Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
war weniger besorgt. Ihn freute die Rückkehr der Knechte.
Ende November gelangte die Nachricht von Chariberts Tod nach Reims. Sigibert empfing den Boten, einen höheren Hofbeamten, persönlich und entließ ihn erst, nachdem er ihn zusammen mit Gogo und Lupus eingehend befragt hatte. Charibert hatte keine Verfügung über sein Erbe hinterlassen, und damit war Sigibert erst einmal einer geheimen Sorge enthoben. Charibert hätte nämlich durchaus einen der Söhne Chilperichs als Erben adoptieren können.
Zwei Wochen später fand das Begräbnis statt, und zu diesem Ereignis reiste auch Guntram nach Paris. So konnten die Verhandlungen über die Erbteilung sofort beginnen. Die Einigung war mühsam, kompliziert, dauerte einige Monate und befriedigte niemanden. Chariberts Herrschaftsgebiete, seine Kernprovinz in den alten fränkischen Landen mit dem Hauptsitz Paris, sowie Aquitanien und die Gascogne wurden jeweils in drei Teile aufgespalten, von denen jeder Bruder einen Teil erhielt. Die Civitas von Paris sollte gemeinsam regiert werden oder anders ausgedrückt: Keiner der drei sollte sich dort dauerhaft festsetzen. Chilperich erhielt Bordeaux, maulte aber, weil er auch Tours haben wollte und ihm insgesamt sein Erbe wieder einmal zu klein erschien. Trotzdem wurden die Verträge aufgesetzt und die Urkunden schließlich unterzeichnet.
Brunichild war in Reims geblieben und hatte Wittiges gebeten, während der Verhandlungen einen Abstecher nach Soissons zu unternehmen, um sich nach dem Wohlergehen von Gailswintha zu erkundigen. Das hatte er auch getan, sogar mehrmals und ihm war dabei immer unwohler geworden. Was sollte er Brunichild berichten? Wie ließ sich die traurige Wahrheit am besten verheimlichen?
18
Brunichild las einen Brief. Sigibert beobachtete sie voller Sorge, denn er hasste diese Schreiben, deren Inhalt er kannte, ohne sie gelesen zu haben. Sie waren immer gleich, eine endlose Litanei von Klagen. Allerdings verschafften sie ihm die Genugtuung, richtig gehandelt zu haben, als er den Plan, Gailswintha zu heiraten, fallen gelassen hatte. Den Ärger, den sich sein Bruder Chilperich mit dieser überspannten Frau eingehandelt hatte, gönnte er ihm von Herzen. Ein Ausgleich für die Schlappe, die Sigibert mit Bordeaux hatte einstecken müssen. Der Verzicht auf Bordeaux war schmerzlich, aber er hatte sowohl Tours als auch Poitiers erhalten, beides Schlüsselstädte für die Route in den Süden, nach Aquitanien. Wenn Chilperich eine stabile Verbindung zu seinen südlichen Provinzen aufbauen wollte, war er auf das Wohlwollen seines Bruders angewiesen. Und Tours genoss ein Ansehen wie sonst nur das altehrwürdige Paris. Wer Tours besaß, besaß auch die Verfügungsgewalt über die Grabstätte des heiligen Martins. Eine bessere Legitimation als christlicher Herrscher gab es kaum. Sigibert lächelte, so sehr amüsierte ihn der Gedanke an Chilperichs Neid. Als Sohn der Nebenfrau des alten Königs war und blieb er ein Fürst zweiter Klasse.
„Das ist nicht lustig.“ Brunichild starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Ihr Gesicht war aufgedunsen und fleckig wie bei der letzten Schwangerschaft. So kurz vor der Niederkunft hatten sich alle am Hof miteinander verschworen, die Königin in jeder Hinsicht zu schonen und bei guter Laune zu halten. Bloß keine schlechten Nachrichten! Daher verfluchte Sigibert im Stillen diese Schwägerin mit ihrem Gejammer. „Es geht ihr schlecht, ich habe Angst um Gailswintha und du grinst!“, fuhr Brunichild empört fort und ließ die Hand mit dem Brief sinken.
Sigibert hätte ihr das Schreiben gern abgenommen und in Fetzen gerissen. „Deine Schwester ist ein verwöhntes Kind, das ist alles. Sie ist ...“, er machte eine Pause, „schlecht erzogen und nicht so klug wie du.“ So klug, sich im Bett wie eine Hure aufzuführen und sich immer neue lustvolle Spielchen auszudenken, die ihn auf Touren brachten, dachte Sigibert voller Behagen und Sehnsucht. Seit Wochen hatte er sie aus Rücksicht auf die Schwangerschaft nicht mehr angerührt. Schon beim Gedanken daran merkte er, wie ihm warm wurde. Sie hielten sich in einem der Empfangszimmer auf, wo Botschafter, Kuriere und der eine und andere Spion, was oft dasselbe war, vorsprachen. Wittiges stand vor der Tür und hatte jemanden dabei, der unbedingt Brunichild zu sehen wünschte. Einen Mann aus Toledo. Sigibert hatte noch keine Gelegenheit gehabt, seine Frau auf den Besucher vorzubereiten. Wittiges hatte allerdings behauptet, der alte Mann
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