Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Kammer. Ein Raum nur für ihn mit einem bequemen Bett, einem Tisch und zwei Stühlen. Gegenüber seiner alten Unterkunft kam Wittiges das Zimmer wie der Himmel auf Erden vor. Aufatmend ließ er sich auf die Bettkante sinken. Aber erst, als er allein war, sah er sich gründlicher um. Neben einer Waschschüssel, einem Krug mit lauwarmem Wasser, Seife und Handtuch entdeckte er ein Tablett mit allerhand Köstlichkeiten, die er gierig verschlang. Auf der Bettdecke lag zusammengefaltet eine neue Tunika aus schöner, dicht gewebter Wolle. Und endlich leistete er Alexander in Gedanken Abbitte für seine schlechte Meinung über ihn, und ein warmes Gefühl von Dankbarkeit stieg in ihm auf.
Zwei Wochen lang würde es sich unter diesen neuen Bedingungen am Hof von Toledo aushalten lassen. Blieb nur der Konflikt mit Falco und Ingomer. Welchen Rang nahmen die beiden bei den Franken ein? Würde er ihnen zwangsläufig wieder begegnen? Und sollte er die zwei Wochen ohne Überfall aus dem Hinterhalt überstehen - was dann? Der Stallmeister hatte nur von diesen zwei Wochen gesprochen.
8
Nach dem Mittagsmahl hatte sich die Königin unaufgefordert dem König angeschlossen, der seine Privatgemächer für eine kurze Rast aufsuchte. Das Essen hatte nur im kleinen Kreis stattgefunden, ohne Gäste. Wie jeden Tag hatte ein untergeordneter Beamter der Kanzlei über die Franken Bericht erstattet. Es gab keine besonderen Vorkommnisse. Das hieß, nicht mehr Unannehmlichkeiten als üblich. Unter anderem wurde der Vorfall mit dem Musiker Alexander kurz erörtert, die Einzelheiten waren inzwischen bekannt. Mit einem Schulterzucken tat Athanagild die Sache ab. Es gab Angelegenheiten, die ihm mehr Sorgen bereiteten.
„Hast du einen Augenblick Zeit für mich?“, fragte Goiswintha und trat neben ihrem Gatten durch die Tür, die zu seiner Zimmerflucht führte.
„Ich wüsste nicht, was es noch zu besprechen gäbe“, wehrte Athanagild, der unverhoffte Störungen nicht leiden konnte, unbehaglich ab. „Aber bitte!“, fügte er mit einem Anflug schwerfälliger Galanterie hinzu und ließ Goiswintha den Vortritt.
„Ich könnte auch später wiederkommen“, bot sie höflich an und nahm wie selbstverständlich auf einer Liege Platz.
Athanagild befiel Unruhe. Goiswintha hatte es doch nicht etwa auf ein zärtliches Beisammensein abgesehen? Allein schon der Gedanke verursachte ihm Abscheu. Ein Stück von ihr entfernt ließ er sich auf einem Scherenstuhl nieder.
„Oder hattest du vor, die kleine Aletha wieder kommen zu lassen?“, fuhr Goiswintha im Plauderton fort. „Du hast sie doch gestern gehabt, nicht wahr? Jedenfalls deutete Cniva so etwas an.“
„Was fällt dieser alten Unke ein!“, polterte Athanagild.
„Nun, es war auch nicht schwer zu erraten. Die Kleine war völlig verstört. Wenn du dir schon diese jungen Dinger aussuchst, könntest du nicht einfach vorsichtiger mit ihnen umgehen? So erkennt jeder mit ein wenig Erfahrung sofort, was geschehen ist. Es wäre dem Respekt deiner Töchter dir gegenüber entschieden abträglich, wenn sie wüssten, was du mit ihrer kleinen Dienerin treibst.“
Betroffen zuckte Athanagild zusammen. Eine zauberhafte Erinnerung wurde von Goiswintha erbarmungslos in den Schmutz getreten. „Würdest du dich bitte aus meinen Privatangelegenheiten heraushalten?“, fragte er erbittert.
„So, wie du es anstellst, bleibt es nicht lange deine Privatangelegenheit. Und falls du daran denken solltest, Cniva für deine eigene Indiskretion büßen zu lassen, lass dir gesagt sein, dass er eigentlich gekommen war, um mir über Alexander Bericht zu erstatten. Die Kleine kam gerade herein. Ich vermute, geradewegs aus deinem Bett. Da bedurfte es kaum noch einer Andeutung. Aber wie gesagt, ich bin nicht deswegen hier. Sondern wegen Alexander.“
„Das Thema haben wir bereits erörtert“, entgegnete Athanagild verstimmt. Er würde Cniva, diesen Intriganten, zur Rede stellen und am besten entlassen.
„Nicht ausreichend. Ich habe heute morgen erst mit den Ärzten, dann mit ihm selbst gesprochen. Die Ärzte äußerten größte Bedenken.“
Ungeduldig winkte Athanagild ab. „Sei unbesorgt, meine Liebe. Er ist jung, eine solche Verletzung heilt rascher und besser, als Ärzte oft für möglich halten.“
„Vielleicht“, Goiswintha strich sich nachdenklich über die Oberlippe. „Weißt du, woran ich mich erinnert habe? An seinen Namen, - er heißt doch gar nicht Alexander, sondern Aletheus. Und jetzt haben wir
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