Der Geheimtip
Kostüm ist bereits vorgestern eingetroffen. Ich muß nur noch telefonieren, dann können Sie in Ihre Garderobe.«
»Ich weiß wirklich nicht, welcher Teufel mich geritten hat, daß ich bereit war, in solch einer Bruchbude aufzutreten«, murrte Mauro.
Pappali zuckte zusammen. Bruchbude! Das war doch die Höhe! Er hätte dem Angeber gern eine Ohrfeige gegeben, fühlte sich aber zu schlapp. Und seine beiden Gorillas waren weiß Gott wo, aber wieder einmal nicht an seiner Seite.
Pappali beschloß, die beiden Mauros einfach einander gegenüberzustellen.
Als er die Tür zur Garderobe nach kurzem Klopfen öffnete, war sie leer. Aber das Kostüm lag da, wenn auch sehr unordentlich auf dem Boden verteilt. Mauro sah sich das an, trat vor und knallte Pappali die Ohrfeige, die der ihm vorhin gern gegeben hätte. Pappali blickte ihn ernst an und trat ihm gegen das Schienbein, daß es krachte.
»Ich trete nicht auf«, zischte Mauro. In diesem Augenblick erschienen aber die beiden Kraftmeier und bauten sich neben ihrem Boß auf. Das waren zwei recht überzeugende Argumente.
»Dann will ich mein Geld zurück«, verlangte Pappali. Denn er hatte sich blitzschnell überlegt, daß er den Leuten im Saal einen zweiten Mauro nicht zumuten durfte. Er würde sagen, der Star hätte einen Zusammenbruch gehabt. Das macht sich immer gut. Schließlich hatte er bereits getanzt, und sie konnten ihr Eintrittsgeld nicht zurückfordern. Die Presseleute würden sicher eine rührende Story daraus machen. Gar nicht so schlimm, wenn er diesen Burschen los wurde.
Mauro zog seine Brieftasche, in der ein Bündel Banknoten schwoll, und warf einen Packen davon Pappali vor die Füße. Der lächelte augenblicklich verbindlich. Geld war immer ein erfreulicher Anblick.
»Señor Mauro«, sagte er, »ich werde Ihnen alles erklären.« Der Fall war leider nur zu klar. Er, Pappali, war einem Betrüger aufgesessen. Dies war der echte. Was man schon an den Geldmengen sah.
Gerade schien sich die Situation zu entspannen, da stürmten die gesammelten Frios nach vorn. Mauro erblickte sie rechtzeitig und entwich als flinker und geschickter Mensch dahin, wo es in solchen brenzlichen Lagen immer am sichersten ist: in die Menge.
Sofort ergriffen die Leute im Saal Partei. Sie wußten zwar nicht, worum es ging. Aber sie würden die Sache keineswegs dem Zufall überlassen. So war bald die schönste Saalschlacht im Gange. Pappali winkte verzweifelt der Kapelle zu, sie möchte Musik machen. Aber dort brach plötzlich ein ganz interner Zwist zwischen zwei Gitarristen los, in den sich die anderen einmischten. Mehrere Instrumente gingen zu Bruch, ferner ein großer Teil von Pappalis Einrichtung samt Gläsern und Tellern. Die Polizei kam erst, als alles schon getan war. Die Kapelle spielte bereits auf den restlichen Instrumenten, und zerrupfte Folkloretänzer stampften feurig den Flamenco, begleitet von rhythmischem Klatschen und Fingerschnipsen im Saal.
Dieser Tag ging als ›Mauro-Festival‹ in die Annalen des Städtchens Semlona ein und wurde im Laufe der Jahre mit vielen schönen und spannenden Geschichten ausgeschmückt. Es fehlte nicht viel, und die Kinder hätten schulfrei bekommen.
Silva war sofort klargeworden, daß sie mit ihrem Liebsten aus Semlona verschwinden mußte. Sie winkte ein Taxi heran und verließ den Ort der Aufregungen mit Egon in Richtung der Berge. Dort kannte sie ein entzückendes kleines Hotel, sehr geeignet für erholsame und glückliche Stunden. Und dort wollte sie ihr junges Glück erst noch einmal genießen, bevor es ernst wurde mit Rino und seinen Plänen.
Vom Hotel aus rief sie im ›Casa das Freiras‹ in Semlona an. »Wenn ein Señor Peinto anruft«, trichterte sie dem Wirt ein, »so sagen Sie ihm bitte, er werde übermorgen im Café von Amona erwartet, um elf Uhr vormittags. Allein! Mit Köfferchen! Wiederholen Sie mir die Nachricht bitte. Wenn es klappt, bekommen Sie einen Scheck, den Sie kaum ablehnen werden.«
Der Wirt wurde gleich eine Spur dienstfertiger. Man hörte es an seiner Stimme. Er wiederholte den Auftrag und versicherte, die Señora könne sich auf ihn verlassen.
Jetzt waren die Weichen gestellt. Silva konnte in Ruhe abwarten, bis Egon sich von allen Strapazen erholt hatte, um ihn dann in die süßesten Strapazen der Welt zu stürzen. Und da er sich ein kleines Leben lang in Aberlingen in dieser Hinsicht ausgeruht hatte, erbrachte er nun wirklich Spitzenleistungen. Silva war voller Zärtlichkeit für diesen
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