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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewaltige Körperkraft einsetzen
musste, um sich seines Lebens zu erwehren, dann würde es Tote geben, und in diesem Fall konnte nicht einmal mehr Starkey ihn retten.
Andrej stürmte durch die Tür und zog instinktiv den Kopf ein, als
irgendetwas Großes auf ihn zugeflogen kam und mit einem gewaltigen Krachen an der Wand neben ihm zerbarst. Der Kapitelsaal hatte
sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Die Einrichtung war so gründlich zertrümmert, als sei ein Wirbelsturm durch den Raum gerast.
Fahnen, Wandteppiche und Bilder waren von den Wänden gerissen
und zerfetzt, zwei der kostbaren Glasfenster in Stücke zerbrochen.
Ein gutes halbes Dutzend Männer lag verwundet oder bewusstlos
am Boden, doch eine mindestens dreimal so große Anzahl Soldaten
hatte Abu Dun eingekreist und drang von allen Seiten mit Schwertern, Hellebarden und langen Spießen auf ihn ein. Abu Dun wehrte
sich mit verbissener Wut. Jeder seiner Hiebe ließ einen Mann zurücktaumeln oder zusammenbrechen, doch Andrej sah, dass er diesen
Kampf trotz allem nicht gewinnen konnte. Die Männer machten immer rücksichtsloser von ihren Waffen Gebrauch, und so viele Lanzen- und Hellebardenspitzen Abu Dun auch beiseite schlug oder
gleich kurzerhand abhackte, wurde er doch immer wieder getroffen.
Sein Mantel hing in Fetzen und war schwer und dunkel von seinem
eigenen Blut; er watete regelrecht durch eine immer größer werdende
Pfütze. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er schwer genug
verletzt wurde, um zu Boden zu gehen, und dann war es um ihn geschehen.
»Aufhören!«, schrie Andrej. Er stieß sein Schwert in die Scheide
zurück, packte den ihm am nächsten stehenden Mann und schleuderte ihn einfach zur Seite. Einen Moment später folgten ein zweiter und
ein dritter, doch der Druck auf Abu Dun wurde immer größer. Gleich
zwei Speerspitzen bohrten sich in seine Brust und seinen Oberschenkel. Abu Dun hackte eine der Lanzen mit seinem Schwert ab und
schlug aus der gleichen Bewegung heraus auch den zweiten Angreifer nieder - wobei er immer noch darauf achtete, nur mit der Breitseite seiner Waffe zuzuschlagen, sodass es unter den Männern, die ihn
attackierten, noch immer keine Toten gegeben hatte. Doch diese beiden Wunden - waren selbst für ihn zu schwer, um sie zu ignorieren.
Stöhnend sank er auf die Knie und parierte einen weiteren Hieb instinktiv mit seinem Schwert. Dann biss die axtförmige Klinge einer
Hellebarde so tief in seine Schulter, dass er mit einem gurgelnden
Laut hintenüberfiel.
Andrej ließ sämtliche Rücksicht fahren. Zwei, drei Männer fielen
unter seinen wuchtigen Fausthieben, dann hatte er Abu Dun erreicht,
nahm breitbeinig vor ihm Aufstellung und zog erneut seine Waffe.
»Keinen Schritt weiter!«, drohte er. »Ich töte jeden, der ihm zu nahe
kommt!«
Tatsächlich griffen die Soldaten nicht weiter an; einige von ihnen
wichen sogar ein kleines Stück zurück. Ein Ausdruck von Unsicherheit, Verwirrung und hier und da möglicherweise Furcht begann sich
auf den Gesichtern der Männer auszubreiten. Dennoch machte sich
Andrej nichts vor. Die Frist, die er Abu Dun auf diese Weise verschafft hatte, würde vielleicht dazu ausreichen, ihn wieder auf die
Beine und zu neuen Kräften kommen zu lassen, aber die Übermacht
war einfach zu gewaltig, und es waren keine unerfahrenen Novizen,
sondern Männer aus La Valettes Leibgarde, die ihr Handwerk verstanden. Wenn es hart auf hart kam, würden sie Abu Dun und ihn
töten, ganz gleich, welchen Preis sie dafür zahlen mussten.
»Hört auf!«, rief eine barsche Stimme von der Tür aus. Andrej
wandte mit einem Ruck den Kopf und wollte gerade aufatmen, denn
er erwartete niemand anderes als Sir Oliver zu erblicken, dann aber
weiteten sich seine Augen und aus dem Gefühl vorsichtiger Erleichterung wurde ein umso tieferes Erschrecken. Es war nicht der Engländer, der hereingekommen war, sondern La Valette, und in seiner
Begleitung befand sich niemand anderes als Chevalier de Romegas.
Auch dieser hatte sein Schwert gezogen und deutete mit der Spitze
der Waffe herausfordernd auf Abu Dun und Andrej. »Nehmt diese
Männer fest! Ich beschuldige sie der Hexerei, der Spionage und der
Verschwörung gegen unseren Orden!«
Abu Dun stemmte sich mühsam auf die Ellbogen hoch und tastete
mit unsicher wirkenden Bewegungen nach dem Säbel, den er fallen
gelassen hatte. Sein Blick wirkte trüb. Andrej stieß die Waffe mit
dem Fuß ein kleines Stück davon, allerdings nicht so weit, dass

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