Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
dass die Franken schon so bald aufbrechen? In zwei Wochen?“
„Warum fragst du? Ist es von Belang, wann du abreist? Seit einem Jahr verhandeln wir mit den Franken. Es wird Zeit, dass die Sache zu einem Ende kommt. Ich denke, man hat dir alles für dich Wichtige mitgeteilt.“ Ganz selbstverständlich hatte Athanagild angenommen, dass Goiswintha mit ihrer Tochter geredet hatte oder zumindest Hofmeister Cniva. Er wandte sich an seine Gattin. „Hast du es ihr nicht gesagt?“
„Sie ist seit Monaten vorbereitet. Auch ihre Ausstattung und die Dienerschaft, die sie begleiten wird, sind reisefertig. Seit Wochen warten wir nur noch“, antwortete Goiswintha würdevoll und leicht gekränkt. „Ich bin mir keiner Versäumnisse bewusst.“
Brunichild wischte sich verstohlen über die Augen und straffte sich. „Das ist richtig. Es ist nur einfach so: Gerade hat meine Stute Bella ihr erstes Fohlen bekommen und ich will die beiden mitnehmen. Aber das Fohlen wird in zwei Wochen ...“
Ungehalten fiel ihr Athanagild ins Wort: „Du glaubst doch nicht etwa, dass die Abreise wegen einer Stute und ihres Fohlens verschoben wird? Um die Sache gleich zu klären: Die Pferde bleiben hier.“ Er schnupperte. „Du riechst nach Stall. Du hast uns also warten lassen, weil deine Stute fohlte? Geh, bevor ich die Beherrschung verliere und selbst die Hand gegen dich erhebe!“ Als ob er sich nur noch mühsam beherrschen könne, ließ er seine Tochter stehen und entfernte sich mit raschen Schritten. Goiswintha folgte ihm.
„Was kommt jetzt?“, wandte er sich müde an sie, nachdem er auf sie gewartet hatte. „Willst du mir Vorwürfe machen?“
Sein Blick fiel durch eines der kleinen Fenster, die den langen Flur säumten. Unten im Hof spielten Kinder. Wahrscheinlich waren ein oder zwei seiner Bastarde darunter. Sie flitzten um ein junges Mädchen herum, eine kleine Magd.
„Aber nein“, entgegnete Goiswintha ruhig. „Ich habe mich genau wie du über sie geärgert. Aber ...“, sie zögerte einen Augenblick. „Brunichild hängt an der Stute. Übrigens hast du sie ihr vor zwei Jahren geschenkt und sie damit sehr glücklich gemacht. Versteh sie doch.“ Goiswinthas Stimme war weicher und leiser geworden.
Athanagild verstand durchaus. Er war keineswegs ein Unmensch, wenn auch kein besonders aufmerksamer Vater. Natürlich litt seine Tochter darunter, Familie und Heimat verlassen zu müssen, in der sicheren Gewissheit, niemals zurückzukehren. Das war das vorbestimmte Schicksal von Königstöchtern, das auch ihr nicht erspart blieb. Dafür hatte sie eine sorglose und unbeschwerte Kindheit erlebt, die nun endgültig zu Ende ging. Aber das schien sie nicht zu begreifen. Er hatte sie für klüger und reifer gehalten. Sie hatte nicht begriffen, dass sie das Unterpfand für den Frieden zwischen den Franken Sigiberts und den Westgoten ihres Vaters war. Mehr und mehr zweifelte er daran, dass sie die ihr zugedachte Aufgabe als Königin der Franken meistern würde.
Sie war ungeeignet.
„Ein zwei Wochen altes Füllen kann die Reise nicht überstehen, und dass die Abreise wegen der Pferde verschoben wird, wäre unseren Gästen kaum begreiflich zu machen“, erklärte er frostig. „Im Übrigen werde ich froh sein, wenn die fränkischen Raufbolde verschwunden sind, ohne dass sich ein ernster Zwischenfall ereignet hat.“
„Ich rede mit Brunichild“, versprach Goiswintha bedrückt.
„Ja, bitte. Vielleicht findet sich ein anderes Spielzeug, das sie mitnehmen kann“, spöttelte Athanagild und sah seiner Gattin hinterher, als sie ihren Weg zu den Frauengemächern fortsetzte.
Die Kinder spielten immer noch im Hof. Das junge Mädchen war ein nettes Ding. Die Bewegungen waren anmutig und leicht, und langsam keimte ein verlockender Gedanke in Athanagild. Er winkte einen Diener herbei und trug ihm auf, Cniva zu holen. Es dauerte nicht lange, bis der beleibte Eunuch herankeuchte.
Athanagild deutete in den Hof hinunter.
„Wer ist das Mädchen? Kennst du es?“
„Selbstverständlich“, antwortete Cniva kurz angebunden. „Ich habe die Kleine erst kürzlich deinen Töchtern zugeteilt. Sie ist recht anstellig, aber noch ein bisschen scheu. Sie hat sich heute ...“
Scheu, stellte Athanagild fest, gefiel ihm. Er schmunzelte und strich sich in leichter Vorfreude über die Oberlippe. „Wie alt?“ unterbrach er Cniva.
„Gerade vierzehn.“ Cniva schwante nichts Gutes. Er warf seinem König einen forschenden Seitenblick zu, während er überlegte,
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