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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Regisseurin Tanja mit den vielen roten Löckchen klopfte dann und wann an die Tür: Sie sei jetzt soweit fertig für eine Probe.
    »Wir aber nicht!«, schnauzte Oda-Gesine, und Tanja zog sich hastig zurück. Nur der bayrische Aufnahmeleiter mit den Hirschhornknöpfen an der Joppe wurde von Oda-Gesine nicht angeschnauzt. Und Herr Bönninghausen natürlich auch nicht. Die Praktikantin Melanie steckte ihr bildschönes Antlitz zur Tür herein und meldete, »der Hansi« sei jetzt da und warte auf die Zusammenfassungen der Antworten.
    »Wenn wir noch keine Antworten haben, können wir die auch noch nicht zusammenfassen!«, blökte Oda-Gesine die arme Melanie an. Sie entwich erschrocken.
    Ich fragte mich besorgt, ob das denn jeden Tag so gehen solle, mit völlig überflüssiger Zeitverschwendung durch das Ansehen der schlechten Videos am Morgen und später mit gereizter Hektik beim Gespräch mit den mehr und mehr verstummenden Kandidaten. Mein Magen krümmte sich vor innerer Leere und murrte und knurrte. Aber ich hütete mich, in ein »Wört-Flört-Tört« zu beißen.
    Oda-Gesine hingegen mampfte ein »Wört-Flört-Tört« nach dem anderen. Das gab ihr ungeheure Energie und Aggression. Da waren bestimmt ganz viele Glutamate drin, die in ihr den Kampfhund weckten.
    Endlich standen wir im Studio. Mir tat der Hintern weh. Ich hatte sieben Stunden auf diesem Holzstuhl gesessen. Ob ich Silvia um ein Kissen bitten sollte? Aber sie würde fünfzehn verschiedene bringen, in achtzehn Farben aus zweiundzwanzig Ländern.
    Ich hatte ihr morgens mitgeteilt, wenn sie schon was für mich tun wolle, dann könne sie mir vielleicht so einen Klebestreifen zum Fliegentöten besorgen, den ich gerne in der nächsten Nacht von der Lampe meines Schmuddelhotels hängen lassen würde. Daraufhin war Silvia mit fünf verschiedenen Modellen klebriger Streifen für Stubenfliegen in meine Garderobe gekommen, die ich alle begutachten sollte. Und das vor zweiundzwanzig rauchenden Mitarbeitern.
    Ich flüchtete mich vor der übereifrigen Silvia auf die Toilette, aber sie folgte mir und rief durch den Türspalt, sie könne auch ein Raumspray für meine Stubenfliege besorgen, die gebe es in verschiedenen Duftsorten, auch gebe es diverse Fliegenklatschen in vielen bunten Farben, das war kein Problem, und ich schrie, ich würde lieber mit der Stubenfliege leben als mit Silvia, denn die Stubenfliege lasse doch wenigstens manchmal von mir ab. Ich ließ geräuschvoll die Wasserspülung rauschen, doch Silvia schrie dagegen an, um mir mitzuteilen, dass es jetzt völlig ungiftige Sprays gebe, die sicher auch dem Baby nicht schaden würden, und dann habe sie noch was gegen Ameisen und Spinnen mitgebracht, das sei alles kein Problem, und wenn ich eine Mausefalle bräuchte, tät ich’s nur zu sagen brauchen, DANKE, SILVIA, DANKE!
    Ich stob aus der Toilette und trollte mich in Richtung Studio. Dort wartete man bereits ungeduldig auf mich.
    Der bayrische Aufnahmeleiter mit den Hirschhornknöpfen schrie »Rruhe, do iss ssie, Ochtunk jetzt omol für eine Prrobe!«, und jemand steckte mir schnell ein Mikro an und fragte mich, ob ich »das« heute Abend auch tragen würde. Ich bedauerte, »das« heute Abend leider nicht tragen zu dürfen, weil Frank mich ganz anders verkleiden wolle. Und dann kam der Rolf und raunte: »Also die Anmod wie gestern besprochen, aber vergiss ›Wört-Flört‹ nicht, der Bönninghausen von ›Nesti-Schock‹ sitzt wieder hier rum, und die Oda-Gesine ist voll nervös!«
    Ach, Gott. Der Herr Bönninghausen hatte mir noch gefehlt.
    »Können wir jetzt endlich?«, fragte die Regisseurin Tanja durchs Saalmikrofon, und ich hetzte auf den Punkt, den sie mir mit Tesafilm markiert hatten: Anmod in die Eins. Ich winkte all den Pepis und Seppis und Mannis und Ollis zu, die die Kameramänner und Beleuchter und Kabelträger und Tonmischer waren, und war stolz darauf, all ihre Namen behalten zu haben, und versuchte, keinem Bayern zu gefallen, besonders nicht dem böse blickenden Mann mit den Hirschhornknöpfen. Ach, wie war das alles schwierig!
    Maik rannte verängstigt mit seinem Pappschild hin und her, auf dem die unwitzige Anmoderation mit dem alten Ehepaar stand, das immer noch getrennt voneinander essen ging. Er suchte einen geeigneten Punkt, wo er stehen konnte, ohne dass die Kameras ihn überrollten, ohne dass er im Bild war und ohne dass ich sein Schild nicht lesen konnte.
    Ich bedeutete ihm, dass er sich entspannen könne, weil ich mich in der Lage

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