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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Schnuller in das noch nicht satte Mäulchen, ließ meinen Stillbusen wieder in seinen »Brustbeutel«, wie Katinka immer sagte, plumpsen und ließ den Motor an. Vorbei an den ziemlich verdutzten Arbeitern bretterte ich über den Parkplatz in Richtung Tunneleingang.
    Und tatsächlich. Da kam uns Emil schon entgegen. Er hatte die Kapuze über die Schirmkappe gezogen, die Hände in den Taschen seines Sweatshirts vergraben und ging, den Blick zur Erde gesenkt, mitten über die menschenleere Autobahn. Es wurde gerade hell. Seine Silhouette spiegelte sich in der nassen Straße. Es war ein merkwürdiges Bild, wie er da auf mich zukam. Im Hintergrund der Tunneleingang, der ihn umrahmte. Ich hielt an und drückte ihm die Beifahrertür auf.
    »Na, Emil, hattest du einen netten Spaziergang?«
    »Jou.«
    »Wo bist du gewesen?«, fragten die Kinder vorwurfsvoll.
    »Ich habe durch den Tunnel gelauft«, sagte Emil.
    »DURCH den Tunnel?«, fragte ICH entsetzt.
    »Yes, Mam.«
    Ich starrte Emil an. »Aber warum? Ich meine, warum bist du durch den Tunnel gelaufen?«
    »Ich wollte wissen, was ist das für ein Gefühl.«
    »Aber das war gefährlich! Sie bauen da irgendwas! Du hättest in die Luft gesprengt werden können!«
    »Das war mir egal.«
    Emil nahm gedankenverloren die leere Thermoskanne und drehte mit blaugefrorenen Händen sinnlos daran herum. Er sah mich mit halb trotzigem, halb hilflosem Blick an. Du milchjunger Knabe, wie schaust du mich an? Was haben deine Augen für eine Frage getan? Um die Lippen herum war er ganz weiß.
    »Und? Wie geht es dir jetzt?«, fragte ich.
    »Gut«, sagte Emil knapp. »Und dir?«
    »Auch gut«, sagte ich. »Mir ist es nie so gut gegangen. Also. Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Vormittag?«
    Emil zuckte die Schultern. »Fahren wir noch mal zur alten Brücke?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich weiß was Besseres. Schnall dich an.«

Zwei Stunden später bestiegen wir in Interlaken den Zug. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, Emil und den Kindern die Jungfrau zu zeigen. Den höchsten Berg Europas. Während wir es uns im Zug bequem machten, packten wir aus Tüten frische Croissants und Hörnli und Weggeli aus, die ich noch auf die Schnelle besorgt hatte. Nach der durchwachten Nacht mochte ich noch nicht fasten. Ich hatte das Gefühl, dass wir alle eine Stärkung brauchen konnten. Den Kinderwagen hatten wir im Auto gelassen. Das Paulinchen lag schlafend wieder mal in Emils Armen, während ich Katinka auf dem Schoß hielt. Katinka roch an ihrem Schnuller. Die Jungen lümmelten beinebaumelnd am Fenster und stopften ihre Brötchen in sich hinein. Ob sie es zu schätzen wissen würden, was ihnen jetzt geboten wurde? Ob sie ahnten, dass sie an einem der wunderbarsten Orte der Welt sein würden?
    Bestimmt würden mich alle für verrückt halten, wenn sie wüssten, was ich vorhabe, dachte ich. Aber es weiß ja keiner. Nur ich.
    Das schlechte Wetter hatte sich verzogen. Unter tiefblauem Herbsthimmel zogen bunte Bäume und Büsche vorbei, hübsche, saubere Häuschen und Gärten voller spätblühender Blumen. Stell auf den Tisch die duftenden Reseden, die letzten roten Astern trag herbei …
    War das erst drei Stunden her, dass wir frierend und angsterfüllt auf dem verregneten, kalten Parkplatz am Gotthard gestanden und mit den Waldschraten diskutiert hatten? … und laß uns wieder von der Liebe reden, wie einst im Mai …
    Unser Züglein ratterte durch Lauterbrunnen und immer weiter bergan, bis wir nach einiger Zeit an der Kleinen Scheidegg ankamen.
    »Hier müssen wir umsteigen«, erklärte ich.
    Emil band sich das nur kurzzeitig erwachende Paulinchen vor den Bauch, ich half ihm beim Schließen der Gurte, dann schnappte ich mir Katinka und scheuchte meine faulen Jungs vor mir her.
    Wir bestiegen ächzend die Zahnradbahn, die uns zum Jungfraujoch hinauffahren sollte. Sie war brechend voll mit Japanern und Amerikanern, die schlauerweise sehr bald nach dem Losfahren einschliefen. Es war auch nichts mehr zu sehen: Wir tauchten ein in einen endlosen Tunnel aus schwarzem Stein.
    »Mama! Das ist voll langweilig!«, stellte Karl fest.
    »Mach die Augen zu, mein Schatz. Schlaf ein Weilchen.«
    »Voll ungeil!«, maulte auch Oskar. »Und was soll ich jetzt machen?«
    »Nachdenken«, sagte ich. »Ich tu’s auch.«
    »Die spinnt voll, die Mama«, befand Oskar und kramte in seinem Rucksack nach seinem Gameboy.
    Katinkalein kringelte sich auf meinem Schoß zusammen.
    Emil schaute unentwegt aus dem Fenster. Auch

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