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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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kleingehackte Basilikumblätter und geröstete Pinienkerne darüber.
    Auf dem Tisch neben dem Gaskocher lagen Baguettes, die ich beim Bäcker hier vor Ort gekauft hatte. Ich nahm einen Port Salut, einen Camembert und ein Päckchen Butter mit Meersalz aus dem Kühlschrank und legte diese auf ein Extra-Tablett.
    Heiße Pasta, gesunder Salat, Käse und Brot. Es sah festlich aus. Hoffentlich reichte es auch für alle.
    Die Jungs, wie Eric sie inzwischen immer nannte, waren nun schon vier Tage bei der Arbeit und hatten wahrlich Berge versetzt. Michel war weder gestern noch heute dabei gewesen. Sonderbarerweise reagierte ich darauf mit zwiespältigen Gefühlen, enttäuscht und erleichtert zugleich. Seine Abwesenheit ließ mich etwas freier atmen, denn in den letzten Tagen war mir schmerzhaft bewusst geworden, dass ich mich in seiner Gegenwart nur mit Mühe normal benehmen konnte.
    Michel schien seinem Gegenüber stets direkt in die Augen zu sehen. Die Verwegenheit, die dabei in seinem Blick lag, machte mich nervös, genau wie seine ebenmäßigen Gesichtszüge und sein imposanter Körper. Vor dreizehn Jahren, vor meiner Ehe mit Eric, hätte ich sehr stark auf solche Anziehungskräfte in meiner unmittelbaren Umgebung reagiert, hätte das Entdeckte weiter erkunden und vertiefen wollen. Aber jetzt, in dieser Situation, wirkte es verstörend. Provozierend. Insofern traf es sich gut, dass er heute nicht da war, und vermutlich wäre es für alle am besten, wenn er überhaupt nicht mehr auftauchte.
    Ich stellte die Teller auf ein Tablett, legte Messer und Gabeln dazu und ging nach draußen.
    Die Sonne brannte vom Himmel, und die Hitze senkte sich wie eine Decke auf mich. Den Tisch hatten Eric und Peter direkt vor dem Tor aufgestellt - weitab von dem Schlachtfeld, das unser Haus derzeit war, ein Ort, wo aus heiterem Himmel Steine herunterfallen konnten und wo überall enorm viel Staub in der Luft war. Das Holz, aus dem die Jungs diesen zweieinhalb Meter langen und anderthalb Meter breiten Tisch zusammengezimmert hatten, stammte aus dem Haus. Drumherum standen unsere Gartenstühle, sechs teakhölzerne Klappstühle und ein paar einfache grüne aus Plastik, die man stapeln konnte.
    Ich verteilte die Teller, legte das Besteck daneben und ging wieder in die Küche, um Brot, Käse und Gläser zu holen.
    Ich konnte mich weder über zu viel noch über zu wenig Routine beklagen. Als Peter mir letzten Montag eingeschärft hatte, wie wichtig gutes Essen sei, hatte sich zunächst alles in mir gesträubt, aber weil es mit dem Haus so gut voranging und alle so nett waren, machte es mir immer mehr Spaß, die Jungs ein bisschen zu verwöhnen. Nicht so sehr wegen Peter, sondern eher, weil ich ein gutes Gefühl dabei hatte: Sie waren in den letzten Tagen alle so nett und charmant gewesen. Außerdem war es eine gute Gelegenheit, schon mal auszuprobieren, wie es sein würde, wenn wir nächstes Jahr Gäste hätten.
    Während ich zum Esstisch zurückkehrte, ging mir noch einmal das Telefonat mit Miranda durch den Kopf. Ich hatte mitten im Satz aufgelegt. Nicht absichtlich, aber trotzdem würde Miranda mich vorläufig nicht mehr anrufen.
    Vielleicht wollte ich genau das: dass sie nicht mehr anrief. »Was möchten Sie essen?«, fragt der Polizist.
    Essen. Ich spüre, wie die Galle mir hochkommt, mir die raue Speiseröhre hinaufsteigt und in der Kehle brennt. Ich hebe das Kinn und verziehe das Gesicht. Plötzlich muss ich gähnen. Ich halte mir die Hände vor den Mund, und von dem schlechten Geruch, der mir aus dem Rachen strömt, wird mir übel. Galle, Magensäure.
    »Ich habe keinen Hunger«, sage ich schließlich und versuche zu schlucken. »Ich brauche wirklich nichts. Ich will nur meinen Mann sprechen.«
    Der Polizist schaut mich unbeirrt an. Er kennt das alles schon, entnehme ich seinem Blick, Hunderte wie ich waren vor mir hier. Und er weiß, dass auch nach mir noch viele kommen werden. Eine endlose Reihe von Menschen, die sich in den Strudel der Kriminalität hineinziehen lassen und schließlich in diesem Abfluss des Rechtsstaats landen. In dieser Zelle, auf diesem Bett, auf dem ich nun sitze. Männer oder Frauen, alt oder jung, schuldig oder unschuldig, jammernd oder stumm. Manche haben ihren Kummer und ihre Gedanken in die Zellenwand eingeritzt. Die oberflächlichen Kerben flüstern mir zu, dass ich nichts Besonderes bin. Was immer ich mir eingebildet habe.
    »Sie müssen es natürlich selbst wissen«, antwortet er, »aber Sie haben ein Recht

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