Der Geist des Highlanders
unsere eigenen Angelegenheiten.«
»Bring mich nicht in Versuchung«, sagte Victoria. »Thomas, wie spät ist es?«
»Kurz nach zwölf.«
»Ich muss unter die Dusche, und dann suche ich Fred und lasse mir erzählen, wie alles gelaufen ist.«
»Das Stück war großartig«, sagte Thomas. »Ich habe es mir jeden Abend angeschaut, während du weg warst - um zu kontrollieren, ob auch alle ihren Text konnten.«
»Oder dass keiner auf der Bühne in der Nase bohrt«, sagte Victoria spitz. »Sag mal, könntest du nach Michael sehen?«
»Warum? Meinst du, er ist wütend darüber, dass ihr ihn aus dem England der Renaissance weggeholt habt?«
»Das ist er bestimmt.«
Thomas lächelte. »Dann kümmere ich mich um ihn. Er wird es nicht wagen, mir gegenüber frech zu werden, und es wird sicher ein Spaß, ihm zuzuschauen, wenn er sich zusammenreißen muss.«
Victoria warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Weißt du irgendetwas, was ich nicht weiß?« »Ich glaube, er hegt den heimlichen Wunsch, dich als Regisseur abzulösen.«
Victoria verdrehte die Augen. »Um Gottes willen. Connor?«
»Ja?«
»Ich wasche mich jetzt, und dann gehe ich zum Schloss. Möchtest du mitkommen?«
Connor zuckte zusammen, als er merkte, dass alle gespannt auf seine Antwort warteten. Nun, alle außer Jamie MacLeod, der ihm wenigstens ein wenig Privatsphäre ließ.
Er runzelte die Stirn. »Ich muss sowieso auf mein Schloss«, erwiderte er. »Ich muss nachsehen, wie meine Garnison zurechtgekommen ist.«
»Wunderbar«, sagte Victoria und gähnte. »Bis gleich.«
Kaum war seine Schwester im Haus verschwunden, wandte Thomas sich an Connor und grinste ihn an.
»Sie sucht einen Begleiter, und ihre Wahl scheint auf Euch gefallen zu sein.«
»Wisst Ihr«, entgegnete Connor im Plauderton. »Ich kann ein Messer aus Eurer Welt in die Hand nehmen. Es würde ein großes Loch in Eure Brust machen.«
»Dann bekämt Ihr es aber mit Iolanthe, Victoria und Fellini zu tun. An Eurer Stelle würde ich mich zurückziehen und auf Victoria warten.« Thomas lachte unbekümmert. »Ich mache mich auf die Suche nach einem Arzt. Fellini können wir ja so lange hier draußen liegen lassen. Einen Sonnenbrand wird er sich wohl nicht holen. Schließlich sind wir ja in England.«
Connor würdigte ihn keiner Antwort mehr. Er verbeugte sich vor Jennifer, dankte Jamie für seine freundlichen Worte und ging dann mit einem letzten finsteren Blick auf Thomas in den Garten, um dort auf Victoria zu warten.
Bei allen Heiligen.
Er konnte versuchen, ihren Verwandten etwas vorzumachen, aber sich selbst konnte er nicht belügen.
Er war verloren ...
22
Was ein einziger Tag für einen Unterschied machen konnte! Vielleicht waren es auch zwei oder drei. Victoria gähnte, als sie die Tür der Bibliothek öffnete und in den dunklen Flur spähte. Sie litt unter einem Jetlag, genau wie bei ihrer Ankunft aus Amerika. Vielleicht waren Zeitreisen doch anstrengender, als man gemeinhin annahm. Jamie sah zwar immer gut ausgeruht und munter aus, aber sie vermutete, dass er sowieso kaum zu bremsen war. Und außerdem kam er ja auch nicht gerade aus dem elisabethanischen England und hatte dort einen jammernden Irren gerettet.
Apropos Irrer, Michael Fellini lag oben in seinem Zimmer und erholte sich von den Strapazen seiner Zeitreise.
Er tat das so lautstark, dass er die sensibleren Gäste schon aus dem Gasthof vertrieben hatte. Der Exodus hatte bereits gestern begonnen. Jamie war abgereist, da es ihn angesichts dieses Chaos’ offensichtlich nach Hause zog. Victorias Eltern und ihre Großmutter waren mit ihm gefahren, um die blühende Heide zu bewundern.
Thomas und Iolanthe waren zu einer kleinen Besichtigungstour nach Artane aufgebrochen, einem Schloss an der Küste. Sie waren regelrecht versessen auf diesen Ausflug gewesen, und das, obwohl Iolanthe doch schwanger war. Victoria wäre der Angelegenheit gerne auf den Grund gegangen, aber da sie alle Hände voll damit zu tun gehabt hatte, Michael in Zaum zu halten, war sie nicht dazu gekommen.
Jennifer hatte den Zug nach London genommen, um Megan zu besuchen und sie mit Geschichten zu erfreuen, denen Megan zweifellos uneingeschränkt Glauben schenken würde.
Jedenfalls war Victoria alleine im Gasthaus, und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich einsam. Sie war alleine mit Gespenstern, die definitiv auch in Zukunft nichts anderes sein würden als Gespenster.
Sie hielt inne. Nein, so ganz alleine war sie doch nicht. Jemand hatte dem
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