Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
kennenzulernen, versetzte Brunichild in eine dumpfe, lähmende Furcht. Eine tiefe Traurigkeit überfiel sie wie am Ende eines langen Weges in die Dunkelheit.
Es machte keinen guten Eindruck, ihre Damen um nähere Auskunft über Sigibert zu bitten, aber wen sollte sie sonst fragen? Einen Tag vor der Ankunft richtete sie es so ein, dass sie mit den beiden allein war. Sie hatten Quartier in einer der königlichen Pfalzen bezogen, die wie ein weiter Gürtel Metz umgaben. Diese Pfalz bestand aus einer zur Festung ausgebauten Villa , eine halbe Tagereise von Metz entfernt. Schuppen, Ställe und Scheunen gruppierten sich um einen großen kahlen Hof, auf dem kein einziger Baum wuchs. Das Wohnhaus machte keinen guten Eindruck. Die Räume waren ungastlich, düster und klein. Eine nüchternere, freudlosere Unterkunft konnte sich Brunichild kaum vorstellen. Wie sehr spiegelte sie die Eigenart ihres Besitzers?
„Sieht er einem seiner Brüder ähnlich?“, fragte sie Sidonia nervös.
„Nein“, antwortete Nanthild knapp, und damit war das Gespräch beinahe beendet.
Sidonia kicherte. „Er ist nicht so groß wie Chilperich und nicht so hager wie Guntram. Na, ja, er ist kräftig. Ich hab einmal gesehen, wie er ...“ Am Ende hatte Brunichild den Eindruck, dass Sigibert zumindest körperlich eine Kreuzung aus Bär und Ochse darstellte und seine rustikalen Umgangsformen dem entsprachen. Nein, sagte Sidonia entschieden und erntete ein missbilligendes Stirnrunzeln Nanthilds, Charme hätte er überhaupt nicht. Aber, setzte sie strahlend hinzu, noch nie habe jemand behauptet, er sei ein Schürzenjäger. Bestimmt wäre er der treueste aller Ehegatten.
Hinter dem Haus lag ein kleiner, verschatteter Garten und dorthin flüchtete sich Brunichild vor dem Abendessen. In der Mitte bildeten drei Bäume ein Dach, unter dem ein gemauerter Brunnen stand. Ein Mann mit nacktem Oberkörper hatte sich einen Eimer Wasser heraufgeholt und wusch sich unter ausgiebigem Grunzen und Stöhnen. Neben ihm auf einer Steinbank lagen seine Oberbekleidung und ein ledernes Schwertgehänge samt Schwert.
Brunichild schaute sich um, es kam ihr gefährlich vor, hier mit einem unbekannten Mann allein zu sein. In diesem Augenblick hatte er sie entdeckt. Mit einem Schwung goss er sich das restliche Wasser über den Kopf und schüttelte es sich aus den Haaren, während er bereits mit langen Schritten auf sie zukam. Sie wich zurück.
„Du musst keine Angst haben“, sagte er mit tiefer, volltönender Stimme und streckte eine Hand aus. Als ob er ein ängstliches Pferd beruhigen will, schoss es ihr durch den Sinn. Sie raffte ihre Röcke, um schneller davonlaufen zu können, aber er holte sie mühelos ein, packte sie am Arm und riss sie zu sich herum.
„Lass dich anschauen“, sagte er ruhig.
Sie hielt ganz still, als er sie am Kinn fasste und gelassen ihr Gesicht betrachtete. Zum Schluss strich er ihr übers Haar und lächelte flüchtig. Sein Oberkörper zeigte die Spuren mehrerer schlecht verheilter Schwertwunden, und sein kantiges Gesicht war leicht entstellt durch eine Narbe, die den Mund ein wenig schief zog. Und dieser Mund näherte sich ihren Lippen und küsste sie. Ekelhaft!
„Willkommen, meine Prinzessin!“
Sie rückte von ihm ab und wischte sich mit dem Handrücken ungeniert über den Mund, doch er beachtete ihren Abscheu nicht.
„Geht es dir gut? Hast du die Reise einigermaßen überstanden? Ich hörte schon von dem Überfall und bin so rasch hergeritten, wie ich konnte. Heute mittag war ich noch in Metz.“
Brunichild trat einen weiteren Schritt zurück.
„Verrätst du mir, wer du bist, bevor du noch vertraulicher wirst? Bei uns ist es nämlich nicht üblich, dass sich ein Mann einer Frau ungebeten aufdrängt“, sagte sie so steif und missbilligend wie möglich. Natürlich ahnte sie, wer er war. Er entsprach keineswegs Sidonias ungünstiger Beschreibung, aber seine viel zu direkte und beleidigend nüchterne Art stieß sie gewaltig ab.
Er verzog amüsiert die Mundwinkel, und Herzlichkeit glomm in seinem Blick auf. „Ach, komm schon! Unsere Sitten sind einwandfrei, das wirst du noch merken. Wir sind nur nicht so steif wie am Hof deines Vaters. Aber Zeremoniell gibt es noch genug. Bei unserer Hochzeit werden wir nichts auslassen, was deiner Stellung als neuer Königin nutzt. Sei ganz beruhigt.“
In der Nacht kam er in ihre Kammer und nahm sie mit ungestümer Heftigkeit. Er ließ ihr kaum Zeit, sich auf den Akt vorzubereiten. Hier und da
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