Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Der Geiger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Geiger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
Vom Netzwerk:
Blick zunächst auf den Alukoffer, der geöffnet auf dem Schreibtisch lag. An seinem Laptop hatte der Einbrecher kein Interesse gehabt. Das Bett war abgedeckt, die Matratze halb herausgezogen. Insgeheim beglückwünschte er sich, dass er die Lektionen, die er als Kleinkrimineller auf der Straße gelernt hatte, nie abgelegt hatte. Eine unumstößliche Regel war gewesen: Wichtige Dinge trägt man immer bei sich.
    Er ging hinunter zur Rezeption. »Ist heute Abend irgendjemand abgereist?«, fragte er ruhig.
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie, Herr Dörner, aber da kann ich keine Auskunft erteilen.«
    Sascha lehnte sich über den Tresen und sagte leise: »In meinem Zimmer ist eingebrochen worden, darum hat die Schlüsselkarte nicht gepasst. Und wenn Sie nicht möchten, dass das hier die Runde macht, dann geben Sie mir jetzt Auskunft.«
    Der Angestellte arbeitete mit hochrotem Kopf an der Tastatur seines Computers. »Nein, am Abend keiner. Die letzte Abreise war heute Morgen.« Er studierte den Bildschirm. »Heute Nacht sind nur Stammgäste und eine Gruppe Fahrradtouristen im Haus.« Er räusperte sich. »Ich muss die Hotelleitung informieren. Die Polizei. O Gott, die Polizei in unserem Haus.«
    Sascha unterbrach ihn. »Ich habe nicht gesagt, dass etwas gestohlen wurde. Ich habe lediglich gesagt, dass jemand in meinem Zimmer war.«
    Sascha rief sich die besetzten Tische auf der Terrasse in Erinnerung, während der Mann hinter dem Tresen ihn taxierte und offensichtlich darüber nachdachte, ob er es mit einem Spinner zu tun habe.
    »Zu Abend gegessen haben ein Pärchen in Wanderkleidung, eine Familie, die Radfahrer und ein einzelner Herr«, zählte Sascha auf.
    »Das kann schon sein«, beeilte sich der Portier, »aber unser Restaurant ist ab achtzehn Uhr für alle geöffnet, nur tagsüber gehört unsere Außenanlage ausschließlich den Hotelgästen.« Nicht ohne Stolz fügte er an: »Wir haben eine ausgezeichnete Küche und viele Besucher aus Bonn, die …«
    Sascha unterbrach ihn. »Ist der Kellner noch da, der draußen bedient hat?«
    Der Mann atmete erleichtert auf. »Auf der Terrasse«, sagte er, »Manuel räumt die Terrasse auf.«
    Manuel schob einen Servicewagen vor sich her, als Sascha ihn fragte.
    »Der Gast mit dem Buch? Ja, an den erinnere ich mich«, sagte der Kellner und blickte automatisch zu dem Tisch hinüber, an dem der Mann gesessen hatte.
    »Ist er Gast im Haus?«
    Manuel schüttelte sofort den Kopf. »Nein, das glaub ich nicht. Er hat bar bezahlt.«
    Sascha wollte wissen, wann er gegangen war.
    »Er schien es eilig zu haben. Ich meine, er hat kurz nach Ihnen gezahlt.« Dann fügte er hinzu: »Er war Russe oder Pole oder so. Jedenfalls sprach er mit Akzent.«
    Sascha wusste, dass er auf keinen Fall hier bleiben durfte. Er ließ sich ein Taxi rufen, stopfte die Nylontasche in den Alukoffer, zahlte die Hotelrechnung in bar und fuhr nach Bonn. Es war nach Mitternacht und die Stadt wie ausgestorben. Ampeln zeigten unsinniges Rot an leeren Kreuzungen. Bei einem dieser Stopps, als er sich absolut sicher war, dass ihm niemand folgte, reichte er dem Fahrer dreißig Euro und stieg aus. Er ging zu Fuß weiter, kaufte sich bei McDonald’s einen Kaffee, und erst als er am anderen Ende der Stadt war, ging er an einen Taxistand und fragte nach dem nächstliegenden Hotel.
    »Mövenpick«, schnauzte der Fahrer, »aber da brauchen Sie nun wirklich kein Taxi. Fünfhundert Meter die Richtung«, und dabei winkte er zum Fenster hinaus.
    »Nein«, sagte Sascha. »Ein kleines Hotel oder eine Pension.«
    Der Mann musterte ihn. »Es ist gleich zwei«, sagte er vorsichtig, »und Bonn ist ein großes Dorf.«
    Sascha wartete.
    »Das Etap«, sagte der Fahrer, »da kann man immer unterkommen.«
    Sascha schüttelte den Kopf. Er konnte unmöglich seine eigene Kreditkarte oder seinen Ausweis benutzen, und den Pass, der auf Simon Dörner lautete, hatte Reger mitgenommen. »Hören Sie, ich brauche ein Bett für eine Nacht und bezahle bar.«
    Der Taxifahrer blickte zur Frontscheibe hinaus, schien angestrengt nachzudenken. Dann nickte er langsam, so als wisse er jetzt, mit wem er es zu tun hatte.
    »Wenn Sie im Voraus zahlen, können wir was versuchen, aber versprechen kann ich nichts.«
    Er brachte Sascha in ein Stundenhotel in einer kleinen Seitenstraße. Das ganze Ambiente ließ ihn an Vika denken, an die schmuddelige Pension, in der sie untergekommen war. Vielleicht war sie in der gleichen Situation gewesen, in der

Weitere Kostenlose Bücher