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Der Geist des Nasredin Effendi

Der Geist des Nasredin Effendi

Titel: Der Geist des Nasredin Effendi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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aufgehalten.« Doch plötzlich, als wäre ihm eine Idee gekommen: »Wo wohnst du eigentlich?«
     »Nun, ich werde eine Herberge finden, so Allah es will. Eines Tages, wenn die Umstände es erlauben, kehre ich heim…«
     »Hast du Papiere?« Es war schon lauernd, wie der Vorsitzende das fragte.
     Nasreddin zog die Stirn in Falten. »Außer diesem habe ich nichts.« Er zog die schon ein wenig zerknitterten Zettel hervor, die er in seinen Taschen gefunden hatte.
     »Aha!« Eine kleine Weile vertiefte sich der Vorsitzende in diese Unterlagen. Dann sagte er gönnerhaft: »Du kannst hierbleiben.«
     Schon wollte sich in Nasreddin Freude regen, aber Mißtrauen überwog. »Ich kann hierbleiben«, wiederholte er wie für sich.
     »Paß auf«, der Vorsitzende wurde lebhaft, »mit diesen Papieren greift dich über kurz oder lang die Miliz auf, sperrt dich in ein Heim, das ist klar. Bei uns hängt der Plan, verstehst du. Ich brauche jede Hand für die Baumwolle. Ein kräftiger Kerl bist du. Für den Sack fünfzehn Kopeken, das ist der Satz. Da kommst du am Tag auf, na, bei einiger Übung auf drei bis vier Rubel. Übernachten kannst du umsonst, die Verpflegung kostet dich einen Rubel je Tag. Na, wie ist es?« Er hielt Nasreddin die Hand hin, daß dieser einschlüge. Ein wenig Ungeduld lag bei aller Freundlichkeit der Rede auch in dieser Geste.
    »Was müßte ich tun?« fragte Nasreddin zurück.
     »Baumwolle pflücken, ich habe es dir gerade erklärt. Kinderleicht ist das.«
    Nasreddin erinnerte sich der riesigen Felder, die er draußen links und rechts der Straßen gesehen hatte. Die Baumwolle muß gepflückt werden, versteht sich. Und der Karrenfahrer hatte ihm gesagt, nicht alles machen diese blauen Elefanten. Aber er dachte weiter: Das machen in der Heimat Sklaven, Gefangene, Leibeigene, aber doch kein Chodscha. Er sagte daher ganz ruhig: »Allah hat dir das Gehör verstopft. Ich habe dir gesagt, daß ich Nasreddin, der Chodscha, bin. Das ist keine Arbeit für einen Chodscha. Ja, wenn du mir sagtest, ich solle deine Kinder zu wahren Gläubigen erziehen, sie die höchste aller Wissenschaften, die Astronomie, lehren, den Koran, die Schlachten des großen Timur…«
     »Das möge Allah verhüten…« Der Vorsitzende stöhnte, griff dabei mit einem abschätzenden Blick zum Geldbündel.
     »Was sagst du da?« Nasreddin brauste auf, mit zornigem Gesicht trat er auf den Mann zu. »Allah ist mein Zeuge, daß du mich beleidigst. Ich bin der anerkannteste Chodscha von Aksehir. Deswegen hat der große Gebieter selbst mich hierher, in dieses Land, gerufen, das Allah mit Dieben, Halsabschneidern und solchen wie dich gestraft hat!«
     »Schon gut, schon gut. Du verstehst mich falsch. Ich, ich habe lediglich – die Feldzüge des großen Timur gemeint, nicht deine Fähigkeiten, wie könnte ich denn, bekannter Nasreddin…«
     Aber Nasreddin war wieder äußerst mißtrauisch geworden. »Wieso bekannt? Ich bin dir nicht bekannt, so wie du mir nicht bekannt bist. Du verhöhnst mich!«
    »Hier irrst du, mein Lieber!« Der Vorsitzende seufzte, hob ein wenig fatalistisch die Schultern, schmunzelte dann, weil ihm der rettende Einfall gekommen war. Er ging zu einem Zeitungsständer, wühlte einen Augenblick, brachte dann, was er gesucht hatte. »Hier«, sagte er, betont triumphierend, »das bist du, und daher kennt dich jedermann!«
     Also doch! Nasreddin fühlte sich geschmeichelt und verängstigt zugleich. Das gleiche gezeichnete Gesicht blickte vom Papier, und wieder stand da etliches geschrieben. »Die blauen Elefanten, was?« fragte er.
     »Welche blauen Elefanten?« fragte der Vorsitzende verblüfft zurück.
     »Die ein Anführer nicht mehr bewegen wollte und die er an einem Sonntag…«
    »Ach, die Geschichte meinst du? Nein, hier geht es um die Schlaglöcher in der Straße. Aber immerhin, vielleicht willst du mich verkohlen, was?« Dann wurde er betont sachlich. Er blätterte im Rubelpaket. »Ich muß ins Gebietskomitee, also, das ist viel Geld, ich lasse die Miliz holen, du kannst hier warten, bis sie kommt, kannst dann alles erklären, so, also kommen Sie, Bürger Nasreddin.« Und er zog den Überraschten am Ärmel aus der Tür, der gerade noch das Geld an sich reißen konnte, ging mit ihm einige Schritte durch das Nebenzimmer. Die Frau hinter der klappernden Kiste sah kurz und wütend auf, der Vorsitzende schob Nasreddin in ein zweites Zimmer, in das man von hier aus gelangte, und ehe es sich dieser versah, schloß sich

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