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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fenster aus meinen Wagen gesehen und tat jetzt so, als wäre er nicht da? Nein, das konnte nicht sein, das Auto stand weiter weg.
    Ich sah auf die Uhr. Halb neun.
    Vielleicht saß er irgendwo in einer Kneipe, oder er war in Brunos Zimmer.
    Oder war er bei Peter?
    Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Ein magerer junger Typ mit Pferdeschwanz und glasigem Blick huschte wie ein Schatten hinter meinem Rücken vorbei. Er öffnete die Tür nebenan.
    »Pardon«, sagte ich.
    Er hielt inne und sah mich an, wobei er die Augen zusammenkniff, als fiele es ihm schwer, mich richtig mit dem Blick zu fixieren. Als hätte er irgendwelche Medikamente genommen. Oder Drogen. Vielleicht auch Alkohol. Oder alles auf einmal.
    »Weißt du vielleicht, ob Michel zu Hause ist?«, fragte ich. »Oder … ob er gleich noch kommt?«
    Uninteressiert schüttelte er den Kopf und verschwand ohne ein weiteres Wort hinter seiner Tür.
    Ich ging die Treppe wieder hinunter und draußen auf die andere Straßenseite, von wo aus man in Michels Zimmer hineinschauen konnte. Die Gardinen waren zugezogen, das Licht war aus. Was jetzt? Bis halb zehn warten? Vielleicht kam er ja noch.
    Ein rauer Wind fegte dürre Herbstblätter und Papierreste zwischen den Häusern vor sich her, wirbelte sie über dem Asphalt auf.
    Fröstelnd zog ich die Mantelaufschläge enger zusammen. Blickte noch einmal zu dem dunklen Fenster, dann wieder zum Eingang.
    Knatternd fuhr ein Motorroller vorbei. Aus der anderen Richtung näherte sich ein Auto. Ich zog mich in eine Türnische zurück. Unablässig ging mir alles Mögliche durch den Kopf. Dass Michel bei Freunden war oder irgendwo in einer Kneipe saß und erst gegen Mitternacht nach Hause kommen würde. Dass er eine Freundin hatte - das Mädchen von dem Fest - und bei ihr eingezogen war. Dass er schlief und mein Klopfen an der Tür nicht gehört hatte. Vielleicht war er auch einkaufen gegangen; dann konnte er jeden Moment wieder auftauchen.
    Allmählich wurde mir wirklich kalt. Wahrscheinlich war es ohnehin ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen, hier auf der Straße zu warten. Schon wieder hätte ich mich ohrfeigen können, weil ich Michel nie nach seiner Handynummer gefragt hatte.
    Nach einer halben Stunde ging ich zum Auto zurück.
     

29
     
    Ab und zu sprach meine Mutter weise Worte, die sie vermutlich bei dem Psychologen aufgeschnappt hatte, zu dem sie einmal im Monat ging - und dem sie zweifellos alles erzählte, was sie mir vorenthielt. Als mich einmal die Bemerkung einer Freundin in Rage gebracht hatte, sagte sie zum Beispiel: »Auf die Taten und Worte anderer Menschen hat man keinen Einfluss. Selbst entscheiden kann man bloß, wie man darauf reagiert. Kontrollieren kann man immer nur sich selbst.«
     
    »Opa und Oma haben heute Morgen angerufen.«
    Isabelle und Bastian sahen Eric erwartungsvoll an. Es war Mittwoch, der einzige Tag, an dem sie morgens allein zur Schule mussten.
    »Sie kommen dieses Wochenende nach Frankreich«, erklärte Eric.
    »Super!« Bastian war begeistert. »Bringen sie uns Geschenke mit?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Eric.
    »Geht es denn deiner Mutter wieder besser?«, fragte ich.
    »Zumindest so weit, dass sie sich die Reise zutraut. Aber sie kommen bloß übers Wochenende.«
    Zu Mittag gab es Tiefkühlpizza. Louis und die beiden Antoines waren über diese kulinarische Bankrotterklärung alles andere als glücklich. Die Stücke, die sie sich abschnitten, wurden immer kleiner.
    »Wann kommen sie denn?«, fragte Isabelle.
    »Noch zweimal schlafen.« Eric wandte sich wieder an mich. »Sie fahren morgens los, also werden sie so gegen sechs hier sein, schätze ich. Wenn du Freitag etwas Leckeres kochst, könnten wir am Samstag auswärts essen gehen. Das haben wir lang nicht mehr gemacht.«
    »Gute Idee«, sagte ich leise.
    Ich überlegte, wie ich wohl den Besuch meiner Schwiegereltern mit meinem Vorhaben, am Freitagabend alleine weg zu sein, in Einklang bringen konnte. Ich wollte mit Michel reden. Außerdem wollte ich am Wochenende zu Peter fahren. Montag käme er ja schon wieder her, und ich wollte ihm zuvorkommen.
    »Ich will aber Freitagabend noch in die Stadt, zum Einkaufen.«
    Eric sah mich verärgert an. »Warum machst du das nicht heute? Nimm am besten die Kinder gleich mit, dann können wir hier in Ruhe durcharbeiten.«
    »Eric«, sagte ich so ruhig wie möglich, »freitagabends zum Einkaufen in die Stadt ist, seit wir hier wohnen, meine einzige Abwechslung.«
    »Dann fahr doch

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