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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hier. Abends, so gegen sieben. Sie sah schlimm aus. Sie hat hier irgendeine Kleinigkeit gegessen. Dann ist sie weggegangen. Zu Fuß. Komisch, dachte ich noch. Ja, und dann noch dieser Mann hier, und der, und der. Aber nicht gestern, sondern vorher. Ich dachte, das ist die ... die Wache für den General.«
      Ich machte meine Kreuzchen, dann fuhr ich auf dem schnellsten Weg nach Hause. Die Landschaft schwelgte in der Sonne, der Tod wollte genausowenig passen wie gestern - aber vielleicht macht gerade das ihn aus.
      Germaine Suchmann lag im Garten unter dem Pflaumenbaum. Sie hatte sich eine Wolldecke auf den Rasen gelegt und einen Bikini angezogen.
      »Hallo«, sagte ich, »wie war der Zahnarzt?«
      »Sehr gut«, antwortete sie träge. Mehr denn je erinnerte sie mich an eine Katze. »Er hat mir einen Ersatzzahn verpaßt. Und wo warst du?«
      »In der Gegend.« Ich setzte mich ins Gras, stopfte mir eine Pfeife und paffte vor mich hin. »Woher kamst du eigentlich gestern abend, als du am Haus des Generals aufgekreuzt bist?«
      »Aus Bonn«, sagte sie.
      »Wie? Mit dem Bus?«
      »Wieso mit dem Bus?« Sie hielt die Augen geschlossen und wirkte ganz ruhig.
      »Nun ja, Eisenbahnen gibt es dort oben nicht. Nur Busse. Bestenfalls zweimal am Tag. Also wie?«
      »Anhalter«, sagte sie. »Habe ich dir doch erzählt. Sag mal, ist das ein Verhör?«
      »Komm mit, ich muß dir etwas zeigen.« Ich ging vor ihr her durch den Garten und um das Haus herum. Im Flur drehte ich mich um. »Mach bitte die Tür zu.« Sie schloß die Tür. »Setz dich auf das Sofa da.« Sie setzte sich folgsam auf das Sofa und sah mich an, als erwarte sie eine Strafpredigt.
      »Wann bist du hier in der Gegend angekommen?«
      »Kurz bevor ich beim General eintrudelte«, murmelte sie, ohne mich dabei anzusehen. »Er hatte mich für den Abend eingeladen, und ich hatte mich verspätet. Dann hat mich irgendein Typ mitgenommen, einer mit einem Käfer-Kabrio. Das kann höchstens zehn Minuten vorher gewesen sein, bevor ich bei... bei dieser Versammlung eintraf.« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Was willst du mir zeigen?«
      Ich ging hin und her. »Es fällt mir ziemlich schwer, mich zusammenzureißen. Ich bin wütend. Ich weiß nämlich, daß du mindestens seit dem Mittag dort gewesen bist. Ich habe Zeugen. Du hast dann im Restaurant an der Hohen Acht gegessen. Um siebzehn Uhr warst du noch mal in derselben Kneipe. Da ist das mit dem Zahn passiert, nicht auf der Autobahn. Dann bist du um neunzehn Uhr in einer Gaststätte in Kaltenborn gewesen, kaltes Abendbrot... Sag mal, da mußt du doch Schwierigkeiten beim Essen gekriegt haben?«
      »Na und?« Sie sah so aus, als hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen.
      »Der General wurde gegen zwanzig Uhr erschossen. Du warst da, ganz einfach. Du lügst, du lügst kreuz und quer...«
      »Es geht dich nichts an«, sagte sie leise und hart. »Ich habe ihn nicht erschossen. Ich war da, aber ich habe ihn nicht erschossen.«
      »Vielleicht lügst du jetzt schon wieder.«
      »Weiß die Polizei Bescheid?«
      »Nein, aber es wird nicht lange dauern, bis sie es weiß. Warum lügst du mir die Hucke voll?«
      »Es geht dich absolut nichts an«, stellte sie noch einmal trotzig fest.
      »Lieber Himmel, bist du verrückt? Otmar Ravenstein wird erschossen, einer der wichtigsten Generale in der NATO. Du warst um die Tatzeit an seinem Haus, und du sagst, es geht mich nichts an. Mich, der ich ihn gefunden habe.«
      Sie schwieg und hielt den Kopf gesenkt.
      Ich überlegte.
      »Komm mit. Ich muß einen Film entwickeln und dir zwei Männer zeigen.«
      Wir gingen in das Badezimmer hinauf, ich dunkelte ab, knipste das Rotlicht an und entwickelte den Film. Mir war elend, und ich sprach nicht. Die Fotos vom alten Mattes und von Carlo waren gut geworden. Die ganze Zeit stand Germaine schweigend hinter mir. Ich vergrößerte die Köpfe mit den scheußlichen Wunden in der Stirn. Dann sagte ich: »Gehen wir wieder hinunter.«
      »Wieso mußte ich mit in dieses Badezimmer kommen?« Sie war aggressiv.
      »Ich wollte, daß du das siehst.«
      Sie nickte langsam und erwiderte nichts. Unten legte ich ihr die Fotos auf den Schreibtisch. »Setz dich hin und sieh sie dir jetzt genau an. Kennst du die Männer, oder einen von ihnen?«
      Ich sah von der Seite, wie sie die Augen schloß, wie sich ihre Hände zu Fäusten krampften und wie sie dann, als müsse sie angreifen, die

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