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Der Geist des Highlanders

Titel: Der Geist des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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einen Tee und mache ein wenig die Augen zu, bevor Victorias Menagerie zurückkommt und meinen Frieden stört. Laird MacDougal, ich würde mir gerne Euren Text anhören, wenn Ihr ihn beherrscht. Er würde einen guten Hamlet abgeben, findest du nicht auch, Vikki?« »Ja, sicher«, krächzte Victoria. Sie blickte zu Connor, der unbehaglich neben dem Kamin stand, und seine Bücher und Hefte umklammerte. »Sollen wir anfangen?«
    Langsam legte er seine Bücher auf den Tisch. Dann holte er einen Hocker aus der Luft und setzte sich. Der Highlander auf dem kleinen Stühlchen an dem niedrigen Tisch war ein unbeschreiblicher Anblick, und Victoria fragte sich unwillkürlich, ob sie nicht gerade dabei war, den Verstand zu verlieren.
    Sie zog sich ebenfalls einen Stuhl heran und begann, mit ihm zu üben.
    Der Nachmittag schritt voran, und er fluchte immer häufiger. Schließlich sagte Victoria: »Ich habe eine Idee.«
    »Möchtet Ihr ebenfalls ein Nickerchen machen?«, fragte er und wies mit dem Kinn auf ihre Großmutter, die leise schnarchend in ihrem Sessel saß.
    »Nein, lassen Sie uns die Rolle des Geistes durchgehen. Die im Stück, meine ich«, fügte sie hastig hinzu.
    »Ich kann sie doch nicht lesen«, erwiderte er grimmig.
    »Vielleicht jetzt noch nicht, aber das lernen Sie schon. Außerdem prägen alle Schauspieler sich die Rollen durch stetige Wiederholung ein. Ich habe es jedenfalls immer so gemacht.«
    Er blickte sie überrascht an. »Ihr habt auf der Bühne gestanden?«
    »Ja.«
    »Und warum macht Ihr das nicht mehr?«
    Victoria lächelte. »Das ist eine sehr lange Geschichte.«
    »Wir haben ja auch noch einen langen Nachmittag vor uns.«
    Sie dachte kurz darüber nach, beschloss jedoch dann, es ihm lieber nicht zu erzählen. Sie hatte ja noch nicht einmal mit ihrer Familie darüber gesprochen. Sie wussten nur, dass sie von der Bühne gefallen war, sich den Arm gebrochen und daraufhin beschlossen hatte, dass sie eher für die Regie ge-schaffen war. Sie hatte sich nicht getraut, ihnen zu erzählen, dass der Typ, der sie bei einer Vertrauensübung im Schauspielunterricht hätte auffangen sollen, als sie mit geschlossenen Augen über die Bühne auf ihn zulief, sie fallen gelassen hatte. Absichtlich natürlich.
    Sie war im Orchestergraben gelandet, der zum Glück leer gewesen war, sonst hätte sie auch noch einige Instrumente zertrümmert.
    Dieser Unfall war ihr wie eine Fügung des Schicksals erschienen und hatte ihr die richtige Richtung gewiesen. Und jetzt wollte sie nicht mehr zurück.
    Sie lächelte Connor an. »Ich mag die Arbeit als Regisseurin. «
    »Tatsächlich?«
    »Ich habe gerne das Sagen.«
    Er lächelte.
    »Das Gefühl kenne ich«, sagte er. »Und die Schauspieler? Was haltet Ihr von ihnen?«
    Victoria holte tief Luft. Das war keine leichte Frage. »Es ist schwer, Schauspieler zu sein«, erwiderte sie schließlich. »Man muss ein bestimmter Schlag Mensch sein, um auf der Bühne zu stehen und eine Rolle zu spielen.«
    »Hm«, sagte er.
    »Die meisten mag ich ganz gerne«, erklärte sie. »Und bei dem Rest tröste ich mich damit, dass sie Talent haben. Wenn ich nur Leute engagieren würde, die ich mag, hätte ich bald kein Theater mehr.«
    »Würdet Ihr wirklich nicht lieber auf der Bühne stehen?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte sie mit fester Stimme. Das sagte sie seit Jahren. Sie wollte nicht mehr spielen, sie wollte nicht jeden Abend tief in fremde Gefühle eintauchen und am nächsten Morgen wie nach einer durchzechten Nacht mit einem emotionalen Kater aufwachen.
    Das wollte sie nie mehr.
    »Ich ziehe es vor, Regie zu führen«, sagte sie. Er blickte sie nachdenklich an: »Tatsächlich?«
    »Ja, tatsächlich«, bestätigte sie. »Aber Ihnen gefällt es sicher, eine Rolle zu spielen. Fangen wir jetzt mit dem Text an. Sie haben uns nun schon einige Tage bei den Proben zugesehen. Den Inhalt des Stücks brauche ich Ihnen nicht mehr zu erzählen, oder?«
    »Nein, ich glaube, ich habe ihn im Kopf«, erwiderte er. »Tod, Tod, und noch mehr Tod. Ein bisschen Wahnsinn. Ein bisschen Liebe. Noch mehr Tod.«
    »Ja, so ungefähr. Lassen Sie uns bei der Stelle anfangen, wo Hamlet den Geist zum ersten Mal sieht.«
    Sie versuchte, nicht daran zu denken, wie sie das erste Mal einen gesehen hatte. Vor allem denjenigen, der hier neben ihr saß und eifrig die Sätze wiederholte, die sie ihm vorsprach. Er machte seine Sache gut.
    Sie war beeindruckt.
    Und sie war nicht leicht zu beeindrucken.
    Nach einer Stunde jedoch, in

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