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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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Brunichild, dass der Herzog ein Kettenhemd trug. Eine blasse Ahnung von Gefahr streifte sie. Der Reiter, wurde ihr klar, gehörte zu Kundschaftern, die die Ufer sicherten und nach marodierenden Horden ausspähten, die dem Schiffskonvoi gefährlich werden konnten.
    Gogo zeigte hinüber. „Wenn du längere Zeit keine Reiter siehst, halte dich von der Reling fern.“
    Sie hatten einige Bogenschützen an Bord.
    „Ich verstehe.“
    An einem der nächsten Tage setzten sie das Gespräch zwanglos fort. Er stellte sich wieder neben sie und wartete, bis sie zu reden begann. Sie wies auf die Gegend jenseits des Flussufers. „Wir sind an Dörfern vorbeigekommen, von denen mehr als eins wie tot wirkte: Eingefallene Dächer, kein Vieh, keine Menschen und brach liegende Felder. Dabei scheint es hier alles im Überfluss zu geben: Wasser, Holz, urbares Land. Warum diese Öde?“
    Erstaunt musterte er sie von der Seite. „Das interessiert dich wirklich?“
    „Natürlich. Dies ist fränkisches Land. Über die Geschichte haben mich die Räte meines Vaters belehrt. Ich könnte dir den Stammbaum der königlichen Familie herunterbeten und einiges über ihren mythischen Ahnherrn, den Meeresgott mit dem Stierkopf, erzählen oder über die Schlachten, mit denen der große Chlodwig zum König über alle Franken aufgestiegen ist. Aber ich will begreifen, was hier und heute ist.“
    Wahrscheinlich musste Gogo das eben Gehörte erst verdauen, denn er schwieg. Brunichild streifte sein Gesicht mit einem unsicheren Blick und hatte Mühe, ein Schaudern zu unterdrücken. Das tote Auge sah gar zu garstig aus.
    „Gut so!“, sagte Gogo schließlich mit einem bekräftigenden Nicken. „Von mir sollst du alles erfahren. Was weißt du über unsere Steuergesetzgebung?“
    „Ich fürchte, nichts.“ Brunichild seufzte verhalten. Warum hatte sie das Gespräch bloß angefangen? Sie wollte doch nur etwas über die verlassenen fränkischen Dörfer wissen. Einige der Siedlungen waren mit einfachen Heckzäunen gesichert, andere völlig ungeschützt, und sie bestanden aus höchstens sechs, sieben strohgedeckten Fachwerkhäusern, die sich in die Flussniederungen schmiegten. Vici hießen diese Nester, die vielleicht nicht einmal einen Namen hatten. Einmal hatten von einem flachen Hügel die Steingebäude einer großen Villa herübergeleuchtet.
    „Wir fahren durch Guntrams Land, aber die Probleme, die er hat, haben wir auch, teilweise sogar stärker als er. Hier an der Rhône gibt es immerhin noch etliche große Landgüter im Besitz alter Familien aus römischer Zeit. Die werden noch recht erfolgreich bewirtschaftet. Sagt dir der Name Syagrii etwas?“
    „Syagrius war ein römischer Heerführer, der sich zum Provinzfürsten aufschwang und von Chlodwig besiegt und vertrieben wurde“, antwortete Brunichild im Ton einer auswendig gelernten Litanei. „Ach, und von seiner Familie haben so viele überlebt, dass sie noch hier ansässig sind?“, fuhr sie mit normaler Stimme fort. Nach der Niederlage wurden nicht alle umgebracht?, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Gogo schmunzelte. „Scheint so. Es gibt auch noch die Magni, Aviti und so weiter. Edle Sippen römischen Ursprungs. Tja, und die Römer haben uns auch ihr Steuersystem hinterlassen. Immer noch sind die Magistrate für die Steuereinziehung zuständig. Aber mehr und mehr ist sie auch Aufgabe der Großgrundbesitzer, die allerdings nach Gutdünken verfahren. Nun, ich denke, das ist bei den Westgoten nicht anders. Es gibt die Annona , die Steuer, die sich nach der Größe der landwirtschaftlichen Fläche richtet und die Capitatio , nenn es die Kopfsteuer, die jeder zu zahlen hat. Die Pächter oder Colonen verlassen das Land, wenn sie die geforderten Abgaben nicht mehr aufbringen können. Sie zahlen an den Grundherrn, er zahlt an die Civitas und sieht zu, dass er genug in der eigenen Kasse behält.“
    „Aber die Pächter dürfen ihr Land doch nicht verlassen“, widersprach Brunichild.
    „Sie tun’s aber. Sie lassen alles stehen und liegen und suchen sich anderswo eine neue Stelle und einen neuen Patron, bei dem sie vielleicht bessere Äcker finden. Mancher Boden gibt nicht mehr viel her.“
    „Aber von der Landwirtschaft hängt viel ab, oder sehe ich das falsch?“
    Er nickte. „Manchmal ist es schon verdammt  - äh - schwer, für den Hof in Reims genug Nahrungsmittel aufzutreiben.“
    Brunichild tat so, als hätte sie den kleinen Ausrutscher nicht bemerkt. Sie stellte noch einige Fragen und allmählich

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