Der Geheimtip
diesmal klappte. Wenn allerdings nicht … gar nicht auszudenken!
Es war klar, daß dieser Rino Peinto ihn zur Zeit in der Hand hatte. Ein Problem, das er später lösen würde. Und zwar endgültig! Da sollte sich der Junge lieber keine Illusionen machen. Sie fanden zwar im Moment nicht einmal diesen gefährlichen Deutschen in der Maske des Biedermannes auf der Insel. Aber der war eben auch ein anderes Kaliber als dieser Pinto, dieser schmierige Kerl. Den würde er später zu finden wissen. Überall in der Welt.
Jetzt teilte Rino Peinto seinem heimlichen Dienstherrn also mit, er habe den Deutschen namens Meier gefunden und zu einer Zusammenkunft überredet. Er wolle weiterhin mit Pallando abschließen und werde morgen um zehn Uhr bereit sein.
»Ich führe Sie hin«, versprach Rino. »Er will mir den Treffpunkt erst in allerletzter Minute sagen. Vorher möchte ich aber bereits meinen Anteil.« Und er nannte eine unverschämte Summe, die Pallando ihm ohne zu zögern versprach. Selbst wenn er sie diesem Mistkerl nicht wieder abnehmen könnte, wäre sie nicht zu hoch im Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn.
»Und bringen Sie den Musterkoffer mit, Klapperstorch 02«, ermahnte Rino Peinto noch genußvoll den wehrlosen Pallando. »Sonst könnte das Geschäft doch noch in die Binsen gehen.«
Pallando mußte nach diesem Gespräch zwei Beruhigungspillen schlucken und erteilte seiner Mannschaft wahllose Anpfiffe, bis er sich wenigstens ein bißchen abreagiert hatte.
Rino Peinto jedoch, der an alles dachte, beschaffte sich sofort ein Formular mit Wappen und Stempel und dem schönen Aufdruck ›Sekretär für Handel und Finanzen, Funchal, Madeira‹. Das füllte er so aus, daß es die Zustimmung zu dem abzuwickelnden Geschäft zwischen der ›Schraufa GmbH‹ und Miguel Pallando im Auftrag der portugiesischen Behörde enthielt, versehen mit der Klausel, daß Señor Pallando für die Abwicklung verantwortlich und mit allen Rechten ausgestattet sei. Zum Schluß setzte er schwungvoll den Namen ›Juan Perreiro dos Passos‹ darunter. Die Unterschrift sah ganz echt aus. Er machte sie schließlich nicht zum erstenmal nach.
8
In Aberlingen bei der ›Schraufa GmbH‹ zog Dr. Kranzer erste Konsequenzen aus seinem Gespräch mit Pettenkamp. Meier war abgemeldet, also mußte man sich ein bißchen bei dem Knulle ranhalten, wenn der Strom der Vorschüsse nicht urplötzlich versiegen sollte. Denn das konnte sich jeder ausrechnen: Knulle würde der neue Mann auf Meiers Posten sein.
Und falls Meier wider Erwarten doch noch in Ehren zurückkehrte, wartete auf ihn wahrscheinlich der Beförderungsposten im Personalbüro.
Also strich Kranzer um Knulle herum und lud ihn in der Werkkantine zu einem ›Kaffee mit‹ ein. Das ›mit‹ war ein Schnaps. Es wurde nicht gern gesehen, daß Mitarbeiter Alkohol zu sich nahmen. Und so war es wie in Amerika bei der Prohibition: Not macht erfinderisch, und Durst wird durch ›Kaffee mit‹ erst schön.
Knulle sah reichlich verärgert aus, und seine Miene wurde nicht freundlicher, als Dr. Kranzer im Plauderton fragte: »Na, gibt's was Neues von Meier?«
Knulle runzelte die Stirn.
»Meier ist beim Chef unten durch«, sagte er leise.
»Wem sagen Sie das?« Dr. Kranzer hob beide Hände. »Ich war doch vorhin beim Alten, äh, bei Herrn Pettenkamp. Er bekam ja einen regelrechten Anfall, als die Rede auf Meier kam.«
»Bei mir erst«, sagte Knulle düster.
»Dann wissen Sie's also auch schon?«
»Was soll ich wissen?«
»Na, daß der Meier gar nicht auf Madeira sein soll …«
Knulle stand erst einmal zwei Sekunden lang der Mund offen, dann fuhr er sich mit der Hand über die Augen, schüttelte mehrmals den Kopf und formulierte fein: »Da staun' ich aber!«
»Na ja, natürlich, er war doch ein so zuverlässiger Mann.«
»O Gott, Sie meinen …?«
»Ich meine gar nichts, aber der Alte meint.«
»Na, also, wissen Sie«, stotterte Rüdiger Knulle. »Und die Karten? Haben Sie keine bekommen?«
Jetzt wurde Kranzer hellhörig. »Karten? Sie meinen, Ansichtskarten? Ja, haben Sie denn eine bekommen?«
Knulle nickte stolz. »Heute. Vorhin angekommen.«
»Von Meier?«
»Genau. Er schreibt, daß er mir ein Andenken mitbringen will.«
»Aus Madeira?!«
»Ja, von wo sollte er denn sonst eins mitbringen? Doch wohl nicht von ›Genhardt‹ am Marktplatz von Aberlingen?«
»Und Sie haben Herrn Pettenkamp nichts davon erzählt?« Jetzt wurde Kranzer aber wieder offiziell. Da lag er offenbar ganz
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