Der Geheimtip
sich an, als hätte jemand ein Orchester aus Sambapfeifen zusammengestellt. Silva riß den Schlag auf, sprang hinein und keuchte: »Folgen Sie dem Wagen dort vorn. Es geht um Leben und Tod!«
Der Junge grinste entzückt und gab Gas. Er hatte doch schon beim Aufwachen so ein vielversprechendes Prickeln in den Gliedern gespürt. Deshalb hatte er sich auch Papas Wagen ausgeliehen. Er hatte zwar noch keinen Führerschein, konnte aber jedenfalls besser fahren als diese lahmarschigen Erwachsenen.
Kein Wunder, daß bei denen nie so entzückende Mädchen einstiegen, die eine filmreife Verfolgungsjagd auf Gangster machten. Denn er zweifelte keine Sekunde daran, daß es darum ging. Man wußte doch, wie so etwas gemacht wurde.
»Sind Sie von der Kripo?« fragte er deshalb auch nur cool.
»In etwa«, murmelte Silva vage. »Ich werde mich erkenntlich zeigen.«
»In Ordnung.«
Man wußte auch, wie solche Erkenntlichkeiten letztlich aussahen. Ihr Erkennungsmerkmal war, daß sie im Bett oder an einsamer Stelle in der Natur stattfanden. Er lächelte und zeigte dabei Riesenhauer. Alle Caballos hatten diese riesigen Gebisse. Das machte nichts. Bei ihrem Vermögen empfanden die Damen das als angenehme Zugabe. Geld machte an sich schon sinnlich.
Der große Wagen glitt weiter in die Berge. Auf einer Hochebene war ein winziger Privatflugplatz. Einige einmotorige Drachenmaschinen und drei kleine Sportmaschinen waren hier geparkt. Es gab eine kleine Bretterbude und ein einfaches Steingebäude, an dem merkwürdigerweise ein Schild mit der Aufschrift ›Casino‹ angebracht war.
Egon Meier saß inzwischen gottergeben im Fond. Pallando hatte José schwer angeschnauzt, er solle gefälligst die Hand vom Mund des Herrn nehmen. Rino erklärte, daß es sich lediglich um ein vereinfachendes Verfahren handele. »Die junge Dame, mit der Sie da zusammen sind, hat Sie ja in eine gefährliche Falle gelockt. Sie ist die Tochter vom Regionalsekretär für Handel und Finanzen, und wissen Sie, was sie im Auftrag ihres Vaters bezweckt hatte?«
»So ein Unsinn«, flüsterte Egon.
»Sie sollte Sie hinhalten, damit ihr Vater in aller Ruhe das Geschäft mit den Amerikanern abschließen konnte. Zu seinen Bedingungen. Denn wo keine Konkurrenz ist, da bestimmt der Käufer die Preise!«
Egon schüttelte den Kopf. »Unmöglich.«
»Aber es ist so.«
»Sie würde das nie tun.«
»Man täuscht sich leicht in hübschen Frauen.«
»Nicht in dieser. Ich nicht!«
Egon dachte an diese und jene Situation. Ihm wurde ganz zärtlich zumute, und seine Haut prickelte. Rino Peinto erklärte ihm, sie würden ihn mit einem Privatjet nach Porto Santo bringen. Von der Insel aus könne er dann mit der Linienmaschine weiterfliegen nach Bordeaux.
»Dort ist der Gewährsmann bereits verständigt. Er wird Sie vom Flughafen abholen. Machen Sie sich nur keine Sorgen.«
»Ich mache mir aber welche.«
»Wegen des Mädchens? Aber das ist doch völlig unnötig. Sie können sich ja wieder mit ihr in Verbindung setzen. Frauen haben bei Geschäften nichts zu suchen. Unterschreiben Sie den Vertrag. Fliegen Sie, wie geplant, nach Bordeaux. Übergeben Sie das Köfferchen zur Ansicht unserem Mittelsmann. Sie kriegen es wieder! Und melden Sie Ihrer Firma den Erfolg. Das war es doch, was Sie wollten. Oder etwa nicht?«
»An sich schon …«
»Und zu blendenden Bedingungen!«
»Das will ich gar nicht bestreiten.«
»Was paßt Ihnen also nicht?«
»Mir paßt die Art und Weise nicht. Sie haben mich doch regelrecht entführt! Und wenn Sie etwas gegen die junge Dame haben, dann hätten Sie das in deren Beisein erklären müssen. Was heißt überhaupt: Sie ist die Tochter des Regionalsekretärs für Handel und Finanzen? Das glauben Sie doch selber nicht. Denn wenn es so wäre, hätte sie es mir gesagt. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
Rino Peinto lachte gellend auf, und Pallando, Pedro und sogar José mit seinem schrillen Gekicher stimmten herzhaft ein.
Irgendwie rutschte Egons Herz dabei tiefer. Nicht ganz in die Hose. Doch beinahe. Sollten diese Burschen recht haben? Er schämte sich, daß er überhaupt einen Augenblick lang einen Verdacht erwog. Trotzdem konnte er nichts dagegen tun. Einiges war ihm tatsächlich schleierhaft geblieben bei seiner geliebten Silva. Sie war schon etwas merkwürdig vorgegangen. Auch bei aller Liebe hatte er das nicht gut übersehen können. Er hatte es verdrängt. Aber nun mußte er Tatsachen ins Auge sehen. Und wenn diese Kerle behaupteten, sie
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