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Der Geist des Nasredin Effendi

Der Geist des Nasredin Effendi

Titel: Der Geist des Nasredin Effendi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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bin verrückt, dachte er. Allah hat meinen Verstand verwirrt. Oh, was tust du deinem unwürdigen Sohn an, weiser Allah… Schlage ihn nicht auch noch mit Blindheit, auf daß er deinen Willen erkenne und dir zu Diensten sein kann.
     Noch einmal betrachtete Nasreddin diesen Zahn, drehte sich vor dem Spiegel, rüttelte an dem güldenen Fremdkörper, und er fand ihn von Sekunde zu Sekunde durchaus schöner und wohl zu ihm passend. Ein schlechter Einfall des Allmächtigen war das nicht, dachte er.
    Seine Hand, die zufällig in den Wasserstrahl geriet und ihm das kostbare kühle Naß signalisierte, brachte ihn in die Realität zurück. Hier war offenbar nicht Zeit, sich an goldenen Zähnen zu berauschen, und wenn es die eigenen waren! Will ich die Miliz oder nicht? Ich will sie nicht, nun schon gar nicht. Am Ende wollen sie wissen, woher dieser goldene, kostbare Zahn stammt, womöglich vermißt in dieser Gegend ein hochgestellter Vorsitzender einen solchen. Nein, keine Miliz, wenn es sich irgendwie vermeiden läßt.
     Nasreddin trat in das Zimmer zurück, sah sich um, noch immer plätscherte hinter ihm das Wasser. Weil es ihn beim Nachdenken störte, versuchte er, es abzustellen, auch deshalb, weil es ihm zuwider war, diese Kostbarkeit nutzlos zu verschwenden.
     An einer Schnur tanzte auf dem Grund des Beckens ein schwarzer Stöpsel um ein Loch, durch das sich wirbelnd das Wasser drängte und darin vergurgelte. Nasreddin paßte spielerisch den Stopfen ein, und sieh da! Sofort stieg das Wasser im Becken, und nicht lange, dann würde dieses voll sein und überströmen. Und da schoß ihm die Idee ein. Noch einen Augenblick befaßte er sich mit dem drehbaren Knopf und stellte erfreut fest, daß man damit den Wasserstrahl bedeutend verstärken, ja so stark machen konnte, daß er einem die Hand ins Becken drückte und das aufprallende Wasser einen ordentlich durchnässen konnte. Teufelskerle, diese Vorsitzenden, dachte Nasreddin, haben die Flüsse in die Zimmer geleitet, lassen sie nach Belieben aus der Wand springen… Aber vorerst nahm Nasreddin dem Strahl die Kraft, indem er mit gebotener Vorsicht am Knopf drehte. Dann ging er zur Tür.
     Was war das? Auch von außen näherten sich Schritte wie Eselshufe, verhielten wie die seinen an der Tür. »Töchterchen«, rief Nasreddin unterdrückt, »kannst du mich hören?«
    Es antwortete niemand, aber ein Geräusch am Holz verriet ihm, daß er sich nicht getäuscht hatte. Auf der anderen Seite stand jemand, und die Schrittgeräusche hatten wie jene ge klungen, die die Frauen auf dem Gang verursacht hatten. »Paß auf«, rief Nasreddin in aller Gelassenheit und bemüht, den Spott, der aus ihm hinauswollte, zu unterdrücken. »Ich bin zwei Tage in eurer heißen Sonne geritten, und ich möchte Allah nicht und nicht die Nasen der Miliz mit meinem Geruch beleidigen. Ich werde, da ich Wasser vorfand, baden. Denk daran, Töchterchen, wenn du die Miliz einläßt, daß du vor Scham nicht in die Erde versinkst, wenn du mich vielleicht so erblickst, wie Allah mich geschaffen hat.«
     »Du Esel, was kann schon an dir zu sehen sein.« Und wieder lachte sie hämisch.
     »Na, na«, rief Nasreddin mahnend und durchaus aufgelegt, einen saftigen Scherz loszulassen. Aber dann dachte er an die halbe Stunde, in der die Miliz kommen sollte, und ihm schien Eile geboten. »Also«, rief er daher. »Ich beginne. Es ist die Pflicht des wahrhaft Gläubigen«, deklamierte er, »seinen Körper zu säubern, um Allah wohlgefällig zu sein.«
     »Mach keinen Unsinn, du Narr!« Offensichtlich traute sie ihm doch allerlei zu.
    Nasreddin schmunzelte, trat zum Becken und drehte den Wasserstrahl voll auf, darauf bedacht, daß sich der Stöpsel nicht verfing und das Wasser gut ablaufen konnte. Er begann das Lied vom Wasserfall zu trällern, patschte mit den Händen im Becken herum und prustete ordentlich laut. Zwischendurch lief er auf leisen Sohlen zu dem Kastentisch, nahm dort einen großen Becher auf, der auf dem Fußboden stand, wohl nicht dazu gedacht, Wasser darin zu transportieren, aber das störte ihn nicht. Diesen Becher füllte er voll, schlich damit zur Tür und begann, ihn so auszugießen, daß ein großer Teil der Flüssigkeit durch den Spalt nach außen dringen mußte.
     Plötzlich drüben ein Aufschrei. Dann: »Du Ausgeburt der Hölle, du Satansbraten, na, warte, dir zeig ich’s!«
     Schon bei dem Aufschrei lehnte sich Nasreddin, sich ganz dünn machend, an die Wand neben der Tür, dort, wo sie

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