Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
der Prinzessin nieder, hielt den Blick gesenkt und gab das Bild eines Mannes ab, der demütig ihrer Befehle harrte. Auch der scharfsichtigste Beobachter hätte an seiner Haltung nichts auszusetzen gehabt.
„Steh auf und nimm diesen Brief“, sagte sie und hielt einem Diener das gesiegelte Schreiben hin. Der nahm es ihr ab, um es Wittiges zu überreichen. „Der Brief ist an meinen Vater gerichtet“, fuhr sie fort. „Er muss ihn rasch erhalten. Im Hafen liegt noch eins der Schiffe aus Valentia, es sticht morgen früh mit dir in See.“
Priscus trat neben Wittiges. „Der Kapitän erwartet dich noch heute Abend, damit es morgen früh keinerlei Verzögerungen gibt. Ich habe alles für dich geregelt.“ Wittiges nickte wie betäubt. „Und mach dir keine Sorgen wegen der Sache mit Falcos Pferd. Es wird auf eine geringe Summe hinauslaufen. Höchstens zehn Solidi .“
Das war mehr als er besaß, ging Wittiges auf. Er machte sich erhebliche Sorgen, denn Alexander war immer noch nicht zurückgekehrt, sondern mit all dem Geld verschwunden, das er ihm anvertraut hatte.
„Wer kümmert sich um die Pferde, wenn ich fort bin?“, fragte er an Brunichild gewandt.
Ihre Antwort kam in einem ungehaltenen Ton, als hätte er schon zu viel gefragt. Sie war jetzt ganz und gar die unnahbare Prinzessin. „Mach dich auf den Weg und denk nicht weiter darüber nach. Es gibt genug Leute für alles.“
Warum schickt sie dann ausgerechnet mich?, fragte sich Wittiges und ahnte die Antwort: Sie wollte ihn auf diese Weise aus dem Land schaffen. Ein Diener überreichte ihm mit ausdrucksloser Miene einen Beutel mit Reisegeld, und damit war er entlassen. Priscus trat mit hinaus in die Vorhalle und schlug er ihm aufmunternd auf die Schulter. „Gute Reise und günstige Winde bei der Überfahrt. Und was Falcos Forderung an dich betrifft: Ich werde das Geld für dich auslegen.“
„Ich danke dir“, antwortete Wittiges nicht ganz aufrichtig.
Weder tauchte Alexander auf, noch konnte Wittiges etwas über seinen Verbleib in Erfahrung bringen. Am Ende hinterließ er für ihn eine Nachricht und begab sich zögerlich und sorgenschwer mit Bauto zum Hafen. Beim Ablegen des Schiffs lehnte er an der Reling, aber das Panorama von Marseille bereitete ihm diesmal keine Freude. Er hatte das Gefühl, die Stadt nie wieder zu sehen.
Und was Alexander betraf, war er nun davon überzeugt, dass der Musiker die Gelegenheit genutzt hatte, sich mit allem Geld, das er ihm so vertrauensvoll überlassen hatte, aus dem Staub zu machen. Die Königreiche der Franken waren groß, und für einen klugen Kopf wie ihn konnte es nicht schwierig sein, sich irgendwo eine behagliche Existenz zu schaffen. Ein bitterer Gedanke.
6
Einen Tag, nachdem Brunichild Wittiges weggeschickt hatte, war alles für die Weiterreise bereit. Sie war froh, ihn auf dem Weg nach Toledo zu wissen, wenn sich auch hier und da ein flaues Gefühl des Verlusts einschlich. Doch um nicht noch einmal der fatalen Anziehungskraft des Mannes zu erliegen, musste sie ihn für immer aus ihrer Umgebung entfernen. Dafür würde der Brief sorgen.
Nach dem Frühstück stellten sich Brunichild zwei Edelfrauen vor, die Sigibert ihr geschickt. Beide waren verwitwet und weitläufig mit ihm verwandt. Wie einem Begleitschreiben und ihren eigenen Worten zu entnehmen war, sollten sie der Prinzessin Gesellschaft leisten und sie ein wenig in die Gepflogenheiten des fränkischen Hofs einführen. Eine umsichtige und fürsorgliche Geste, wie Gogo bemerkte, als er die Frauen Brunichild zuführte. Danach ließ er sie eilig mit ihnen allein.
Die eine Frau, Nanthild, war hochgewachsen, hager, und um die vierzig, hatte dunkles Haar mit wenigen grauen Strähnen und machte sich sofort ungefragt über Brunichilds Kleidertruhen her.
„Was tust du da?“, fragte Brunichild scharf.
Nanthild richtete sich auf und ließ die Hände mit dem Umhang sinken, dessen Stoff sie gerade befühlt hatte, und betrachtete Brunichild mit hochmütig verschlossener Miene. „Da wir heute noch weiterreisen, suche ich dir einen passenden Umhang heraus“, erklärte sie und verzog den Mund zu einem schmalen Strich. „Ich werde dir auch ein anderes Gewand geben. Das Kleid, das du gerade trägst, ist zu dünn und lässt zuviel Haut sehen.“
Einen Augenblick war Brunichild sprachlos, während die Fischaugen der Frau sie unbeirrt musterten. So anmaßend waren selbst die Kammerfrauen ihrer Mutter Goiswintha nicht mit ihr umgegangen.
„Das lässt du
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