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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Einzige, was ich ihr wirklich verübelte.
    »Wir wollten nicht unten auf dem Parkplatz warten, weil es kalt ist und regnet«, sagte Emil zerknirscht. »Da sind wir raufgekommen. Paulinchen war sowieso wach.«
    Ich blickte wütend von einem zum anderen. Sie hatten ja nichts Böses getan. Sie waren liebe, harmlose Kinder, die sich auf eine Cola ins Warme gesetzt hatten.
    Emil arbeitete sich an Melanie vorbei (sie umfasste auch noch mit ihren blauen Fingernägeln seinen Popo, während sie ihre langen, schlanken Beine zur Seite drehte!) und putzte Paulinchen die Nase und den verkrümelten Mund ab. Dann wollte er sie mir abnehmen.
    »Ich nehme sie. Entschuldigung!«
    »Nein. Mach dir keine Mühe. Ich fahre jetzt mit ihr ins Hotel. Bleib du hier. Amüsier dich.«
    Halb meinte ich es wirklich so. Junge, du bist zwanzig, du bist endlich unter deinesgleichen, das erste Mal seit deiner Ankunft. Du hattest eine schrecklich harte Zeit, und ich bin froh, wenn du sie vergessen kannst. Es ist dein gutes Recht, und wo besser als in diesen Kreisen könntest du deinen grässlichen Schlamassel halbwegs verdrängen! ich bin es, die hier nichts zu suchen hat. Ich sollte gehen. Nicht du.
    Aber ich war wütend, gekränkt. Das verdammte hübsche Mädel hatte keine Narben, es sah von Natur aus so gut aus. Aber es hatte noch nichts geleistet in diesem Leben, als sich die Haare zu toupieren und die Nägel blau zu färben! Auf dem blauen Nagellack entdeckte ich winzige Strass-Steinchen, die glitzerten. Das machte mich noch zorniger.
    »Ihr solltet in die Disco gehen«, rief ich sauer. »Oder öffnet die erst um drei?«
    Emil war völlig verunsichert. So hatte er mich noch nie erlebt. Er hatte mich traurig erlebt, unsicher, verzweifelt, trostsuchend. Und in letzter Zeit hatte er mich fast ausschließlich fröhlich erlebt, übermütig, lebenslustig, tatendurstig und natürlich – verliebt. Selbst im Krankenbett. Zu Scherzen aufgelegt. Turtelnd. Zärtlich verliebt. Glücklich verliebt. Und jetzt stand da eine eifersüchtige, zornesfleckige Alte und machte ihm eine Szene. Als Arbeitgeberin.
    Ich schämte mich, während ich es tat. Aber ich konnte es nicht unterlassen.
    Wir standen uns schweigend gegenüber, Emil und ich.
    Und sahen uns an. Enttäuscht. Unsicher. Gekränkt. Sekundenlang sagte niemand etwas. Kim und Frank und Hubert und Maik und Sascha und Silvia und Tanja guckten peinlich berührt auf ihr Weizenbier. Oda-Gesine, die mit Herrn Bönninghausen und einigen Leuten von einer Handy-Firma am Nebentisch saß, drehte sich nach hinten herum und packte den Wiener am Ärmel. Sie redete auf ihn ein. Wahrscheinlich entschuldigte sie sich für mich. Mist, dass der das jetzt alles mitkriegte.
    »Ich sage jetzt dem Fahrer Bescheid«, sagte Melanie, während sie sich erhob. Ihre schlanken Finger mit den peppig lackierten Nägeln kramten schon nach dem Handy. Es war ein neues, grellbuntes Handy, und darauf stand »›Wört-Flört‹ - der heiße Draht«. Aha. Oda-Gesine und Herr Bönninghausen baggerten also wieder neue Sponsoren an.
    Verdammt. Wie stand ich denn jetzt vor den Anderen da.
    Diese hässliche Szene würde morgen jedem im ganzen Sendegebäude bekannt sein. Jedem. Dabei war ich doch immer so freundlich. Und merkte mir alle Namen. Und grüßte jeden so nett.
    »Nein«, sagte ich, »bleibt. Bitte. Ich hab’s nicht so gemeint. Ich möchte, dass Emil und du …« Ich fasste mir ratlos an den Kopf. Was sollte ich sagen? Euch miteinander amüsiert?
    »Ach, Karla, ey, wie süß!«, rief einer der Autoren dazwischen, der gerade vom Pinkeln zurückkam. »Selbst nach der Show kann sie das Kuppeln nicht lassen!«
    »Stell doch die Zwei hinter die Wand!«, schrie ein Anderer.
    »Hier ist Iiiihr … ›Wört-Flört‹!«, äffte mich ein Dritter nach.
    »Endlich mal ein Traumpaar in unserer Show!«
    »Die passen aber auch wirklich gut zusammen!«, freute sich Kim. »So süß und so jung!«
    Nagen am Herzen fühl ich ein Gift mir. Ich konnte das nicht mehr ertragen. Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte mit Paulinchen auf den Parkplatz hinaus. Hier erst wurde mir klar, dass der Kinderwagen und der ganze Babykram noch drinnen war. In der Kneipe. Was nun? Noch mal reingehen? Da stand ich im Regen und dampfte vor Wut. Und wollte losheulen. Sofort! Aber die Schwäche konnte ich mir vor Melanie und Emil auf keinen Fall leisten.
    Ich hüllte das arme Kind in meine Jacke ein. Hoffentlich bequemte sich einer der Beiden mal langsam hinter mir her!

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