Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
und Pontus bei ihrem Eintreten den Raum verlassen. Aber sobald deren Schritte auf dem Flur verklungen waren, hatte sie eine höchstens zehnjährige Magd hereingerufen, die offenbar draußen gewartet hatte. Wussten seine Gefährten, dass die Ehe noch immer nicht vollzogen war?
Einmal hatte er das Kind, das Aletha anscheinend als Schutzschild gegen seine Annäherung benutzte, am Arm ergriffen und auf den Flur hinausgeschoben. Als er sich umwandte, war seine Frau durchs Fenster nach draußen entwichen. Da hatte er jeden Gedanken an eine wirkliche Ehe aufgegeben. Seitdem versuchte er, sein Versagen ebenso wie so vieles andere, über das er keine Macht hatte, im Rausch zu vergessen. An Wein bestand an Sigiberts Hof kein Mangel.
Einen Tag nach der Unterredung mit Pontus und Alexander begleitete er die beiden bis vor die Stadt und nahm Abschied von ihnen. Sie ritten immer noch ihre Maultiere. Als er sie in der Ferne verschwinden sah, wäre er ihnen am liebsten gefolgt. Es verlockte ihn, dass Hofleben hinter sich zu lassen, das ihm auf einmal schal vorkam. Aber er musste bleiben, Sigibert verlangte es von ihm. Der König wollte sich mit seiner Gemahlin schon bald auf eine Rundreise begeben, auf der die Königin in den wichtigsten Städten wie Trier und Köln vorgestellt werden sollte. Huldigungseide würden erneuert werden. Und es wäre die Aufgabe von Wittiges und den anderen Anstrustiones , für die Sicherheit des Paares zu sorgen.
Wittiges hatte keine Lust, sofort zum Palast zurückzukehren. Schwermut befiel ihn, und er bedauerte, in den vergangenen Wochen so wenig Zeit mit Pontus und Alexander verbracht zu haben. Die beiden hatten beim Abschied einen zuversichtlichen Eindruck gemacht. In Gedanken waren sie anscheinend schon bei interessanten neuen Aufgaben, während ihn nur eine seltsam sinnlose Betriebsamkeit mit Sigiberts Gefolgsleuten erwartete.
In Metz hatte er sich außerhalb des Palastbezirks kaum jemals umgeschaut. Er hielt die Zügel locker und überließ es Bauto, eine ihm genehme Richtung einzuschlagen. Der Hengst schüttelte mutwillig den Kopf, trabte an und galoppierte schließlich an einer langen Mauer entlang bis zu einem hohen Tor.
Neugierig lenkte Wittiges das Pferd durch den offen stehenden Eingang. Der Boden des riesigen ovalen Platzes war aufgewühlt, als hätte ihn eine Wildschweinrotte durchgepflügt. Allerdings hätten die Schwarzkittel keine so tiefen Hufspuren hinterlassen. Ein Griff ragte aus dem Schlamm hervor. Wittiges beugte sich so tief vom Pferd, dass er ihn fassen konnte. Da hörte er ein Gehämmer und menschliche Stimmen. Mit einem Ruck zog er den Gegenstand heraus. Die Messerklinge war abgebrochen, aber den Griff zierten Silbereinlagen und ein roter Edelstein am Knauf. Wittiges wischte den Fund an seinem Mantel sauber, steckte ihn ein und ritt zu den Männern hinüber. Was trieben sie hier?
Ein gleichmäßig gestufter Hang umzog das gesamte Areal. Gegenüber dem Tor erhob sich ein Steingebäude, das in den Hang hineingebaut war, und an diesem Bau mit der großen offenen Loge im Obergeschoss wurden die Außenwände ausgebessert. Unterhalb der Loge schaute ein Reiter genau wie Wittiges den Maurern zu. Neugierig lenkte Wittiges Bauto neben ihn.
„Bist du der Baumeister?“, fragte der Mann.
„Nein, wieso?“
„Sigibert wollte einen Baumeister rausschicken. Ich riet ihm, die Arbeit nicht dem Gutdünken der Maurer zu überlassen. Siehst du? Sie klopfen den Fries einfach nur ab, dabei sollte er durch Steinmetze ergänzt werden.“
Unterhalb der Loge zog sich ein Gesims entlang, und darunter war ein hübsches, mehrteiliges Steinornament zu sehen. Wittiges erkannte ein Mäanderband.
„Was interessiert dich an dem alten Gemäuer? Wer bist du?“
Der Mann lächelte. „Jetzt erkenne ich dich. Du bist der neue Held an Sigiberts Hof. Wittiges, nicht wahr?“ Wittiges fühlte sich unangenehm berührt und erwog, davonzureiten, aber der Fremde sprach bereits weiter. „Ich bin Venantius Fortunatus, mich kennst du wahrscheinlich nicht.“
Wittiges hatte den Mann zwar schon mehrmals gesehen, aber noch nie mit ihm gesprochen. Der schlichte, schmucklose Mantel aus dunklem Tuch und der x-beinige Klepper, den der Mann ritt, ließen nicht auf jemanden von Rang schließen. Auch das kurze Haar sprach eher für einen Dienstboten, aber dieser Mann war kein Knecht. Warum also staffierte er sich so aus? Es hieß, er sei ein Dichter, ein fremder Gelehrter, der die Höfe der fränkischen Könige
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