Der geheimnisvolle Kreis (German Edition)
Angst.
„Na, Martin, wo bist du. Komm raus, wir finden dich sowieso.“
Martin würde niemals freiwillig rauskommen.
„Such ihn doch endlich. Ich will hier nicht ewig warten. Das kann doch nicht so schwer sein.“
Angestachelt durch die Hexe stob der Drache durch die Mühle und warf Kannen und Bretter mit seinem langen Drachenschwanz um. Er wurde immer aufgeregter und nervöser. Er roch seinen Lieblingsgeruch. Der Junge konnte nicht weit sein.
Er kletterte über Säcke und Bretter. Suchte hinter Schränken und Tischen. Er musste irgendwo sein.
Da! Er entdeckte einen großen Haufen von vollen Mehlsäcken. Hatte der Junge sich vielleicht dahinter versteckt?
Er lief darauf zu und rümpfte die Nase. Der Geruch nach Adrenalin war hier besonders stark. Er schob einen Sack nach dem anderen mit seiner Nase auseinander. Mehl fiel aus den Säcken und verteilte sich auf dem Boden. Es staubte. Der Drache nieste entsetzlich laut. Martin erschrak zu Tode. Spie der Drache etwa Feuer? Und seine Angst wuchs und wuchs. Er konnte den Drachen nicht sehen, aber er hörte ihn und bemerkte, dass er ziemlich nah war. Martin konnte nicht flüchten. Er saß in der Falle. Er betete ein Stoßgebet und dann stockte ihm der Atem. Der Drache schaute ihn mit großen schwarzen Augen an. Der Drache kam mit dem Kopf näher und roch an Martins Gesicht. Martin zog sich die Hände vor das Gesicht und wich ein bisschen zurück. Er konnte aber nicht, da er bereits ganz an der Wand saß. Jetzt war alles zu spät. Der Drache drehte sich zur Hexe um und fauchte, was heißen sollte: Hier ist er!
Die Hexe kam näher und kämpfte sich durch den Mehlhaufen.
„Na, Martin. Ich habe doch gesagt, dass wir dich finden. Komm da raus. Ich nehm´ dich jetzt mit.“
„Fahr zur Hölle, du alte Hexe. Ich geh nirgends mit.“ schrie Martin. Er hatte Angst und Wut zugleich. Seine Mutter hatte ihn an eine grässliche Hexe verkauft?
„Ja, das hat sie. Sei nicht albern. Komm da vor oder ich verwandle Dich in eine Kröte und pack Dich an den Beinen. Basta. Und gleich vorweg: Ich kann Deine Gedanken lesen. Nicht, dass Du Dich wie so viele andere wunderst. Deine Mutter wollte unbedingt im Luxus leben und deswegen hat sie Dich verkauft. Dein Vater, der Versager, konnte ihr das nicht bieten. Also musstest Du dran glauben. Und nur weil sie schwanger war, hat sie deinen Vater heiraten müssen. Dann wäre diese Frage auch geklärt. Und jetzt komm.“
Das war zu viel für Martin. Nicht nur, dass er verkauft wurde, nein, sein Vater war kein Versager. Und seine Mutter liebte ihn nicht einmal. Und dann die ihm bevorstehende Zukunft mit einer Hexe.
„Was wollen Sie von mir? Warum bin ich Ihnen so viel wert?“
„Zu aller erst: Nenn mich Meisterin. Und?“
„Was und?“
„Ja, Meisterin heißt das!“ schrie sie.
Martin erschrak. Aber er hatte nichts zu verlieren und fasste unheimlichen Mut. Er war stark und seine Stärke in ihm wuchs und wuchs.
„Warum soll ich Sie Meisterin nennen?“
„Weil ich die Meisterin bin. Was für eine doofe Frage! Also nenn mich gefälligst so.“
„Nein, keine Lust.“
Die Hexe schaute ihn verdutzt an. Das hatte sie nicht erwartet. Hatte er keine Angst? Und was soll sie jetzt machen?
„Wie keine Lust? Muss man dazu Lust haben?“ sagte sie sichtlich verwirrt.
„Ja. Und Sie haben mir immer noch nicht gesagt, warum ich Ihnen so viel wert bin.“
„Richtig. Ich brauche junges Blut für meine Zauberkünste. Ich nehme Dich mit auf meine Burg. Es ist eine Zauberschule. Ich brauche Nachwuchskräfte für Zaubersprüche.“
„Das ist alles?“
„Ja, wieso?“
„Und deswegen machen Sie hier so ein Theater?“
Die Hexe und der Drache schauten sich beide fragend an.
„Gibt es bei Ihnen warme Zimmer und drei Mahlzeiten am Tag? Gibt es dort andere Schüler?“
„Ja, gibt es. Es sind an die zwanzig.“
„Dann lassen Sie uns doch endlich gehen.“
„Ähm, was?“
„Losgehen, reiten oder was auch immer man mit diesem komischen Vieh machen kann.“ Dabei zeigte er auf den Drachen, der ihn ziemlich dumm anschaute.
„Ach so, ja, wir können auf ihm reiten. Und fliegen kann er sogar auch.“
„Wow, ich bin noch nie geflogen. Also los geht´s.“ sagte Martin begeistert.
Die Hexe war irritiert. So einfach hatte sie es noch nie. Meist heulten die Kinder und weigerten sich. Sie musste oft Gewalt anwenden oder sie verzaubern, bis sie Respekt vor ihr hatten. Dieser Junge war mehr als anders. Sehr mutig und wusste genau, was er
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