Der geheimnisvolle Highlander
der Abenteurer von Fife, die Isle of Lewis zu kolonisieren.«
Es dauerte einen Moment, bis die Bedeutung seiner Worte
zu ihr durchdrang. Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht. »Du meinst, Alex war ein Spion?«
»In gewisser Weise ja«, antwortete ihr Vater. »Wenn auch bei Weitem nicht so dramatisch. Er sollte einfach nur Augen und Ohren offen halten und sehen, was er in Erfahrung bringen konnte. Wir glaubten, dass seine Anwesenheit auf Holyrood als Bruder eines Chiefs, und da er schon oft bei Hofe war, bei den Regierungsmitgliedern der Lowlands keinen Verdacht erregen würde. Doch es kam auch sehr gelegen, dass er in den letzten paar Jahren keine so enge Verbindung mit seinem Bruder hatte.« Er machte eine Pause und räusperte sich. »Natürlich wissen nicht viele Leute, dass Alex in den letzten Jahren mit den geächteten MacGregors gekämpft hat.«
Meg starrte dumpf auf ihre Hände, die fest zu Fäusten geballt in ihrem Schoß lagen. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie hatte gewusst, dass Alex etwas im Schilde führte, hatte erkannt, dass es etwas gab, das er ihr nicht gesagt hatte, doch sie wäre niemals darauf gekommen, dass er ein Spion war. Ganz sicher kein Söldner. Auch hatte er sich offensichtlich nicht mit seinem Bruder entzweit.
Plötzlich ergaben viele seltsame Ungereimtheiten einen Sinn: das Kartenspiel mit Jamie in einem Raum voll von Männern des Königs, sein Ärger bei der Erwähnung der MacGregors und der politischen Situation von Lewis bei ihrem Ausritt an jenem Tag, sein Herumlungern in dem dunklen Korridor …
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Als sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Hatte er sie da nur geküsst, um seine Anwesenheit in dem Gang zu vertuschen?
»Erzähl ihr auch noch den Rest«, forderte Rosalind, die offensichtlich Megs Verzweiflung spürte, ungeduldig.
Ihr Vater seufzte und fuhr zögernd fort: »Die Informationen, die Alex bei Hofe erfahren konnte, haben es den Chiefs der Inseln ermöglicht, den MacLeods of Lewis ihre heimliche Unterstützung zu geben. Als die Abenteurer landeten und Stornoway Castle vor ein paar Wochen einnahmen, waren wir vorbereitet – was zu einem großen Teil Alex zu verdanken war.« Ihr Vater schien nichts weiter sagen zu wollen, doch Rosalinds durchdringender Blick nötigte ihn, fortzufahren. »Alex hat sich Neil MacLeod angeschlossen, um den Widerstand auf Lewis anzuführen.«
»Alex? Kämpft auf Lewis?«, wiederholte sie leise. Sie hatte bereits geahnt, was er sagen würde, doch es war dennoch ein Schock für sie. Ihre Gedanken rasten, als sie versuchte, das eben Gehörte mit der Unterhaltung mit Lord Huntly in Verbindung zu bringen. Warum sollte er zustimmen, für Huntly zu kämpfen. Das würde er nicht. »Aber wie? Für wie lange?«
Ihr Vater zuckte die Schultern. »Er ist jetzt seit über zwei Wochen dort, nachdem er kurz vor den Abenteurern ankam. Er hat den Hof wohl ungefähr zur selben Zeit wie du verlassen. Neil und Alex haben Überfälle auf die Siedlung bei Stornoway organisiert, Lebensmittel und Vorräte abgefangen, die für die Abenteurer bestimmt waren – sie zermürbt wie beim letzten Mal. Kleine Scharmützel bisher, doch das wird sich bald ändern.«
»Ich wusste, dass er etwas vorhatte, ich hätte nur nie vermutet …« Sie zuckte zusammen, als wäre sie geschlagen worden. Dieser zweite Betrug traf sie beinahe so hart wie der erste. Ihr Vater, der Mann, den sie so verzweifelt zufriedenstellen wollte, dem sie beweisen wollte, dass sie Dunakin leiten konnte, hatte ihr nicht vertraut.
Die heftige Enttäuschung formte einen harten, bitteren Kloß in ihrer Kehle.
»Warum hast du es mir nicht gesagt? Warum weiß ich nicht, dass du vorhattest, den MacLeods of Lewis zu helfen? Wie konntest du mir so etwas Wichtiges verheimlichen?« Erstickt brach sie ab, da ihr die heftige Gefühlsregung die Kehle zuschnürte.
Ihr Vater hatte sich gegen den König verbündet und sie darüber völlig im Dunkeln gelassen.
»Du bist vieles, Meg«, sagte er sanft. »Aber du bist nicht Chief. Das ist ein Posten, den ich hoffentlich noch ein paar, nein, viele weitere Jahre innehaben werde.«
Ihr Vater vertraute ihr nicht.
»Lachlan, du machst deine Sache im Moment nicht gerade gut«, warnte Rosalind.
Ihr Vater warf einen Blick auf Meg und bemerkte ihre Verzweiflung. »Es ist nicht so, wie du denkst, Mädchen. Ich bin stolz auf dich, du hast dich bewundernswert gut bewährt angesichts schwieriger Umstände, mit deinem Bruder …«
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