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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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es?«
      »Das war gegen sechs Uhr abends, ungefähr eine Stunde, bevor ich in der Kneipe noch mal was gegessen habe.«
      »Was geschah dann?«
      »Dann ging ich ihm nach, um die Hausecke rum. Er war auf einen Erdwall geklettert, sah mich an und verschwand. Ich hinter ihm her. Da war wieder so ein leerstehendes Haus. Er stand darin und schoß mit einer Pistole auf ein großes Stück Pappe am anderen Ende.«
      »Hat er etwas gesagt?«
      »Wieder nichts. Er stand da und schoß. Und er sah genau, daß ich ihm zuschaute. Es war irgendwie so, als wäre er nicht von dieser Welt. Ich habe mich auch kein bißchen bedroht gefühlt.«
      »Was hast du gesagt?«
      »Ich habe gefragt: Was machen Sie denn da? Dann habe ich mir selbst geantwortet: Dumme Frage, Sie schießen. Er sah mich nur an und sagte immer noch nichts. Da bin ich dann weggegangen.«
      »Ich glaube, du müßtest mir allmählich die Geschichte des Generals erzählen.«
      »Es ist eine gute Geschichte, und ich will nicht, daß sie in den Dreck gezogen wird.«
      »Ich ziehe sie nicht in den Dreck.«
      »Journalisten ziehen alles in den Dreck.«
      »Hör auf mit diesen dämlichen Schlagworten. Du kennst mich nicht, also sag so etwas nicht.«
      »Du kennst mich nicht und hast gesagt, ich sei eine Streunerin und klappere meine Liebhaber ab.«
      »Das war nicht gut, das tut mir leid. Ich will nur herausfinden, wer den General getötet hat.«
      »Aber das weiß ich doch. Ich weiß doch, weshalb er umgebracht wurde.« Sie hatte ganz große, flehende Augen.
     
     

* Viertes Kapitel
     
    Wir gingen in den Garten und ließen uns unter dem Apfelbaum nieder. Wir machten alles sehr umständlich, wie es Leute so tun, die hilflos sind. Wir breiteten sorgfältig zwei Wolldecken aus, wir besorgten zwei Aschenbecher, zwei Flaschen Mineralwasser. Dann endlich:
      »Leg los, weshalb wurde er umgebracht? Und gleich die wichtigste Zusatzfrage: Wenn du so sicher weißt, weshalb er umgebracht wurde, von wem wurde er umgebracht?«
      »Na ja, von den Eisenfressern aus Brüssel.« Sie sah mich nicht an. Sie lag auf der Seite, aufgestützt auf den linken Arm, und starrte in den Garten meines Nachbarn hinüber, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen.
      »Du meinst von den Leuten der NATO?«
      »Ja sicher.«
      »Und warum sollen diese heiligen Militärs das getan haben?«
      Sie lächelte, es war wie ein Glitzern auf einem stillen Wasser.
      »Sie tun so etwas nicht selbst, sie lassen es tun.«
      »Gut. Nehmen wir an, sie haben den Mord bestellt. Weshalb?«
      »Weil Otmar ihnen in die Quere kam. Weil er sagte, was sie seit Jahrzehnten für einen Mist gebaut haben. Er sagte, daß sie ihre Parlamente immer wieder übers Ohr gehauen haben, damit die ihnen möglichst viel Waffen kauften, weil sie die Bedrohungslage erfunden haben ...«
      »Moment, Moment, nicht so schnell. Du bist wie der Entertainer, der die Witze erzählt und die Gags vergißt. Otmar Ravenstein ist nicht der erste General, der die NATO kritisiert, und er ist nicht der erste General, der deshalb kaltgestellt wurde. Niemand wird auf die Idee kommen, ihn deshalb erschießen zu lassen, auch wenn ein toter General sicher ein bequemer General ist. Außerdem ist die Öffentlichkeit zu groß, meine Kollegen passen gut auf.«
      »Ach nee.« Sie grinste ohne jede Heiterkeit. »Du hast erlebt, wie er umgebracht wurde und wie sofort die totale Nachrichtensperre kam. Große Öffentlichkeit? Nein, mein Lieber, bleib auf dem Teppich!«
      »Du behauptest also, daß die NATO-Leute ihn umbringen ließen, aber du hast keine Beweise?«
      »Es muß so sein. Er hat nämlich berechnet, daß in jedem NATO-Land mindestens zwanzig Prozent des Verteidigungsetats absolut unsinnig sind. Das sind viele Milliarden Dollar. Ich kann mir vorstellen, daß Generale ziemlich gemein werden, wenn jemand ihnen das Spielzeug klauen will.«
      »Das leuchtet ein, aber bestellter Mord? Und außerdem war dieser General aus dem Geschäft raus, er hat den Dienst quittiert...«
      »Einspruch. Otmar Ravenstein war gerade erst dabei, wirklich gefährlich zu werden.«
      »Woher weißt du denn das, wenn du dich nicht einmal getraut hast, zu ihm zu gehen und ihn anzupumpen? Am besten erzählst du deine und des Generals Geschichte von Anfang an. Deine Behauptung, die NATO habe ihn umlegen lassen, wird nie zu beweisen sein und widerspricht jeder Erfahrung.«
      »Barschel widersprach

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