Der Geheimtip
schon, daß Herr Meier am Dienstag eintrifft? Mit dem Vertrag?«
Knulle schluckte. Er hatte sich schon an den neuen Posten gewöhnt. Aber dann siegte doch seine freundliche Natur. Außerdem überlegte er sich blitzschnell, daß Meier bestimmt befördert wurde, wenn das stimmte, was die Buttrich gerade sagte. Konnte ja auch sein, daß sie übergeschnappt war. Würde ihn nicht weiter wundern!
»Meier lebt?!« rief Knulle. »Mein guter Freund Meier! Na, ich dachte mir schon, daß der sich nicht unterkriegen läßt! Darauf müssen wir einen trinken! Ach, ist das eine Überraschung!«
Silvia Buttrich, noch in Schwarz gekleidet, musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Für mich war Herr Meier nie tot«, sagte sie kühl. »Aber ich kenne ihn eben auch besser als andere Leute. Sein Hundchen wird sich freuen.«
Olle Schreckschraube, dachte Knulle ungerecht. Da wird meine Frau sie aber dringend zum Abendbrot einladen müssen. Die kriegt hier in der Firma jetzt 'ne ganz wichtige Position. Was Meier an dieser schnippischen Lebedame findet … nee. Aber die Welt ist eben rund, und jeder sieht sie anders.
Kranzer wuchs über sich selbst hinaus.
»Fräulein Buttrich, stellen Sie bitte eine Verbindung mit Herrn Parlango y Gosset in Funchal her«, ordnete er kühl an.
Diesmal klappte es sofort. Señor Rodrigo Parlango y Gosset versicherte, er hätte sowieso noch angerufen. Und von ihm erfuhr Kranzer die Neuigkeiten, mit denen er ein Telefonat mit Pettenkamp in seinem Stammhotel wagen konnte.
»Entschuldigen Sie bitte, Chef, ich störe Sie ungern in Ihrer Freizeit, aber ich glaube doch, daß Sie folgendes wissen sollten …« Und er berichtete in dürren Worten, was sich um und mit Meier Abenteuerliches abgespielt hatte.
»Wunderbar, lieber Kranzer. Sehr tüchtig von Ihnen, daß Sie sich gleich Gewißheit verschafft haben. Montag früh reden wir weiter. In alter Frische. Dienstag dann großer Empfang der gesamten Belegschaft für unseren Helden und frischgebackenen Prokuristen! Wiederseh'n!«
Kranzer sah kurz vor seinem geistigen Auge die neue Unterschrift:
Mit freundlichen Grüßen
Schraufa GmbH
ppa. Egon Meier
Prokura! Wie ein Blitz fuhr Neid in Kranzers Herz. Der Meier würde Unterschriftsbefugnis haben. Als Stellvertreter von Pettenkamp. Er war dann so etwas wie ein Vorgesetzter. Alter Junge, sagte Kranzer sich, das ist nun doch unter deinem Niveau, daß du dem netten Kerl, der dir immer Vorschuß gegeben hat, das nicht gönnst. Und was Silvia anbelangt … nun, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ein Frauentyp ist der Meier ja nun gewiß nicht.
So trat er neben Miß Buttrichs Schreibmaschine und säuselte: »Sie Glückliche. Meier bekommt Prokura. Ein Glückspilz ist der Meier. Erstklassiger Posten, erstklassige Frau. Gehaltserhöhung. Eigene Villa …«
Silvia Buttrich sog die Worte ein wie Mentholdämpfe im Inhalatorium.
»Wieso Villa?« fragte sie, denn in diesem Punkt kamen ihr doch erhebliche Bedenken. Egon Meier schien ihr leider sehr der Typ für kleine Mietwohnungen und Mittelklassewagen zu sein. Im Gegensatz zu Kranzer.
»Ist doch klar«, sagte Kranzer und fügte listig hinzu: »Jetzt können Sie Alma statt der schwarzen Schleife aber ruhig was Lustiges umbinden.«
Silvia Buttrich wurde rot. »Jetzt werden sie ihm alle in den Hintern kriechen«, sagte sie. »Aber ich habe Alma genommen, als niemand ihn wollte.« Dann wurde ihr die Doppeldeutigkeit ihrer Bemerkung klar, und sie erstrahlte in dunklem Purpur.
Die Nachricht vom Egon Meiers wunderbarer Reise verbreitete sich mit Windeseile in der Firma. Am Montag wußten alle genau Bescheid. Da hing auch schon die portugiesische Zeitung am Wandbrett aus, die Kranzer in Düsseldorf am internationalen Kiosk besorgt hatte. Man konnte nur staunen: Da stand Egon Meier auf einem Foto auf der ersten Seite und neben ihm eine bildhübsche Frau. Aber das konnte auch Zufall sein. Er strahlte. Wie noch nie! Dazu hatte er auch allen Grund.
Als Silva und ihr Vater in Bordeaux eintrafen, wartete dort bereits der französische Anwalt auf sie, der von der portugiesischen Botschaft verständigt worden war. Die Fahndungsmaschinerie der Staatspolizei lief ebenfalls auf vollen Touren.
Für Egon war eine Welt zusammengebrochen. Was für schreckliche, heimtückische Menschen es doch gab! Da hatte dieser Señor Pallando sich geschickt verdrückt, als Zollbeamte Egon aufforderten, den Musterkoffer zu öffnen. Er war doch ganz arglos gewesen. Dieses blanke Entsetzen, als sie
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