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Der Geheimtip

Der Geheimtip

Titel: Der Geheimtip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Säckchen mit weißem Pulver dort fanden, wo eigentlich der Akku sein sollte!
    Egon Meier festgenommen! Egon Meier im Kittchen! Das würde immer ein Alptraum bleiben. Und das Sonderbare war, daß sich alles genauso abspielte wie in den Fernsehkrimis. Trotzdem war es eben ganz anders, wenn man es am eigenen Leibe erlebte. Wenn man lange genug wie ein Verbrecher behandelt wurde, fühlte man sich schließlich beinahe wie einer.
    Und dann kam dieser herrliche Augenblick, als er von zwei Gefängnisbeamten abgeholt wurde. Er dachte, zum Verhör, bei dem er wieder nur ›Bahnhof‹ verstehen würde. Doch nun war da ein Anwalt, der englisch mit ihm sprach. Er ließ sich den Sachverhalt genau berichten, legte ihm die Hand auf die Schulter und versprach: »Etwas Geduld, wir werden alles Nötige veranlassen. Ihre Unschuld wird sich sehr bald herausstellen.«
    Es dauerte noch einige Zeit, und Egon kam sie endlos vor. Aber dann wurde er wieder in den Raum geführt, den er inzwischen schon gut kannte. Und diesmal war Silva da. Als sie ihren Egon Meier sah, kamen ihr die Tränen. Er hatte immer noch das lavendelblaue Jackett an, aber inzwischen hing es an ihm wie der Galaanzug einer Vogelscheuche. Er wirkte blaß und hinfällig. Seine blauen Augen schienen ganz ausgeblichen zu sein.
    »Egon! Mein Liebling!«
    Wie damals in der Berghütte hatte Meier flüchtig das Gefühl, eine Erscheinung suche ihn heim. Aber da lag sie schon an seiner Brust.
    »Silva! Oh, Silva!«
    Sie weinten beide. Erst nach einer Weile bemerkte Egon den seriösen Herrn, der sich ebenfalls die Augen wischte. Auch der Anwalt war anwesend, sichtlich gerührt von diesem jungen Glück. Silva zeigte auf ihren Vater.
    »Das ist Papa. Er weiß alles«, übertrieb sie ein wenig.
    Die Männer schüttelten einander die Hände. Egon bemühte sich um Haltung. Er zitterte noch nachträglich vor Angst und Entsetzen. Er drückte auch dem Anwalt die Hand.
    »Sie sind frei«, sagte der. »Es hat sich herausgestellt, daß Sie in dieser Rauschgiftaffäre nicht Täter, sondern Opfer waren.«
    Egon wankte ein bißchen, und Señor Perreiro dos Passos schob ihm schnell einen Stuhl unter.
    »Kommen Sie«, sagte er gütig. »Da capo, was das Geschäft anbelangt, aber diesmal an der richtigen Stelle, mit Rodrigo del Parlango y Gosset und meiner ausdrücklichen Genehmigung. Und was die andere Genehmigung anbelangt, auf die Sie sicher auch Wert legen, so müssen wir da natürlich auch Silvas Mutter fragen. Verstehen wir uns?« Er legte Egon kurz die Hand auf die Schulter.
    Wenn seine Tochter nun einmal ihr Herz an diesen blassen Germanen gehängt hatte, dann sollte sie ihn auch bekommen. Im Geiste sah Señor Perreino dos Passos schon eine Schar reizender Enkelkinder vor sich.
    So kehrte Egon Meier noch einmal an den Ort seiner großen Taten und Irrtümer und seiner Liebe zurück: nach Funchal. Pallando und seine Truppe waren zu diesem Zeitpunkt bereits hinter Schloß und Riegel. Rino Peinto saß ein, und auch der französische Boß der Connection, dessen Namen Parlango preisgegeben hatte, um sich Vorteile zu verschaffen.
    Die Reporter kamen schnell auf die Spur dieses fetten Falles. Der pfiffige Deutsche, der die Gangster entlarvt hatte, wurde der Held des Tages. Und die Presse überschlug sich förmlich, als bekannt wurde, daß der deutsche Sherlock Holmes sich mit der Tochter des madeiranischen Regionalsekretärs verlobt hatte. Die vor Glück weinende Mutter gab bekannt, ihre Tochter werde dem Bräutigam, der in seiner Firma eine leitende Stellung bekleide – womit sie ja gar nicht so unrecht hatte –, nach Deutschland folgen. Zur Hochzeit würden die beiden Familien des Vaters und der Mutter selbstverständlich geschlossen dort anwesend sein.
    Miguel Pallando gab auf dem Weg zum Untersuchungsrichter zum besten, er hätte von Anfang an geargwöhnt, daß dieser Deutsche mit allen Wassern gewaschen war, als seine Riesendogge Mendoza, die sonst keinen Knochen am anderen lasse, dem Neuankömmling die Hand geleckt habe. Die Kreatur in ihrer Unschuld wisse mehr.
    Egon aber lernte in diesen wenigen Tagen, daß der Mensch sich schnell an vieles gewöhnt, besonders an das Gute und Angenehme. Er fand nichts mehr dabei, fotogen in die Kameras der Reporter zu lächeln, und er brachte auf englisch bei dem Galaessen im Hause Parlango y Gosset einen Toast aus, als hätte er in Aberlingen alle Augenblicke so etwas gemacht.
    Silva sorgte dafür, daß er sich beim richtigen Herrengeschäft einkleidete.

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