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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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morgen Nachmittag nach dem Essen. Du kannst nicht einfach verschwinden, wenn meine Eltern hier sind. Jedenfalls nicht, wenn sie bloß für ein paar Tage kommen.«
    »Das ist doch wohl nicht dein Ernst«, regte ich mich auf. »Wenn ich hier abgewaschen und aufgeräumt habe, ist es sowieso schon halb drei, dann bin ich um drei in der Stadt, und um vier muss ich wieder zurück sein, weil dann die Kinder kommen.«
    Grimmig kaute Eric auf seiner Pizza. »Und das kannst du nicht ein einziges Mal verschieben? Meine Eltern fahren tausend Kilometer im Auto hierher, um uns zu besuchen, und du musst unbedingt alleine in die Stadt.«
    Ich aß noch ein Stück Pizza und wischte Isabelle ein bisschen rote Soße vom Kinn.
    Wenn ich auf meinem Standpunkt beharrte, lief es auf einen Streit hinaus.
    »Na ja«, sagte ich, »vielleicht hast du Recht … wir können ja mal sehen.«
    »Da fällt mir ein«, sagte Eric schon etwas ruhiger, »kannst du meine Mutter noch mal anrufen? Ich hab vergessen, ihr zu sagen, dass sie Satésauce mitbringen soll. Und Schokoflocken fürs Frühstück.«
    Ich murmelte, dass ich ihr Bescheid sagen würde. Mein Blick war auf das Handy von Louis gefallen, das neben seinem Teller auf dem Tisch lag.
    »Darf ich mal sehen?« Ohne die Antwort abzuwarten, griff ich danach und suchte im Menü nach dem Adressbuch.
    »Das ist ein ganz altes Ding«, sagte Louis.
    »Aber schon praktisch«, sagte ich.
    Rasch hatte ich Michels Handynummer gefunden.
    »Darf ich auch?«, fragte Bastian.
    »Gleich.«
    Ich versuchte, mir die Nummer einzuprägen. Die ersten beiden Ziffern brauchte ich nicht, die waren immer gleich. Ich war noch dabei, mir die ersten drei einzuschärfen, als die Zahlen verschwanden und stattdessen der Name Michel im Display aufleuchtete. Im nächsten Moment war wieder die Nummer zu sehen: 5-3-9 … das Display erlosch.
    Verdammt!
    Ich drückte die Menütaste, damit die Anzeige wieder aufleuchtete, und suchte noch einmal nach der Nummer. 5-3-9-3-5 … wieder weg.
    »Seit wann interessierst du dich denn für Handys?«, hörte ich Eric fragen.
    »Bei meinem ist der Akku immer so schnell leer. Ich glaube, ich brauche ein einfacheres Modell.«
    5-3-9-3-5-8 … weg. Was war das denn für ein Schrottding?
    »Und jetzt willst du so eins?«
    »Vielleicht.«
    »Das von Louis ist steinzeitlich, Simone. Das ist gar nicht mehr zu bekommen, schätze ich.«
    Ich murmelte irgendetwas und konzentrierte mich auf die letzten beiden Ziffern. Kehrte dann schnell zum Hauptmenü zurück.
    Unter lautem Protest Bastians schob ich das Telefon wieder zu Louis hinüber, stand auf und ging in die Küche, wo ich mir einen Stift und einen Kaffeefilter nahm. Weil ich mir nicht hundertprozentig sicher war, schrieb ich gleich mehrere, verschiedene Zahlenkombinationen auf. Ohne dass die Arbeiter, die Kinder oder Eric es sehen konnten, faltete ich den Kaffeefilter zusammen und steckte ihn mir in den Socken.
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich hatte einen kleinen Sieg errungen.
     
    Als es auf zehn Uhr zuging, hatte ich die Kinder gerade ins Bett gebracht. Eric ließ die Badewanne volllaufen. Unser Badezimmer war funkelnagelneu. Fliesen und Becken glänzten im Licht der Halogenstrahler.
    In meinem Socken steckte immer noch der Kaffeefilter.
    Eric umarmte mich und streichelte meinen Rücken. »Was meinst du? Wollen wir unser neues Bad einweihen?«
    Ich küsste ihn leicht auf den Mund und entzog mich seiner Umarmung.
    »Ich gehe noch kurz vor die Tür. Bleu muss noch mal raus.« Im Türrahmen wandte ich mich noch einmal um. »Nicht, dass du verschwindest, ich bin gleich wieder da!«
    Eric warf mir eine Kusshand zu.
    Wie ich mich aufführte, war geradezu erschreckend.
    Am Fuß der Treppe stand Bleu und wedelte mit dem Schwanz. »Komm, raus mit dir, viens !«
    Ich öffnete die Tür. Draußen war es kalt und dunkel, aber das interessierte mich nicht. Ich konnte es kaum erwarten, die verschiedenen Zahlenkombinationen, die ich mir aufgeschrieben hatte, in mein Handy zu tippen. Ich wollte Freitagabend unbedingt zu Michel, mich mit ihm aussprechen, aber bevor ich dafür eine schwere Ehekrise in Kauf nahm, wollte ich zumindest sicher sein, dass er auch zu Hause wäre.
    Bleu schnellte augenblicklich davon. Den würde ich innerhalb der nächsten halben Stunde nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Ich fischte mein Handy aus der Tasche und ging durch den Torbogen an die Seite unserer Scheune. So konnte Eric mich, falls er aus dem Fenster schaute - die

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