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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Bursche, dieser Engelbert!
    Oda-Gesine hatte aber keinen Sinn für Engelberts Humor.
    »Das geht ganz klar auf dein Konto, Sascha! Pflaumenbäckig! Was benutzt du denn für’n Rouge!«
    »Alles Dior«, stammelte Sascha. »Die dezentesten Töne! Wie abgesprochen!«
    »Es sieht anscheinend SCHEISSE aus! Und hier: Wolfgang Frank aus Saarbrücken: ›Karla Stein verkörpert den mütterlichen Typ, gebt ihr eine Sendung, die zu ihr passt, zum Beispiel Kochen!‹
    Oder hier: Margot Reim aus Usingen: ›Karla Stein zu großmütterlich!‹ Genau in das Horn haben sie vor fünfundzwanzig Jahren geblasen. Aber HEUTE DOCH NICHT MEHR!
    Oder hier! Postkarte aus ›Haus Waldfried« in Gengenbach, was auch immer das ist, vielleicht ’ne Schönheitsfarm oder so was. ›Wer hat Karla Stein hergerichtet? Wer ist dafür verantwortlich? Bitte veröffentlichen Sie diesen Nahmen!‹ Mit h schreibt die das. So empört ist die.
    Ein Gymnastikkurs aus Bochum: ›Diese Mami soll wieder zu ihren Kindern gehen! Wir wollen einen Charmeur mit Akzent!‹ Mami! Mami ist als Schimpfwort zu verstehen! Nicht etwa als Hochachtung von Frau zu Frau! Und daran SEID IHR SCHULD, IHR UNFÄHIGEN BURSCHEN!
    Und hier ein letzter Brief, von Babette Weber aus Tübingen: ›Karla Stein könnte, so wie sie aussieht, gut Biberbettwäsche in schwäbischen Kleinstädten verkaufen oder eine engagierte Oberlehrerin mit dem Drang zum Weltverbessern spielen.‹ Das soll reichen!«
    Oda-Gesine schnaufte. Peinliche Stille herrschte.
    Ich mochte auch nicht mehr lachen. So sehr ich Biberbettwäsche liebe. Und Oberlehrerinnen auch.
    Soviel geballte Entrüstung! Nicht, dass ein Bürgerkrieg ausbrach!
    »Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand«, heulte Sascha los. »Ich kann doch nicht hingehen und eine vierzigjährige Moderatorin wie ein Girlie herrichten! Zumal sie echt viel zu fett ist. Sorry. Das musste ich jetzt einfach mal sagen!«
    Vierzig. Fett. Er hatte es gesagt. Es musste einfach mal die Wahrheit ausgesprochen werden.
    Ich tätschelte ihm tröstend den Arm. »Mach dir nichts draus, Sascha.« Ich kramte nach einem Tempotaschentuch und wischte ihm die Augen. Gott, was hatten wir hier alle schon geweint! Dabei war »Wört-Flört« doch eine lustige Sendung, heiter, jung, trendy!
    Aber Frank weinte auch, bittere Tränen. Er sah aus wie Rotkäppchen mit seinem roten Kopftuch und seinen roten Bäckchen. »Wenn ihr mich nicht mehr braucht, müsst’s ihr nur sagen! Bitte! Ich kann auch gehen! Ich will hier keinen schlechten Job machen, wenn die Leut das nicht mögen, bitte, ich geb hier mein Bestes, ich streife unentwegt durch die Geschäfte und geb ein irres Geld aus, so viel verdien ich in drei Jahren nicht, was ich hier für Halstücher und Riemchensandaletten ausgeb, alles immer aus der neuesten Kollektion, alles nur edle Marken vom Feinsten, Designer, voll abgehoben, voll teuer, aber bitte, ich kann’s auch lassen, soll die Karla in Privatklamotten rumlatschen, ich muss ja nicht vor die Kamera, die Karla muss ja …«
    Ich tätschelte mit der freien Hand auch noch Frank. »Nicht weinen, Frank. Du gibst dir alle Mühe, ich weiß! Vielleicht kombinieren wir nächstes Mal ein paar Klamotten von dir und einige von mir. Wirst sehen, wenn wir in vier Wochen wieder drehen, hab ich noch mal vier Kilo abgenommen.«
    »Tja«, schniefte Frank gekränkt, »dann werd ich’s noch mal mit dir versuchen. Aber nur einmal! Wenn dann wieder solche Briefe kommen, geh ich eben!«
    Oda-Gesine mampfte Nougatriegel. »Also, ich hab jetzt keine Lust mehr auf dieses unerfreuliche Thema. Du kaufst noch modernere Klamotten, zwei Nummern kleiner als bisher, du besorgst dir Schminkzeug, das nicht nach Pflaumenbacke aussieht, und du nimmst bis zum nächsten Mal sechs Kilo ab.« Sie schüttelte mir den Oberarm.
    »Das dürfte knapp werden, in vier Wochen …«
    »DU NIMMST AB!«
    »So schnell geht das nicht …«
    »DOCH! Tust halt nix mehr essen, einfach NIX, verstehst!« Oda riss einem »Wört-Flört-Tört« die Kleider vom Leib und stopfte es ärgerlich in den Mund.
    »Aber ich stille ein Baby!«
    »Dann stillst eben nimmer!«
    »WAAS ? Aber DU hast doch gesagt, ich kann stillen, solange ich will!«
    »Das interessiert doch die Leut nicht, Herrschaftszeiten! Und mich auch nicht! Was meinst du, warum ich dir so viel Geld zahl …!«
    »Du verlangst also von mir, dass ich abstille?«
    »Das ist mir völlig egal, was du machst. Schlepp dein Baby mit dir rum und deinen Boy auch, da hab

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