Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Karriere?«
»Sie sind die Aufsteigerin des Jahres, was sagen Sie dazu?«
»Sechzehn Millionen Menschen haben Ihre Sendung gesehen, Sie sind die Quotenkönigin der Fernsehlandschaft! Wie fühlen Sie sich jetzt, Frau Stein?«
»Werden Sie eine eigene Produktionsgesellschaft gründen?«
»Was sagen Sie dazu, dass man das Sendekonzept auf neunzig Minuten erweitern will?«
»Dürfen wir Sie für das Titelbild der ›TV Starren und Stieren‹ fotografieren?«
»Unsere Leser haben Sie nominiert für die ›Goldene Glotze‹, was sagen Sie dazu?«
»Wir hätten Sie gern als ›Lügpatin‹ in unserer beliebten Familienshow ›Lügen haben kurze Beine‹!«
»Dürfen wir bitte eine Homestory bei Ihnen machen? Wir bieten jedem Ihrer Kinder dafür einen Bausparvertrag!«
»Wir hätten Sie gern nackt, Frau Stein! Nackt auf einer Klippe!«
»Nackt auf keinen Fall!«, schrie Herr Bönninghausen dazwischen. »Wir haben hier superneue ›Wört-Flört‹-BHs und -Slips und für den Herrn die passenden Boxershorts!«
»Ja, aber nur, wenn ich vorher noch ein bisschen Maske machen kann!«, näselte Sascha dazwischen. »Beim Nabel und so kann man nicht einfach rumschlampen!«
In den nächsten Wochen standen wir auf jedem Titelblatt, saßen in jeder Talkshow und heimsten alle Preise ein, die die Fernsehlandschaft zu vergeben hatte. Niemand sagte mir mehr, ich sei eine schlechte Mutter, niemand kritisierte jemals mehr die »Wört-Flört«-Sendung, und keiner mokierte sich über meine Beziehung zu Emil. Im Gegenteil. »Jetzt ist sie endlich glücklich!« titelte die »Bunte« unter einem wunderschönen Foto von Emil und mir. Wir saßen engumschlungen im Wald und hatten beide die »Wört-Flört«-Pudelmütze auf. Die grüne. Der Designer hatte sich an dem Modell orientiert, das Emil uns vor einem Jahr aus Südafrika mitgebracht hatte. »Spätes Glück lässt die Moderatorin erblühen!« stand auf dem Titel von »Glück der Frau«. In der »Frau-Fit-Fun« sah man uns auf einem Tandem radeln, im Fitnessdress von »Wört-Flört«. Auf der »Meine Familie bin ich« hockten wir alle im Sandkasten und klopften Förmchen aus, auf denen »›Wört-Flört‹-Kids« stand. Im praktischen Ratgeber »Was koche ich heute?« waren wir alle an einem großen altmodischen Herd zu sehen mit Kochmütze auf dem Kopf und großer »Wört-
Flört«-Schürze um. Darauf stand: »Liebe geht durch den Magen!« Ich briet bei »Gerhardissimo« die »Partner-Boulette«, beim »Brat-mir-eins-Duell« das »Spiegelei-für-zwei«, und bei »Peep!« bereitete ich die »Pizza hot ’n sharp« zu. McDonald’s produzierte sofort einen Werbespot mit dem neuen »McWört-Flört«, den man von beiden Seiten gleichzeitig anknabbern konnte. Auf riesigen Plakatwänden bissen Emil und ich gierig in ein viereckiges Sesambrötchen mit Nougatcreme. Die »Gala« titelte »Karla Stein-jung und schön wie nie!« und zeigte mich in einem sündhaft teuren, enganliegenden Abendkleid, während Emil in Frack und Zylinder mir vierzig rote Rosen reichte. Auf Knien natürlich. Das satirische Schmierenblatt »Keine Panik« titelte »Blutjunger südafrikanischer Frosch verzaubert alterndes Aschenbrödel« und zeigte uns als verzerrte Märchenfiguren auf einem höhnisch grinsenden Pferd durch ein Papierherz reitend, auf dem natürlich »Wört-Flört« stand. Bei Harald Schmidt war ich jeden Abend Thema, immer wieder ergötzte sich der einfallsreiche Moderator an meinen Nacktfotos und an den heimlichen Videomitschnitten aus der Suite im Bayrischen Hof, und jedes Mal fiel ihm ein anderer voll lustiger Spruch ein. »Das verstehen die jungen Ausländer heute unter ›Tischlein, deck dich‹!« – »Nicht Tisch, nicht Fleisch!« – »Karla Stein, nicht mehr frisch, trotzdem auf den Tisch!« Das Publikum grölte und wieherte, und ich saß mit Emil zu Hause auf meinem Bett und lachte mich kaputt über soviel Wortwitz und Satire.
Alles in allem ein Riesenspektakel.
Wir genossen den Frühling, Emil und ich.
Jeden Morgen liefen wir gemeinsam durch den Stadtwald. Dabei hörten wir unentwegt unsere Schumann-Lieder. Im wunderschönen Monat Mai, als alle Knospen sprangen, da ist in meinem Herzen die Liebe aufgegangen …
Emil und ich hatten für Paulinchen eine klasse Joggingkarre gekauft, sodass wir sie zum Laufen mitnehmen konnten. Das Teil sah voll windschnittig aus – alle Jogger und Spaziergänger und Dobermänner, die uns entgegenkamen, bedachten das Gefährt mit bewundernden Blicken.
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