Der Geist des Nasredin Effendi
an! »Ich hatte zu tun, Genosse Vorsitzender«, erwiderte sie mit leichtem Vorwurf in der Stimme.
»Ja, ja, aber das berechtigt nicht, Bürger unfreundlich zu behandeln, Galja Petrowna! Was Sie davon haben, sehen Sie. Manchem gehen eben die Nerven durch.«
»Jetzt bin ich wohl noch schuld!« Und sie heulte los wie ein kleines Kind, warf sich an die Kiste und begann wütend, die restlichen Papierstücke herauszudrehen.
»Also, was wollen Sie, machen wir es kurz«, herrschte der Mann Nasreddin an.
»Bist du der Vorsitzende?« fragte dieser.
»Ich bin der Vorsitzende! Kommen Sie rein.«
Sie gingen in den Nebenraum. Wieder griff die seltsame Atmosphäre nach Nasreddin, als ihn gleich dem Eingang gegenüber ein ernster spitzbärtiger Mann anblickte, zwar nicht streng, aber nachdenklich, gütig, aber immerhin irgendwie gebietend. Und es schien, als wäre ständig einer im Raum, ein stiller Zuhörer.
»Also was ist, und wer sind Sie überhaupt?«
»Ich bin Nasreddin Chodscha aus Aksehir.«
Das Gesicht des anderen wandelte sich. Der Zorn, der es vorher deutlich gezeichnet hatte, schwand, ein unduldsames Erstaunen machte sich mehr und mehr darin breit. »Soso, Nasreddin, der Chodscha. Und was führt dich hierher, Chodscha? Oder besser, wo, aus welcher Anstalt bist du ausgebrochen?«
Also doch! Sie wissen es, dachte Nasreddin. Aber wieso Anstalt? Jedermann auch in Usbekistan nennt das Kerker oder höchstens noch Gefängnis, aber nicht Anstalt!
»Also was, ich habe meine Zeit nicht gestohlen!« Wieder stand Zorn im Gesicht des Vorsitzenden. Dann schien er sich jedoch eines anderen zu besinnen, zwang sich sichtlich zur Ruhe und versuchte es mit einer Art ironischer Güte, soweit er zu derartigen Regungen überhaupt fähig war. »Gut, gut. Ich lasse dir den Kolchos zeigen, du wirst staunen. Und dann gehst du hübsch nach Urgentsch, oder besser, du fährst mit unserem Geländewagen, hm? Eine Tasse Tee vorher? Ich kann dir leider nicht Gesellschaft leisten, das Gebietskomitee…« Er tat, als lauschte er zur Tür, hinter der wieder rasantes Hämmern erscholl. »Du verstehst, Nasreddin«, fügte er einschmeichelnd hinzu.
Da begann Nasreddin: »Du bist hier so etwas wie Khadi, Vorsitzender. Hier…« Er zog die Lederhülle hervor, warf sie leger auf den Tisch, die Scheinchen blätterten sich auf wie ein Kartenspiel.
»Ah!« entrang es sich dem Vorsitzenden.
»Das habe ich einem Dieb abgenommen, einem, der in der Nacht, die Allah den Gläubigen für den Schlaf geschenkt hat, Räder von den Maschinen nimmt und diese gegen solche Scheinchen eintauscht. Geschickt, dieser Teufel.«
Der Vorsitzende, bis dato bedacht, den Verrückten in Güte loszuwerden, trat interessiert näher, nahm das Geld auf, schob die Scheine wieder zum Bündel zusammen, wog dieses in der Hand. Drei-, vierhundert, schätzte er, ein imposanter Monatslohn, für solche Tagediebe wie diesen da fast ein halbes Jahr Arbeit… Und das fledert der so hin. »Wo hast du das her?« fragte er mißtrauisch.
»Allah ist mein Zeuge, daß ich die Wahrheit spreche!« Nasreddin legte treuherzig die Hand auf die Brust und verbeugte sich leicht.
Der Vorsitzende kratzte sich am Kopf. »Räder, sagst du?« fragte er obenhin, er dachte nach. »Alle vier?«
»Alle vier.«
»Und was soll ich mit dem Geld?«
»Du bist der Khadi, vertrittst den Gebieter. Vor Allah und ihm übst du Gerechtigkeit, bestrafst die Schuldigen, beschützt die Gerechten…«
»Schon gut, schon gut, halt die Luft an…« Also doch ein Verrückter. Aber das Geld ist eine Tatsache, ist nicht wegzuleugnen. Er kratzte sich am Kopf. »Also werde ich die Miliz verständigen.«
»Nein, nicht die Miliz!« Nasreddin dachte an das abendliche Erlebnis, dachte an die Häscher des Chans. Oh, er konnte sich außerdem denken, wie es zugehen würde. Sie würden ihm Fragen stellen, vielleicht die Neunschwänzige zum Kosten geben, nein, nein, nein, nicht die Miliz!
»Aha!« Es klang, als ob der Vorsitzende sich mit diesem »Aha!« selbst etwas bestätigte. »Und warum keine Miliz, wenn ich fragen darf?«
»Der Gebieter hat dir das Amt gegeben. Allah wacht über dich. Du bist weise und stark, wozu brauchst du die Miliz. Mit einem lumpigen Räderdieb wirst du wohl allein fertig werden, und ich helfe dir! Frage den Maschinenlenker, ich bin stark!«
»Wer ist denn das schon wieder… Also höre, für solche Späße habe ich keine Zeit. Ich habe mich überhaupt schon zu lange
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