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Der Geist des Nasredin Effendi

Der Geist des Nasredin Effendi

Titel: Der Geist des Nasredin Effendi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Bücher, die dir gewidmet sind.«
    »Die kenne ich nicht.«
    »Warum dann forderst du uns auf, im Fluß zu baden, he?«
     »Weil es angenehm ist an diesem heißen Tag.« Nasreddin gab sich absichtlich naiv, aber so, daß die anderen keinen Verdacht schöpften.
     »Laßt ihn in Frieden!« rief die Hundertzöpfige. Nasreddin warf ihr einen dankbaren Blick zu, gleichzeitig aber lächelte er ihr aufmunternd zu und kniff ein Auge zu, worauf sie irritiert und ein wenig verlegen den Kopf senkte und mit dem Fuß im Sand scharrte.
     »Gut, wir gehen baden«, entschied Igor, der sich trotz Nasreddins Schafbraten wohl als Gastgeber, zumindest aber als Organisator aufspielte. »Aber jemand bleibt als Wache bei den Kleidern. Wer?« Er sah sich um. »Sewara, du schimpfst hier herum. Paß du auf die Kleider auf!«
     Die Angesprochene zog ein trotziges Gesicht. »Das ist albern«, sagte sie, »und ich denke nicht daran, euren Quatsch zu unterstützen, war schon dumm genug mitzukommen.«
    »Kannst ja gehen!« rief einer.
     Jetzt lachte die Hundertzöpfige. »Scheust wohl Zeugen, was, ein Vernünftiger kann euch nichts schaden. Und baden gehe ich auch.«
    »Verdirb uns ja den Spaß nicht.« Es klang durchaus drohend, wie Igor das sagte.
     »Was ist noch zu verderben? Sieh doch hin, der Braten ist bald fertig.«
     Nasreddin hatte den Disput mit einem bewußt aufgesetzten einfältigen Lächeln verfolgt. Längst hatte er begriffen, worauf Igor mit dieser Kleidergeschichte anspielte. Das war damals gewesen, als ihm jene alberne Studentenschar, ihn für einen beschränkten Dorflehrer haltend, einreden wollte, am nächsten Tag sei der Weltuntergang und er möge doch einen Hammel schlachten. Er hatte es – wie hier – getan, als sie aber badeten, verbrannte er ihre Kleider. Als er sich daran erinnerte, lachte Nasreddin auf, verstärkte so den Eindruck eines Einfältigen. – Ja, die Lacher hatte ich auf meiner Seite, als ich ihnen sagte, daß sie ja wohl, wenn am nächsten Tag der Weltuntergang sei, die Kleider nicht mehr brauchen würden, wie er seinen Hammel…
     Irgendwie, überlegte Nasreddin, müssen diese jungen Leute die Geschichte kennen. Interessant! Während er es am Abend vorher, als Igor mit seiner Heuschreckenmär aufwartete, nur vermutete, wurde es jetzt zur Gewißheit. Und Nasreddin atmete erleichtert auf, daß er richtig vermutet hatte. »Geht ruhig«, sagte er. »Ich bin doch da, euren Kleidern passiert nichts.«
    »Du – verbrennst sie nicht?« fragte einer naiv.
     Sofort bekam er von Igor einen Rippenstoß. »Warum sollte er denn?« fragte er mit deutlichem Augenzwinkern, worauf der Vorlaute mit den Schultern zuckte und leise fragte: »Wenn er nun Bescheid weiß?«
    »Der spinnt doch nur«, raunte Igor zurück. »Hat keine Ahnung vom echten Nasreddin.«
     Und sie zogen sich aus, legten aber doch die Kleider ganz nahe ans Ufer, so weit wie möglich von der Feuerstelle entfernt, tummelten sich ausgelassen im Wasser, winkten ab und an zu Nasreddin herüber, riefen ihm etwas zu, was er nicht verstand. Auch die Hundertzöpfige schwamm vergnügt, hielt sich aber ein wenig abseits von den anderen.
     Dann war es soweit. Nasreddin stand auf und winkte mit beiden Armen, rief, daß der Braten fertig sei.
     Sie kamen wassertriefend an, behielten die Badekleidung an, setzten sich erwartungsvoll auf die Decken, tranken Wodka und nahmen mit Freude jeder ein Stück dampfenden, heißen, honigüberkrusteten und würzig duftenden Braten entgegen, den Nasreddin mit Geschick vom Stück schnitt und jedem mit der Geste des großherzig Gebenden reichte.
     Zum Schluß setzte er sich zu den anderen, eins der besten Bratenstücke in den Händen, und begann genüßlich abzubeißen. Kauend stellte er dann fest: »Denen zeigen wir es aber, den Heuschrecken!«
     Gelächter, aber durchaus nicht bei jedem ein ausgelassenes. Ein wenig Verlegenheit schwang da mit.
     Igor beschäftigte sich sehr mit seinem Bratenstück, prüfte intensiv, wo er wohl den nächsten Biß ansetzen könne, und sagte obenhin: »Nasreddin, die Heuschrecken kommen nicht.«
     Stille. Jeder tat, als erfordere das Essen seine gesamte Aufmerksamkeit.
    »Ach«, sagte Nasreddin erstaunt. »Kommen nicht?« Und er schüttelte den Kopf. »Haben es die Teufelskerle an der Grenze geschafft, sie zu vernichten! Allah sei Dank!« Er drehte die Augen gen Himmel und seufzte wie erleichtert.
     Wieder nur eifriges Kauen, gesenkte Blicke, unterdrücktes, glucksendes Lachen bei

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