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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer Woche auf Händen.«
    Ich starrte ihn an, und mir wurde klar, dass ich jetzt irgendetwas erwidern musste. Etwas Intelligentes. Mir fiel nichts ein.
    Mit einem Nicken verabschiedete sich Peter und ging ins Haus.
    Ich sah mich nach Eric um, aber er war nirgends zu entdecken. Ich wollte jetzt nur noch weg hier, ins Auto steigen.
    Im Vorbeigehen sah ich Michel auf einem Gerüst stehen. Sein von der Sonne leicht gebräunter Körper sah kräftig und muskulös aus. Ein Bild von einem Mann.
    Unerhört schön.
    Er sah mir direkt in die Augen. Ich nickte ihm kurz zu, rang mir ein Lächeln ab und ging schnell weiter, in der Hoffnung, nicht allzu viel von meinen Gedanken verraten zu haben.
     

8
     
    Menschen lernen genauso wie Tiere. Das Grundprinzip ist einfach, eigentlich sogar sehr einfach. Was positive Gefühle auslöst, wird wiederholt, fortgeführt oder sogar verstärkt. Andersherum gilt dasselbe: Was negative Gefühle auslöst, wird nach Möglichkeit vermieden, man unterlässt es ganz oder schwächt es ab.
    Theoretisch habe ich alles verstanden.
     
    »Und, gefällt es dir dort?« Miranda hatte einen Mann mit Bierbauch, zwei Kinder und ein immer schön ordentlich aufgeräumtes Haus.
    Ihre Stimme klang so nahe, als stünde sie direkt neben mir.
    »Es ist noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig«, sagte ich, während ich die Pasta umrührte, das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt. »In das Haus selbst konnten wir noch nicht einziehen. Aber die Gegend ist sehr schön.«
    »Ich habe eine Neuigkeit für dich«, unterbrach sie mich. »Hannah hat beschlossen, ihren Mann zu verlassen. Sie hat ihn gegen einen Typen mit einem Strumpfladen eingetauscht. Els hat das heute Morgen erzählt, als wir vor der Schule standen. Sie lässt ihre Kinder immer bei Fred, und jetzt hat er ein Problem, denn er muss ja schließlich zur Arbeit. Das ist gerade das große Thema, über das alle reden.«
    Vergeblich versuchte ich, aus dem kochenden Wasser einen Spaghettifaden herauszufischen, der immer wieder von der Gabel glitt.
    »… und dann ist er um drei Uhr nachts nach Hause gekommen. Na, du kannst dir ja wohl vorstellen, was sie daraufhin gemacht hat …«
    Geschrei im Hintergrund. In dem Lärm lag etwas Forderndes. Mirandas Kinder, ein Junge von fünf und ein Mädchen von sieben Jahren, waren mal wieder in einen Kleinkrieg verwickelt. Kurz blitzte Mirandas Wohnzimmer vor meinem geistigen Auge auf. Eine Wohnung mit viel Tageslicht und schöner Sonne im Zimmer, in einem Neubauviertel mit noch jungen Bäumen am Rand der breiten Straße, die zu beiden Seiten von Garagenauffahrten gesäumt war. Möbel aus dem Wehkamp-Katalog, weil man die abbezahlen konnte. Mit Magneten am Kühlschrank befestigte Kinderzeichnungen. Auf dem Couchtisch ein frischer Blumenstrauß, aus den Sonderangeboten der Woche im Supermarkt.
    Vor gar nicht so langer Zeit hatte meine eigene Welt noch genauso ausgesehen. Ich schaute von der Küche durch die Diele nach draußen, wo eine grelle Sonne schien und die Arbeiter hin und her liefen, und mir wurde bewusst, wie sehr sich mein tägliches Leben schon allein dadurch geändert hatte, dass wir in ein anderes Land gezogen waren. Aus dem linken Flügel des Hauses kamen ein ohrenbetäubendes Gehämmer und Bohrergeräusche, teils noch übertönt vom Geplärr des Radios. Französischer Pop, Soul-Balladen, Rockmusik. Irgendjemand sang aus voller Brust mit.
    »… also habe ich ihr gesagt, dass sie doch mal Jan anrufen soll. Das hat sie dann auch getan. Und rate mal, was der gesagt hat? Pass auf, er hat gesagt …«
    Endlich war es mir gelungen, einen Spaghettifaden um die Gabel zu wickeln. Ich pustete auf das Ende und biss ein Stück mit den Zähnen ab. Perfekt. Ein klein wenig weicher als al dente .
    »Ich muss auflegen«, unterbrach ich Mirandas Monolog. »Ich rufe später noch mal an.«
    Für eine große Gruppe von Menschen zu kochen war um einiges schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte.
    Ich goss die Pasta in ein Abtropfsieb, tat ein bisschen grobkörniges Meersalz dazu und schüttelte das Ganze noch einmal durch, um das Salz unterzumischen. Eine Schale mit Salat - Eichblattsalat, Feldsalat, Cocktailtomaten und klein geschnittene Schalotten mit einem Dressing aus Olivenöl, Essig und Basilikum - stand bereits fertig im Kühlschrank. Ich ließ die glibberigen Pastafäden in zwei Tonschalen gleiten und sprenkelte etwas Olivenöl darüber. Verteilte dann noch ein Pfund gebratener Speckwürfel, ein paar

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