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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und machte zugleich mit der anderen
Hand eine Geste zu den Wachen, die rechts und links des Tores aufgestellt waren. Die Männer lösten sich unverzüglich von ihren Plätzen und begannen ihrerseits, eine Gasse für den Jungen zu bahnen.
Angesichts der hoch gewachsenen, bewaffneten Gestalten wagte es
niemand, Widerstand zu leisten. Binnen weniger Augenblicke hatten
sie einen Weg für den Jungen freigemacht. Pedro stürmte mit gewaltigen Sätzen heran und brach unmittelbar vor Andrej und Starkey
zusammen. Er war in Schweiß gebadet und so erschöpft, dass er kein
Wort hervorbrachte, sondern nur qualvoll nach Atem rang.
»Pedro«, sagte Andrej alarmiert. »Was ist passiert? Wo kommst du
her?«
Der Junge konnte immer noch nicht antworten, doch Starkey sagte:
»Romegas hat ihn gleich am Morgen freigelassen. Ich habe befohlen,
vier Mann zu seinem Schutz abzustellen.« Er runzelte besorgt die
Stirn und ließ sich in die Hocke sinken, um Pedro in die Augen sehen
zu können. »Das haben sie doch getan, oder? Was ist passiert? Ist
etwas mit deiner Mutter?«
»Mutter«, stammelte Pedro atemlos. »Die Soldaten… sie haben…«
Seine Worte endeten in einem qualvollen Husten.
Andrej griff nach seinen Armen und zog ihn mit sanfter Gewalt auf
die Füße. Der Junge zitterte vor Erschöpfung. Andrej konnte spüren,
wie sein Herz raste.
»Jetzt beruhige dich erst einmal«, sagte er. »Atme tief ein und aus,
dann wird es gleich besser. Und jetzt erzähl. Was ist passiert? Was
ist mit deiner Mutter geschehen?«
Pedro nickte. »Die Soldaten…«, keuchte er. »Sie haben…« Wieder
verließ ihn seine Stimme. Er hustete erneut, rang krampfhaft und so
verzweifelt wie ein Ertrinkender nach Atem. Plötzlich liefen Tränen
über sein Gesicht. »Ich… ich wollte sie aufhalten«, stammelte er.
»Ich habe es wirklich versucht… aber ich… ich war nicht stark genug. Das… das müsst Ihr mir glauben.«
»Nicht stark genug wozu?«, fragte Starkey. »Du willst doch nicht
etwa sagen, dass…« Seine Augen wurden groß, und sein Gesicht
verlor jegliche Farbe. »Nein«, flüsterte er. »Das kann nicht sein. Das
würden sie nicht wagen!«
»Der… der Edelmann«, schluchzte Pedro. Er hatte den Kampf gegen die Tränen mittlerweile aufgegeben. »Er… er hat gesagt… es…
es sei in Ordnung. Sie… sie könnten mit der Hexe tun, was immer
sie wollten, weil sie sowieso spätestens heute bei Sonnenuntergang
auf dem Scheiterhaufen brennen würde.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Starkey. »Nicht Romegas.«
»Sie… sie wollten auch mich umbringen«, fuhr Pedro stockend
fort. »Sie haben mich niedergeschlagen und ich habe mich tot gestellt. Dann bin ich weggelaufen.«
Andrej hatte genug gehört. Er fuhr auf dem Absatz herum und wollte losrennen, doch Starkey hielt ihn mit einem raschen Griff am Arm
zurück.
»Bringt Pferde!«, befahl er den Wachen scharf. »Und sucht nach
Chevalier de Romegas! Ich will mit ihm reden, sobald ich zurück
bin.«
Sie sprengten so rücksichtslos durch die Menge auf der Straße, dass
Andrej sicher war, mehr als nur ein paar blutige Nasen und blaue
Flecken bei seinem gnadenlosen Ritt hinterlassen zu haben. Trotzdem brauchten sie für den Weg zu Julias Haus mehr Zeit, als sie an
einem normalen Tag zu Fuß nötig gehabt hätten. Die Straßen waren
noch immer hoffnungslos verstopft. Der Chor aus Flüchen, Wut- und
Schmerzensschreien, der ihnen folgte, als sie auf ihren Schlachtrössern wie lebendig gewordene Abbilder der apokalyptischen Reiter
durch die Menge pflügten, hätte die Männer und Frauen vor ihnen
vielleicht zurückgetrieben, aber es gab einfach keinen Platz, wohin
sie zurückweichen konnten. Als das kleine Haus am Stadtrand endlich vor ihnen auftauchte, hatten sie eine Spur aus üblen Prellungen,
Knochenbrüchen und Schlimmerem quer durch die Stadt gezogen.
Auch auf Andrejs Hemd prangte ein frischer, hellroter Blutfleck.
Später würde er erzählen, es sei nicht sein Blut, und zum Beweis die
vollkommen unversehrte Haut darunter vorzeigen. Doch die Wahrheit war, dass jemand in seiner Wut ein Messer gezogen und auf ihn
eingestochen hatte, und Andrej konnte es dem Mann nicht einmal
verdenken.
Als sie die Hütte erreichten und er aus dem Sattel sprang, noch bevor das Pferd zum Stehen gekommen war, war das Tier schweißbedeckt und so verängstigt, dass es wild um sich biss. Auch sein Herz
pochte so schnell, als wäre er die ganze Strecke vom Ordenshaus
gerannt. Nur ein paar Sekunden

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