Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
ausgegangen ist.“
Wittiges strich ihr verstohlen über den Arm. „Wenn ich’s nicht anders wüsste, würde ich sagen, du bist eine Hexe mit der Gabe der Vorausschau.“
Alethas Mundwinkel zuckten. „Leider war ich nicht so vorausschauend, auch für Brot zu sorgen.“
„Dann hol das nach. Ich weiß nicht, wie lange die Männer hierbleiben“, raunte Wittiges.
Nach der Erfrischung drängte Gogo zum Weiterreiten. Bis zu dem Nachbarn, den Wittiges noch nicht kannte, brauchten sie über eine Stunde. Das Anwesen lag auf einer Hügelkuppe, die einen guten Rundblick bot. Daher mussten sie davon ausgehen, schon von Weitem erspäht worden zu sein. Und damit stellte sich die Frage, wie wohl der Empfang ausfallen würde. Wittiges war froh über jeden kampferprobten Krieger, der ihn begleitete.
Das Anwesen auf der Kuppe umgab eine breite Dornenhecke. Das zweiflügelige Tor war gerade so groß, dass ein beladener Ochsenkarren hindurchpasste, und es stand einladend offen. Gogo ließ einige Männer am Tor, die anderen folgten ihm zum Hauptgebäude. Es war kein Landhaus aus römischen Zeiten, sondern wesentlich jünger. Die Wände bestanden aus solidem Fachwerk, das mächtige Dach war dick mit Stroh gedeckt. Alles machte einen gediegenen, aber keinen protzigen Eindruck. Knechte rannten herbei, aber Gogo scheuchte sie davon. Niemand sollte die Pferde anrühren, die sie in der Nähe der Tür unter der Obhut von zwei Männern zurückließen. Der Rest der Truppe betrat ungehindert die Halle.
Wittiges kannte bisher nur den Namen des Mannes, den er insgeheim nur seinen Feind nannte: Edwin, der in der Fehde gegen Gozbert gesiegt und seinen Gegner und dessen Sippe ausgelöscht hatte. Edwin war älter, als er erwartet hatte. Groß und schwer, mit langem Bart und eisgrauen Haaren. Aber äußerst gut gekleidet. Und er trug sogar im Haus sein Schwert.
„Lange nicht gesehen, Gogo. Lupus! Was verschafft mir die Ehre eures Besuchs?“, begrüßte er nachlässig seine wichtigsten Besucher und sah über die anderen hinweg. Pontus und Wittiges hielten Karls Arme umklammert. Wittiges spürte, wie sich der Schmied verkrampfte.
„Bleib ruhig“, zischte er ihm zu, „verdirb bloß nichts.“
Karl hatte sich beeindruckt gezeigt, dass zwei Große des Reichs eigens gekommen waren, um ihm Gerechtigkeit zu verschaffen. Das hatte ihn so weit gezähmt, dass er sich zumindest bisher mustergültig verhalten hatte.
„Eine ernste Angelegenheit“, eröffnete Gogo das Gespräch.
Edwin klatschte in die Hände, ließ Wein, Schinken und frisches Brot auftragen, aber als hätten sie sich abgesprochen, rührte keiner diese Gaben an.
„Ihr wollt nichts?“, entrüstete er sich. „Benimmt man sich so als Gast?“
„Das ist kein Freundschaftsbesuch“, erklärte Lupus kalt, „sondern eine gerichtliche Untersuchung. Rachinburger, tritt vor. Wie du siehst, haben wir einen Rechtgelehrten dabei.“ Den zierlichen Mann hatte Wittiges zwar gesehen, aber nicht weiter beachtet. Er ging ein wenig gebeugt und gemahnte an eine Eule. Kurzsichtig blinzelte er in die Runde.
Lupus lächelte grimmig. „Wir haben ihn mitgebracht, damit du uns nicht vorwerfen kannst, nicht nach Recht und Gesetz zu verfahren. Und diese Angelegenheit wollen wir so rasch wie möglich bereinigt sehen.“
Edwin hatte den massigen Körper vom Stuhl gewuchtet. „Das ist ein starkes Stück! Ihr betretet mein Haus und droht mir. Was soll ich verbrochen haben?“
„Da wäre zunächst einmal die Sache mit den Grenzsteinen“, schnurrte der Rachinburger und betete gleich eine ganze Litanei von ähnlichen Fällen und den dabei angewandten Gesetzen sowie die verhängten Strafen herunter.
Die meisten lauschten verblüfft, aber Gogo und Lupus schauten grimmig drein. Sobald der Rachinburger fertig war, ergriff Gogo das Wort und wiederholte barsch alles, was Wittiges über die Versetzung der Grenzsteine ausgesagt hatte.
Edwin gab sich verwundert. „Ich wusste nicht einmal, dass ich einen neuen Nachbarn habe. Wie kommt ihr auf den Gedanken, ich hätte es nötig, widerrechtlich meinen Besitz zu vergrößern?“
Gogo zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Du hast also niemanden angewiesen, die Grenzsteine zu deinen Gunsten zu versetzen?“
„Noch einmal: Warum sollte ich? Ich besitze genug Land“, brauste Edwin auf.
Bald drehte sich die Unterredung im Kreis. Edwin blieb volltönend dabei, nichts mit der Versetzung der Grenzsteine zu tun zu haben und spielte sich ganz als der
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