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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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bereiste. Wieso beschäftigte sich ein Dichter mit dem heruntergekommenen Hippodrom? Pferderennen fanden längst keine mehr statt, dafür diente die ehemalige Rennbahn nun dem Märzfeld als Schauplatz, dem Aufmarsch von Sigiberts Kriegern, die hier alljährlich ihren Treueid erneuerten.
    „Ich hab auch schon von dir gehört, Venantius. Was tust du hier? Ist dies die richtige Umgebung zum Dichten?“
    Gut gelaunt schüttelte Venantius den Kopf. „Ich schau mich bloß um.“ Er legte den Kopf schief und betrachtete Wittiges leutselig. „Sigibert hat erfahren, dass sein Bruder Chilperich die alte Anlage in Soissons wieder instand setzen lässt. Ein ehrgeiziges Unterfangen.“
    Sie setzten ihre Pferde in Bewegung und umrundeten gemächlich das Innenfeld. Venantius, hieß es, kam aus Italien und hatte in Ravenna studiert. Angeblich gab es dort mehr Gebäude aus der Römerzeit als hier. Venantius Augen leuchteten auf. „Weißt du, wie es hier früher zuging? Zu Zeiten der römischen Kaiser?“
    Eine rhetorische Frage. „Sag’s mir.“ Wittiges hätte gern den Aufmarsch der Krieger in ihren Waffen gesehen, das Gebrüll gehört, die aufgeladene Stimmung des Märzfelds erlebt. Was war dagegen schon ein Pferderennen?
    „Auf den Rängen saßen die hier stationierten Soldaten, ihre Frauen, ihre Feldherren und oben in der Loge trat der Kaiser im Purpurornat und mit goldenem Lorbeerkranz auf, und alle jubelten ihm zu. Der Kaiser verkörperte die Macht Roms, die fast die gesamte Welt umspannte. Auf sein Erscheinen hatten die Legionen monatelang gewartet, und wenn er kam, wussten sie, dass die alte Macht, das Recht und die Ordnung ungebrochen weiterbestanden. In Byzanz finden diese Pferderennen noch immer statt. Und es ist das Privileg des Kaisers, sie zu eröffnen“, sagte Venantius leichthin. Erst verstand Wittiges nicht, aber dann ging ihm ein Licht auf.
    „Hübsche Vorstellung, wenn sich Chilperich wie der Kaiser von Rom aufführt.“
    „Ja“, sagte Venantius und schmunzelte.
    „Kein Wunder, dass nun auch Sigibert sein Hippodrom und sein Rennen braucht“, fuhr Wittiges fort. „Daher die Reparaturarbeiten. Ich verstehe. Und trotzdem ...“
    „Wer sollte sie daran hindern?“, fiel ihm Venantius lebhaft ins Wort. „Der Kaiser in Byzanz? O ja, er hat einen Brief geschrieben, in dem er sich eine derartige Anmaßung verbittet. Offiziell gelten die fränkischen Königreiche noch immer als Foederatenstaaten und unterstehen der Oberhoheit von Byzanz.“
    „Genau wie Athanagilds Reich“, bemerkte Wittiges.
    „Ach ja, ich vergaß, dass du aus Toledo stammst.“
    „Billigst du, was Sigibert hier oder Chilperich in Soissons vorhat?“ Wittiges fiel es schwer, den Namen des Letzteren ohne Zorn auszusprechen. Er hatte Chilperich im Umgang mit seinen Brüdern und vor allem mit Brunichild beobachtet und hasste ihn dafür, dass er so ohne Weiteres mit ihr reden und sie sogar vor allen Leuten auf die Wange küssen durfte. Soviel Vertraulichkeit war kaum zu ertragen.
    „Durchaus. Ich habe etwas über die Herkunft der fränkischen Könige herausgefunden, das sie auf eine Stufe mit den römischen Kaisern stellt.“
    Sie hatten das Tor beinahe erreicht. „Das wird sie aber freuen“, murmelte Wittiges gleichgültig.
    „Kennst du die Geschichte vom Untergang Trojas?“, fragte Venantius unbeirrt.
    „Sollte ich das?“ Wittiges überlegte, wie er sich am besten loseisen konnte, ohne den anderen zu brüskieren.
    „Das sollte jeder. Denn die Geschichte ist äußerst lehrreich. Aber ich merke, ich langweile dich, und das spricht nicht gerade für mein Unterhaltungstalent. Lass mich nur so viel erklären: Trojas Ruf als Königsstadt überstrahlte alle anderen. Und als Troja nach einem ruhmreichen, zehn Jahre währenden Krieg unterging, gelang es Prinz Äneas mit seinem Vater, seinem Sohn und einigen Getreuen aus der brennenden Stadt zu entkommen. Äneas gründete Rom, aber aus den alten Schriften, die ich alle studierte, geht eindeutig hervor, dass auf ihn das Haus des Merowech zurückgeht, des Ahnherrn der fränkischen Könige. Du siehst also, sie sind von mindestens ebenso altehrwürdigem Adel wie die Kaiser Roms. Es ist also ihr gutes Recht, den alten Glanz auferstehen zu lassen.“ Er sprach wieder mit jenem hintersinnigen Lächeln, dass Wittiges allmählich zu deuten wusste.
    Altehrwürdiger Adel! Jeden Abend aßen, nein, fraßen die königlichen Brüder an der Tafel wie die Schweine, rülpsten und furzten und alle anderen

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