Der geheimnisvolle Gentleman
in die Kissen. »Sag ihm, dass ich schon verheiratet bin.« Petty zuckte mit der Schulter. »Mylady, ich glaube, er ist ein Hausdiener und sucht Arbeit. O Mylady, bitte, bitte stellt ihn ein.«
Olivia öffnete einen Spaltbreit die Augen. »Ein Diener, der bei mir Arbeit sucht?« Das überraschte sie, denn sie hatte nicht annonciert. Und überhaupt, warum war das Petty so wichtig? Neugier allein reichte aus, um Olivia von ihrem Nickerchen abzuhalten. Außerdem erschien es ihr immer noch besser, diesen Ausbund männlicher Schönheit zu treffen, als weiter zu packen.
Einige Augenblicke später, als Olivia den Mann im dritten Salon empfing, offenbar hielt Mrs Huff ihn nicht des ersten oder zweiten Salons würdig, musste sie zugeben, dass er tatsächlich gut aussah. Blonde Haare, blaue Augen und außerdem hatte er gute Manieren.
Natürlich war er für ihren Geschmack ein bisschen zu jung und etwas zu schlaksig, noch dazu war er kaum größer als sie und wirkte irgendwie bedrückt. Petty konnte den Blick nicht von ihm lassen. Olivia sah, wie die Zofe ihn bewundernd beäugte.
»Also, dann sagt mir, Mr Sumner, warum Ihr glaubt, dass ich einen Diener benötigen könnte.«
Er zuckte die Achseln und blinzelte sie traurig an. »Ich hatte nur gehofft, Mylady. Ich hatte gehört, dass Ihr geheiratet habt, und da dachte ich mir, dass Ihr vielleicht ein paar Leute einstellt, da der Haushalt Seiner Lordschaft sich ja vergrößert hat.« Er seufzte. »Ich weiß, dass es ein wenig unverschämt ist, dass ich einfach so hierherkomme, aber Lord Walter hatte immer ein offenes Ohr, wenn jemand Arbeit brauchte, und da dachte ich …«
Olivia hob eine Hand. »Lord Walter? Ihr wart bei meinem Bruder im Dienst?«
Er nickte eifrig und fingerte nervös an seinem Hut herum. »Ja, Mylady, ich war zwei Jahre lang der Kammerdiener Seiner Lordschaft, bis zu seinem Tod vor einem Monat.« Er blinzelte heftig, als finge er gleich an zu weinen. »Ich vermisse es, für Seine Lordschaft zu arbeiten, o ja.«
Das musste der Kammerdiener sein, der Zeuge von Walts Tod geworden war, der einzige Zeuge. Olivia sprang auf. »Wartet hier.« Sie verließ das Zimmer. Es war ihr egal, dass sie Petty zurückließ. Sollte sie doch einen Neuen zum Anbeten haben. Mit wenigen Schritten war Olivia vor Danes Studierzimmer. Sie zögerte, denn er hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass er nicht wünschte, gestört zu werden.
Aber sie hatte keine Ahnung, ob sie eigenmächtig Personal einstellen durfte. Meistens stellte die Hausdame das Personal ein, Olivia würde indes viel lieber Dane fragen als die herrische Mrs Huff.
Sie klopfte an die Tür.
»Herein!«
Sie trat ein. Dane war allein. Er arbeitete an irgendetwas, das er unauffällig unter eine Kladde schob, als sie näher trat. Also ehrlich! Glaubten diese Männer denn, sie sei von der neugierigen Sorte?
Natürlich ließ ihre Vorsicht sie vor Neugier fast umkommen, aber sie war eine Dame. Sie konnte sich beherrschen.
Außerdem hatte sie eine Mission zu erfüllen. Sie wollte herausfinden, was mit Walter wirklich passiert war und warum er sich mit so schäbigen Leuten umgeben hatte und ertrunken war, obwohl er doch so gut schwimmen konnte.
»Dane, darf ich einen Diener einstellen?«
Er lehnte sich zurück und lächelte sie an. »Ebenfalls einen schönen Nachmittag, Mylady.«
Sie wurde rot. »Entschuldige. Wie geht es Euch heute, Mylord?«
Er neigte den Kopf zur Seite und zog anzüglich eine Augenbraue hoch. »Ehrlich gesagt, bin ich ein wenig müde. Jemand hat mich letzte Nacht nicht schlafen lassen.«
Sie errötete noch mehr. »Dane«, zischte sie ihn peinlich berührt an. »Rede nicht darüber. Es ist helllichter Tag!«
Er warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Also gut. Rein geschäftlich. Warum brauchst du einen Diener? Mein Bedarf ist eigentlich gedeckt.«
Olivia nickte. »Das stimmt. Aber sie arbeiten alle für dich und für Greenleigh. Vor allem jetzt auf der Reise glaube ich, dass ein Diener, der sich nur um mich kümmert, nicht schlecht wäre. Er braucht Arbeit, und er kann sich mit Petty um meine Sachen kümmern, kann ihr beim Tragen helfen und so.«
»Und er tut dir leid.«
»Hm, ja. Er war zwei Jahre lang bei meinem Bruder, und jetzt ist er arbeitslos. Ich habe ihn nie zuvor getroffen, weil er immer in London blieb, wenn Walt nach Hause kam, aber ich habe nur Gutes über ihn gehört.«
Dane holte Luft. »Weißt du, allein aus Mitleid stellt man niemanden ein.«
»Ich weiß. Aber
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