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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sorgt dafür, dass der Muselman unauffällig fortgebracht wird. Aber
krümmt ihm kein Haar!«
Keiner der beiden Soldaten rührte sich. Der Mann, der gerade mit
ihnen gesprochen hatte, wurde noch nervöser. Sein Blick wanderte
unstet zwischen Starkeys und Andrejs Gesichtern hin und her.
»Worauf wartest du noch?«, fragte Andrej.
Der Soldat fuhr sich nervös mit dem Handrücken über die Lippen.
»Aber er… er war bereits hier«, druckste er.
»Was?!«, keuchte Andrej.
»Euer Freund, Herr«, antwortete der Soldat. »Der Mohr. Er war
hier, kurz nachdem der Junge weggelaufen ist. Er war im Haus und
hat mit der Frau gesprochen.«
»Und dann?«, wollte Sir Oliver wissen.
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Mann. »Er ist einfach hinausgestürmt, ohne ein Wort zu sagen. Wir dachten, er… er würde uns töten, aber er hat uns nicht einmal beachtet.«
Starkeys Gesicht verlor noch mehr an Farbe. »Großer Gott«, flüsterte er. »Und was tun wir jetzt?«
»Wir müssen ihm folgen«, antwortete Andrej. »Und beten, dass Eure Leute Romegas finden, bevor Abu Dun es tut.«
»Unsinn«, erwiderte Starkey. »Wenn Romegas nicht völlig den
Verstand verloren hat, ist er längst im Ordenshaus oder einem der
Forts. Dort ist er in Sicherheit. Zumindest vor Eurem Freund«, fügte
er grollend hinzu, aber Andrej schüttelte nur abermals den Kopf. »Ihr
habt noch immer nicht verstanden, wer Abu Dun wirklich ist, fürchte
ich«, sagte er ernst. »Wenn er tatsächlich hier war, Sir Oliver, und
Julia ihm gesagt hat, was passiert ist, dann kann nicht einmal mehr
Gott selbst Romegas vor seiner Rache schützen.«
    Schreie, das Klirren von Waffen, durcheinander rufende Stimmen
und das hastige Trappeln von Schritten wiesen ihnen den Weg, schon
bevor sie das Ordenshaus auch nur betreten hatten. Gleich hinter dem
niedrigen Torbogen hatten sie die ersten Männer gefunden. Einer der
beiden jungen Soldaten lag ausgestreckt und mit geschlossenen Augen auf dem Rücken, aber Andrej konnte das gleichmäßige Schlagen
seines Herzens hören - er war nur bewusstlos, nicht tot. Der andere
lehnte verkrümmt an der Wand und presste mit schmerzverzerrtem
Gesicht den rechten Arm gegen den Leib. Geschrei und Waffengeklirr drangen aus dem Gebäude an ihr Ohr und Andrej spürte die rasende Wut, die sich nicht weit von ihnen entfernt entlud.
    Dennoch blieb Starkey keuchend stehen und herrschte den Verwundeten an: »Was ist hier passiert?«
»Der Heide, Herr«, stöhnte der Soldat. Sein Gesicht war grau vor
Schmerz. »Wir… wir wollten ihn aufhalten, aber er hat uns… einfach niedergerannt. Er ist der Teufel!«
Starkey setzte dazu an, ihn in scharfem Ton zurechtzuweisen, aber
Andrej stürmte bereits weiter, und diesmal nahm er keine Rücksicht
darauf, ob der alte Mann ihm folgen konnte oder nicht.
Er brauchte keinerlei Unterstützung, um Abu Dun zu finden. Die
Spur, die der Nubier quer über den Innenhof, den Kreuzgang entlang
und dann die Treppe hinauf hinterlassen hatte, war unübersehbar.
Andrej hetzte mit weiten Sprüngen an einem Mann vorbei, der stöhnend am Boden hockte und sich den blutenden Schädel rieb. Sein
zerborstenes Schwert lag gleich neben ihm. Weitere, zum größten
Teil bewusstlose Männer markierten den Weg, den der tobende Riese
nach oben in den Kapitelsaal genommen hatte, doch Andrej registrierte zu seiner Erleichterung, dass Abu Dun zwar eine Spur aus geprellten Schädeln und Rippen und auch wohl den einen oder anderen
gebrochenen Arm zurückgelassen, aber offenbar niemanden getötet
hatte. Das Blut auf einigen der Waffen bewies, dass auch der Nubier
nicht ganz unversehrt davongekommen sein konnte.
Der Kampflärm nahm zu, als er die mit bewusstlosen und verwundeten Männern regelrecht übersäte Treppe hinaufstürmte. Er hörte
Abu Duns Wutgebrüll, gefolgt von einem Splittern und Knirschen
wie von einem zerberstenden Baum. Als er den langen Gang zum
Kapitelsaal hinunterstürmte, flog ein kreischender Soldat durch die
offen stehende Tür und prallte mit solcher Wucht an die gegenüberliegende Wand, dass er auf der Stelle das Bewusstsein verlor. Irgendwo hinter sich hörte er Sir Oliver rufen, dass er auf ihn warten
sollte, aber Andrej beschleunigte seine Schritte nur noch mehr und
zog im Rennen sein Schwert. Bisher hatte Abu Dun das Schlimmste
vermieden und niemanden getötet, aber er konnte hören, dass der
Kampf vor ihm an Heftigkeit zunahm. Wenn Abu Dun in die Enge
getrieben wurde und seine ganze

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