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Der gehetzte Amerikaner

Der gehetzte Amerikaner

Titel: Der gehetzte Amerikaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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bekannt
dafür, daß er fast krankhaft jähzornig war. Als er an
jenem Abend hierher zu meiner Tochter kam, folgte ich ihnen zurück
über den Friedhof und belauschte ihr Gespräch. Ich
hörte, wie er ihr auftrug, was sie alles tun sollte. Sie dagegen
machte sich nur Sorgen darum, daß er in Schwierigkeiten kommen
könnte…«
    »Und was taten Sie selbst?« fragte Brady.
    Achselzuckend meinte die Alte: »Was
konnte ich schon tun? Ich bin eine alte Frau und belauschte eine
Tochter, die mir im Laufe der Zeit völlig fremd geworden
war… Er erklärte ihr, daß es einen Ausweg gebe und
daß sie nichts weiter als einen ahnungslosen Mann brauchten, den
sie der Polizei zuführen könnten… Marie Duelos war zu
dem Zeitpunkt schon tot und lag oben in ihrem Zimmer… Die
Uferpromenade am Ende der Straße war nahe… Der erstbeste
Betrunkene auf irgendeiner Bank, so erklärte er weiter, würde
ihren Erfordernissen genügen. Meine Tochter sollte ihn ansprechen,
sich als Marie Duelos ausgeben und ihn mit in jenes Haus schleppen.
Alles weitere wollte Davos auf sich nehmen. Die Polizei würde
rechtzeitig eintreffen und den betrunkenen Mörder von Marie Duelos
festnehmen…«
      »Und das mußte ausgerechnet ich sein«, murmelte Brady bitter.
      Ein schwacher Luftzug traf ihn plötzlich im
Nacken, und hinter ihm knarrte leise die Tür. Behutsam drehte sich
Brady um; seine Hand glitt in die Tasche seines Mantels, doch da befahl
ihm eine bekannte Stimme: »Bleiben Sie ganz still stehen, Mr.
Brady – und nehmen Sie die Hände hoch!«
      Es war Haras, der dann in den Raum trat. Das
Lampenlicht glitzerte auf seinen Brillengläsern. Brady hob
zögernd die Hände hoch. Der Ungar griff in Bradys
Manteltasche, holte die Pistole heraus und ließ sie in seine
eigene Tasche gleiten.
    »So, jetzt können Sie Ihre Arme wieder herunternehmen!«
      Er hielt den Revolver des Schweden in der Hand, und auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln.
      »Es tut mir leid, daß ich mich etwas
verspätet habe, aber ich bin in der Oxford Street in eine
Verkehrsstockung geraten und habe Sie daher verpaßt. Ich wartete
nämlich vor dem Carley Mansions, müssen Sie wissen. Es war
für mich sehr enttäuschend zu sehen, daß Sie noch kurz
vor der Ankunft der Polizei herausschlüpfen konnten. Zum
Glück aber kam mir der Gedanke, daß Sie sich vielleicht
hierher wenden würden. Und das haben Sie ja auch wirklich getan,
Brady.«
      »Der erstbeste Betrunkene auf irgendeiner Bank!« murmelte Brady bitter.
    »So, die alte Ziege hat also ihr Maul aufgemacht, he?«
    Der Ungar lächelte zynisch. »Dagegen werden wir wohl etwas
    unternehmen müssen.«
      Er stand ziemlich weit vom Tisch entfernt und
lächelte noch immer selbstzufrieden. Madame Rose starrte ihn fest
an. »Sie Scheusal!« rief sie ihm zu und wollte aufstehen.
    »Bleiben Sie dort, wo Sie sind!« herrschte Haras sie an.
      Wahrend die Blicke des Ungarn zu der alten Frau
abschweiften, packte Brady plötzlich die Lampe, riß sie aus
ihrer Fassung und stürzte damit den Raum in Finsternis.
      Haras gab zwei überstürzte Schüsse ab;
die alte Frau schrie auf und polterte auf den Fußboden. Sie lag
in dem schwachen Lichtschimmer, der von dem elektrischen Heizgerät
ausging. Aus einer Wunde in ihrer Stirn sickerte Blut über ihr
Gesicht.
      Brady sprang sofort zur Seite und nahm hinter einem
großen Ohrensessel Deckung. Nach ein paar Minuten kroch er
vorsichtig hinter die Lehne eines altmodischen Roßhaarsofas und
wollte so die Tür gewinnen.
      Haras lehnte noch immer am Tisch. Brady konnte seine
dunkle Silhouette sich gegen den schwachen Schein des elektrischen
Heizgerätes abheben sehen.
      »Sie werden mir nicht entwischen, Brady«,
rief Haras. »Sie haben nicht die geringste Chance zu entkommen;
beide Waffen sind in meinem Besitz!«
      Brady erinnerte sich plötzlich, daß in dem
Revolver nur vier Patronen gewesen waren; davon hatte Haras schon zwei
verschossen. Behutsam kroch Brady zwischen einem Stuhl und der Wand ein
paar Meter entlang und angelte eine kleine Katze aus Chinaporzellan von
einem Teetischchen herunter.
      »He, mir reißt langsam der Geduldsfaden,
Brady! Kommen Sie hervor!« rief Haras, und aus seiner Stimme war
aufsteigende Wut herauszuhören.
    Ohne zu antworten schleuderte Brady das
Porzellankätzchen quer durch den Raum in die
gegenüberliegende Ecke. Als es an der Wand klirrend zerschellte,
fuhr der Ungar herum und feuerte zweimal schnell hintereinander

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