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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Frau Gewalt antun würde.
Romegas hätte keinen Augenblick gezögert, Julia zu töten, wenn er
es für notwendig erachten würde, aber so etwas? Nein, in diesem
Punkt erging es ihm wie Starkey. Es gelang ihm einfach nicht, es zu
glauben. Es ergab auch nicht den geringsten Sinn. Egal, auf welchen
verwirrten Pfaden Romegas’ Gedanken auch wandeln mochten, ihm
musste klar sein, dass er mit dem, was dort geschehen war, sein eigenes Todesurteil gefällt hatte.
»Er war es«, beharrte Julia. »Er und… zwei seiner Soldaten.«
»Und wo sind sie jetzt?«, fragte Andrej. »Ich meine…«
»… warum sie mich am Leben gelassen haben?«, unterbrach ihn
Julia. Sie versuchte zu lachen, aber es wurde ein qualvolles Husten
daraus. Winzige Blasen aus schaumigem Blut traten über ihre Lippen. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie, als sie wieder halbwegs zu
Atem gekommen war. »Er hat gesagt, ich… ich sei es nicht wert, von
ihm getötet zu werden. Du… du wüsstest schon… was er damit
meint.«
Starkey sah ihn fragend und auch ein wenig misstrauisch an, aber
Andrej konnte nur die Schultern heben. Er hatte nicht die geringste
Ahnung, was der Ritter damit gemeint haben könnte. Schließlich
erhob er sich und signalisierte Starkey mit einem Blick, es zumindest
für den Augenblick gut sein zu lassen.
»Also gut«, sagte der Engländer. »Wir wollen dich nicht länger
quälen.« Er wandte sich mit einer entsprechenden Geste an die beiden alten Frauen. »Kümmert euch um sie, so gut ihr könnt. Ich schicke euch einen Arzt.«
Sie verließen das Zimmer. Starkey schloss sorgsam die Tür hinter
sich, bedachte Pedro mit einem raschen, undeutbaren Blick und verließ dann das Haus. Draußen vor der Tür blieb er stehen und wartete,
bis Andrej ihm gefolgt war.
»Wird sie es überleben?«, fragte er.
Bevor Andrej antwortete, registrierte er aus den Augenwinkeln, wie
einer der beiden Männer, die immer noch wie versteinert rechts und
links der Tür standen, erschrocken zusammenfuhr, tat aber so, als
hätte er es nicht bemerkt.
»Ich weiß es nicht«, sagte er ehrlich. »Ich hoffe es. Vielleicht kann
der Arzt ihr helfen.« Er wandte sich mit einer brüsken Bewegung um
und trat auf einen der beiden Soldaten zu. »Was ist hier passiert?«,
herrschte er ihn an. »Und sag die Wahrheit, oder ich schwöre dir, ich
schneide dir eigenhändig die Kehle durch.«
Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, schien der Mann ihm
zu glauben. Andrej spürte, dass er nicht log, als er antwortete.
»Wir… wir konnten nichts tun, Herr«, sagte er mit bebender Stimme,
zwar als Antwort auf Andrejs Frage, aber an Starkey gewandt. »Chevalier de Romegas hat es uns befohlen.«
»Was?«, fragte Starkey. »Die arme Frau zu vergewaltigen und halb
totzuschlagen? Oder war die Reihenfolge vielleicht andersherum?«
Der Soldat schien unter seinem Blick noch weiter zusammenzuschrumpfen. »Er… er hat gesagt, dass… es wäre das… was ihr zustünde. Sie wäre die Hure eines türkischen Spions und würde sowieso verbrannt. Und Ihr… Ihr wüsstet Bescheid und hättet nichts dagegen.«
Starkey keuchte. »Ich?«
»Wir haben es nicht geglaubt«, stammelte der Soldat. »Bitte, Herr,
das ist die Wahrheit, glaubt mir! Wir haben uns geweigert mitzumachen und er hat uns angebrüllt und uns gedroht, wir würden ebenfalls
auf dem Scheiterhaufen landen. Wir sind hinausgelaufen, aber…
aber wir konnten nichts tun. Er ist doch unser Kommandant.«
»Und keiner von euch ist auf die Idee gekommen, dieser Frau zu
helfen?«, fuhr ihn Starkey an. Seine Stimme zitterte vor Empörung.
»Dafür werdet ihr euch zu verantworten haben!«
Andrej legte ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm. »Lasst es
gut sein, Sir Oliver«, sagte er. »Der Mann hat Recht. Was hätte er tun
sollen? Romegas ist sein kommandierender Offizier.«
»Niemand, der dieses Gewand trägt, würde so etwas tun«, fauchte
Starkey. »Ich werde Romegas eigenhändig dafür zur Verantwortung
ziehen, das schwöre ich.«
»Ja, vielleicht«, antwortete Andrej. »Aber zuerst solltet Ihr noch
etwas anderes tun.« Er deutete mit dem Kopf in die Richtung der
Stadt. »Schickt ein paar Männer zu Abu Dun und ladet ihn unter einem Vorwand ins Fort ein, bevor er erfährt, was hier passiert ist.
Denn wenn er es hört, das schwöre ich Euch, geschieht eine Katastrophe.«
Starkey überlegte kurz und nickte schließlich widerwillig. »Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte er. »Ihr habt es gehört. Geht und

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