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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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stand.
    „Mein Name ist Hobbs“, sagte der Seehund. „Wir sind Nachbarn.“ Dabei schloß er die Tür der Nebenkabine Nummer 226 hinter sich zu.
    „Sehr angenehm“, antwortete Ulli höflich und verbeugte sich wie vor einem Hotelgast im Kempinski. Es war eben gar nicht so einfach, seinen Beruf für ein paar Wochen in den Schrank zu hängen.
    „Ihr kommt aus Berlin, wie ich höre“, fuhr der Dicke fort. „Unser gemeinsamer Kabinensteward hat es mir erzählt.“
    „Und Sie sind der Herr mit der Baßgeige“, sagte Peter, „...der uns in New York fast verlorengegangen ist“, ergänzte Ulli.
    „Allerdings“, gab der Seehund zu und betrachtete sich die Jungen einen Augenblick lang wie ein Kriminalbeamter, der gerade zwei Taschendiebe erwischt hat. Aber gleich darauf war er wieder die Freundlichkeit in Person: „Übrigens ist meine Baßgeige keine Baßgeige“, bemerkte er. „Es handelt sich um ein Cello. Ein sehr gutes und altes Instrument übrigens.“
    Inzwischen gingen die drei bereits durch den Korridor zum Lift.
    „Eine Mundharmonika wäre einfacher zu transportieren“, wagte Peter Finkbeiner einzuwenden.
    „Zugegeben“, sagte der Seehund und lachte, „aber ich nehme mein Cello ja nicht zum Vergnügen mit auf die Reise. Ich gebe schon seit mehr als zwanzig Jahren Konzerte. Allerdings bin ich dabei nicht so bekannt geworden wie zum Beispiel die Herren Menuhin oder Oistrach mit ihren Violinen. Aber ich habe auch so ziemlich in der ganzen Welt gespielt.“ Er steckte seinen Kabinenschlüssel in die Westentasche und knöpfte sich sein Jackett zu. „Ich war auch oft in Deutschland und ein paarmal in Berlin. Jetzt bin ich hier auf dem Schiff engagiert. Es gibt doch jeden Abend irgendein Programm, und dreimal in der Woche werdet ihr mich in der Atlantik-Halle bewundern können, wenn ihr wollt.“
    „Sie machen also eine Schiffsreise und werden dafür auch noch bezahlt“, sagte Ulli verwundert. „Da kann man Sie ja beglückwünschen.“
    „Sehr richtig, mein Sohn“, antwortete der dicke Passagier von 226. „Diese Art von Engagement ist tatsächlich sehr angenehm. Und jetzt aufgepaßt...“
    Eine leichte Bewegung ging in diesem Augenblick durch das Schiff, und Peter trat dem Dicken beinahe auf einen seiner blank geputzten Schuhe.
    „Immer eine Hand fürs Schiff“, erklärte der Seehund. „Das ist an Bord das erste Gesetz. Deshalb gibt es auch an jeder Wand und neben jeder Treppe diese Geländer aus Messing. Ihr werdet sehen, daß die Leute von der Besatzung immer eine Hand frei haben. Dann kann nichts passieren.“
    „Man lernt immer noch dazu, pflegt mein alter Herr zu sagen.“ Ulli lächelte wieder sein Hotelpagenlächeln. „Jedenfalls besten Dank, Herr Hobbs.“
    „Eigentlich müßtet ihr Mister Hobbs zu mir sagen“, bemerkte der Dicke mit den Fischaugen und kletterte dabei zusammen mit den zwei Jungen in den Lift. „Ich bin nämlich Amerikaner und lebe in New York. Allerdings war ich auch schon mal Schwede, Argentinier und Holländer. Wie das Leben so spielt.“ Der Lift hatte das Verandadeck erreicht, und der Seehund stieg aus. „Ich trinke noch eine Kleinigkeit an der Bar. Aber so ein Schiff ist ja wie ein Dorf. Man sieht sich immer wieder. Guten Appetit, die Herren.“
    „Gleichfalls, Mister Hobbs“, sagten die beiden Jungen, und dann fuhr der Lift auch schon weiter zum Brückendeck.
    Zwei Minuten später suchte Herr Finkbeiner die Nacht mit seinem frisch eingetroffenen Fernglas ab. Aber die Lichter am Horizont waren inzwischen verschwunden.
    „Wir befinden uns also auf hoher See, wie man so sagt“, bemerkte Herr Wagner.
    „Und um uns herum gibt es jetzt nichts als Wasser“, sagte Frau Finkbeiner.
    „Und dieses Wasser ist vermutlich so zwei bis drei Kilometer tief 1 , ergänzte der Apotheker hinter seinem Fernglas. „Mit ein paar Millionen Fischen drin. Großen, kleinen, freundlichen und weniger freundlichen
    „Wenn man sich das so vorstellt“, murmelte Frau Finkbeiner, „man könnte beinahe ein wenig Angst kriegen.“
    „Angst ist nichts als eine schlechte Angewohnheit“, meinte Herr Wagner. „Und schlechte Angewohnheiten kann man kurieren.“
    „Schade, daß man Seekrankheit nicht auch kurieren kann“, sagte Ulli leise. „Das Gipsbein allein wäre ja kein Hinderungsgrund gewesen.“
    Wie ein Gebirgsbach zog das Kielwasser an der Bordwand entlang und schickte ab und zu einen ganz feinen Sprühregen herauf. Die Finkbeiners und die Wagners lehnten stumm nebeneinander

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