedacht, aber ich denke, was mich unwiderstehlich macht, ist die Tatsache, dass ich ihn für unwiderstehlich halte. Ich glaube, Männer wollen eine Frau, die ihnen Zuneigung entgegenbringt.«
»Ich mag ihn«, sagte Olivia mit gesenkter Stimme. »Ich mag ihn wirklich sehr.«
Willa lächelte und tätschelte ihr wieder den Handrücken. »Also, dann ist es nur eine Frage der Zeit.«
»Hm.« Olivia musterte ihre neue Freundin. »Ihr habt meine erste Frage aber noch nicht beantwortet. Ist es gut?«
Willa riss die Augen auf und schüttelte entschieden den Kopf. »Oh, nein.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und die Gentlemen traten endlich ein. Willa lächelte quer durch den Raum ihren Mann an, und dabei sah sie mindestens so vernarrt aus
wie er. »Es ist nicht schön«, sagte sie verträumt. »Es ist göttlich.«
Der Abend war fast vorüber, und endlich waren der Löwe, die Kobra und der Falke allein. Sie hatten ihren Gastgeber darauf hingewiesen, dass der fast bewusstlose Wallingford Cheltenhams persönlicher Aufmerksamkeit bedurfte, um sich auf den Heimweg zu begeben. Als Olivias Vater schließlich den Raum verließ, stützte Dane die Ellenbogen auf den Tisch. »Die Sitzung ist eröffnet. Prinz George muss besser kontrolliert werden.«
Die Kobra nickte nachdenklich, doch der Falke zog nur eine Augenbraue hoch. »Welche Form der Kontrolle könnt Ihr anbieten?«
»Eine Geliebte, die der Prinz selbst aus einer Reihe von Damen auswählt, die wir ihm vorstellen.«
Er brauchte nicht lange, die beiden zu überzeugen, obwohl die Kobra Bedenken hinsichtlich des Jagdballes hatte. »Seine Majestät hasst Schottland. Ihr wisst selbst, dass er seine Zeit lieber in Brighton mit seinen Spielzeugsoldaten verbringt.«
Der Falke warf ihm einen kühlen Blick zu. »Lasst das meine Sorge sein. Er wird kommen.«
Die Kobra zog die Augenbrauen zusammen. »Vielleicht sollten wir alle kommen.«
Dane schüttelte den Kopf. »Die eingeladenen Damen werden sorgfältig ausgewählt. Sie alle
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