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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Kopf.
    »Wir hatten schon gedacht, du impfst hier die Kandidaten«, feixte Tanja. »Die arme Oda-Gesine wollte sich schon die Kugel geben!«
    »Quatsch«, sagte Oda-Gesine. »Ich habe nie geglaubt, dass Karla so blöd ist, sich selbst ins Aus zu katapultieren.«
    Ich lachte, während ich aufstand, um zu Dietmar und seiner Honda zurückzugehen.
    »Du hast zwei nasse Flecken auf dem Busen«, sagte die übereifrige Silvia, als ich mich an ihr vorbei schob. »Ich bring dir geschwind einen Lappen, dann kannst du’s auswaschen. Brauchst a warmes Wasser oder a kaltes?«
    »Jetzt lasst die arme Karla halt erst ihr Baby stillen«, dröhnte Oda-Gesine, während sie mir herzlich ihre Pranke auf die Schulter schlug. »Du machst das schon, Schätzchen! Ich glaube an dich!«
    Ich flüchtete in Emils Garderobe und ließ mich völlig entkräftet auf sein Sofa fallen.
    »Gib mir das Paulinchen, auch wenn es schläft!«
    Emil ließ seinen Krimi sinken. »Du bist ganz weiß um den Mund!«
    »Her mit dem Kind!«
    Ich riss mir den Pullover hoch. Aus beiden Brustwarzen schoss die Milch in mehreren dünnen Strahlen. Emil starrte entgeistert darauf.
    »Los! Worauf wartest du?«
    Emil nahm behutsam das schlafende Baby aus dem Kinderwagen und legte es mir in die Arme. Ich drückte dem unschuldigen Paulinchen die Warze in den Mund. Das Säugetierchen begann sofort zu trinken.
    Lange halte ich das nicht mehr aus, dachte ich. Diese Lügerei und Heuchelei ist nicht mehr lustig.
    Emil nahm eine frische Stoffwindel und wusste nicht, was er damit machen sollte. Aus meinem freien Busen schoss ein dünner Strahl. Emil wollte mir den Lappen reichen. Aber ich hatte keine Hand frei. Da saß ich nun, der zwanzig Jahre jüngere Bengel in Turnschuhen und löchrigen Jeans tupfte mir erschrocken und verunsichert die Augen und die Nase, und als alles nichts half, hielt er die Stoffwindel auf meinen Busen.
    Ach, Emil, dachte ich. Was wirst du mal für ein Klassemann. Schade, dass ich das nicht mehr erleben darf.

Zum Ende der zweiten Aufzeichnungsstaffel hatten wir zwanzig Sendungen im Kasten.
    Am Abreisetag bat ich Oda-Gesine noch einmal um ein Gespräch.
    »Zum ersten möchte ich dich bitten, dass ich diese Videos nicht mehr anschauen muss«, sagte ich mit fester Stimme. »Es bringt nichts, drei Stunden lang auf den flimmernden Bildschirm zu starren, auf dem nur Köpfe auftauchen und wieder verschwinden. Meine Konzentration ist dadurch bereits mittags erschöpft.«
    »Geht klar, Schätzchen«, sagte Oda-Gesine. »Schlaf dich demnächst morgens lieber aus, und mach dir mit deinem Boy einen netten Vormittag.«
    Punkt. Fertig. So war Oda-Gesine. Kein »Wenn« und kein »Vielleicht doch« und »Warum nicht« und »Du musst« und »Du hast dich gefälligst anzupassen«.
    »Zweitens: Die Garderobe passt nicht zu mir«, stellte ich fest. »Und die Maske auch nicht. Ich fühle mich verkleidet, und die Zuschauerbriefe und Bewertungsbögen geben mir recht!«
    Eigentlich wollte ich noch »Drittens möchte ich ein anderes Hotel« sagen und mich dann dezent verabschieden, aber dazu kam es nicht mehr.
    Oda-Gesine wurde rot vor Wut. »Verdammt noch mal! Jetzt stauch ich aber Sascha und Frank zusammen! Die zwei Kerls sollen dich trendy anziehen! Das gibt jetzt aber Ärger!«
    »Bitte nicht! So hab ich das nicht gemeint. Die Beiden geben sich unheimlich Mühe!« Unheimlich, fand ich, war hier genau das richtige Wort. »Außerdem bin ich wirklich ein schwieriger Fall.«
    »Quatsch, dafür sind die Bengels da, dass sie dich superschick und mega-trendy rausputzen. Was glaubst du, was ich denen zahl!«
    Das wollte ich lieber gar nicht wissen. Wenn ich daran dachte, dass der Frank für die ersten zwölf Sendungen vierzigtausend Mark nur für Garderobe ausgegeben hatte!
    Und die hing jetzt da, die Garderobe. Samtanzug an Samtanzug. Größe vierundvierzig. Niemand würde die Sachen je wieder anziehen. Ich am allerwenigsten. Allein in dieser einen Woche hatte ich vier Kilo abgenommen.
    »Die Kerls sollen dich girliemäßig stylen. Das hab ich denen eingehämmert!«
    »Aber ich BIN kein Girlie. Und ich war auch nie eins! Bitte! Lass mich beim nächsten Mal meine eigene Garderobe anziehen.«
    »Was willst’n dir an den Leib hängen?«
    »Was Unkompliziertes. So wie ich bin halt. Ohne Firlefanz. Ich hasse Ohrgehänge, die baumeln, Modeschmuck, der immer verrutscht, Halstücher, die das Mikro verdecken und Störgeräusche machen, Blusenkragen, die mich brav wie eine Hausfrau im

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