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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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gesagt.«
      »Ich wußte es nicht.«
      »Wie soll ich weiter überlegen, wenn ich nicht einen kompletten Lebenslauf von ihm habe?«
      »Damit kann ich dienen«, meinte Isolde fast heiter. »Den kann ich auswendig, mit jedem Datum. Das habe ich jährlich zweimal in sechsfacher Ausfertigung schreiben müssen.«
      »Wie gut«, sagte ich. »Können wir heimfahren?«
      »Können wir nicht irgendwo einen Kuchen essen?« fragte Isolde beschwingt. Offensichtlich dachte sie, der Fall sei für mich noch nicht endgültig vom Tisch. Sie hakte Germaine unter, und sie gingen zum Wagen. Ich hörte Isolde laut sagen: »Nicht wahr, es ärgert uns schon ein wenig, daß er aufgegeben hat.« Germaine antwortete: »Ach, laß ihn doch, ich kann es ja manchmal verstehen.«
      Ich fuhr sie also zum Restaurant an der Hohen Acht, und während sie gutgelaunt Kaffee tranken, fühlte ich mich hundsmiserabel.
      »Ich will es noch einmal zu erklären versuchen«, sagte ich lahm. »Ich habe Erfahrungen mit Geheimdiensten gesammelt. Die verprügeln mich nicht, weil ich gefährlich bin, sondern weil sie noch weniger wissen als ich und total frustriert sind.«
      »Das hast du uns ja schon erklärt«, meinte Germaine mit vollem Mund. »Wir sind doch nicht begriffsstutzig.«
      »Lieber Himmel, hör doch auf mit deinen schnippischen Bemerkungen.« Isolde lächelte wissend.
      »Was würdest du denn wissen wollen, wenn du weiter im Rennen bleibst?« fragte Germaine so beiläufig, als wäre ich nicht gerade aus der Haut gefahren.
      »Ich hätte nur eine Frage: Welche Spur ist wirklich wichtig?«
      »Aber so viele Spuren gibt es doch gar nicht.«
      »Germaine Suchmann, ich habe dich für klug gehalten. Überleg einmal: Das alte Gutachten, das neue Gutachten, die SPD, seine Erben, Carlo, der alte Mattes. Wir behaupten immer, der alte Mattes wurde aus Versehen erschossen, weil er dem Mörder begegnete. Kann es nicht auch sein, daß es einen ganz anderen Grund gab, ihn zu töten? Wir behaupten einfach, der junge Carlo sei getötet worden, weil er dem Mörder begegnete. Ist das so? Kann es nicht sein, daß Carlo den Mörder sehr gut kannte? Wir gehen davon aus, daß Carlo nichts mit dem General zu tun hatte, aber woher wissen wir das eigentlich?«
      »Ja, Kindchen«, meinte Isolde da mit Unschuldsmiene, »das ist ja nun wirklich Quatsch. Der General kannte den Carlo doch!«
      »Wie bitte?« fragte Germaine in die Stille.
      »Na ja, der Carlo sauste doch immer durch die Wälder hier. Da haben sie sich irgendwann mal kennengelernt.« Sie saß da und strahlte Gelassenheit aus.
      »Moment mal, Isolde.« Ich ahnte Unheil. »Nehmen Sie das jetzt nur an, oder wissen Sie das?«
      Sie senkte den Blick. »Etwas weiß ich ja schon.«
      »Was denn?« fragte ich scharf.
      »Der General hat den Jungen gekannt. Sie haben miteinander gesprochen. Ich würde sagen, sie mochten sich.«
      »Was noch?«
      »Wie, was noch?«
      »Woher wissen Sie das, Isolde?«
      »Na ja, er schrieb mir einen Brief. Der General, meine ich.«
      »Wo ist der Brief?«
      »In meinem Koffer in Ihrem Haus.«
      Dann herrschte Stille.
      Germaine sagte vorsichtig: »Baumeister, Seepferdchen steckt nicht in deiner Haut. Außerdem war die Bekanntschaft mit Carlo wahrscheinlich das Übliche: Man kennt sich, man trifft sich, wie das eben so ist...«
      »O nein, das nun wirklich nicht!« Isolde war richtig empört. »Im September wollten die beiden doch zusammen ins Tessin fahren, Urlaub machen.«
      »Aha«, sagte ich. Ich brauchte eine volle halbe Minute, um mich zu sammeln. »Es würde mich nicht wundern, wenn Sie in zwei Jahren zufällig zugeben, daß Sie in Washington das Gutachten Ihres Chefs geklaut haben.«
      Isolde zuckte zusammen. »Einmal muß es ja raus«, hauchte sie schließlich und hielt die Augen gesenkt. »Das habe ich ja auch. Wissen Sie, der Chef war in diesen Dingen so schrecklich unpraktisch. Und er ärgerte sich, daß alle Geheimdienstfritzen sein Gutachten kannten. Ich ging also in Washington in die Botschaft, weil ich den Bürovorsteher... na ja, ich kannte ihn eben gut. Dann tauschte ich das Gutachten gegen leere Seiten aus, und das war's.«
      »Und Sie gaben es dem General?«
      »Na sicher. Und er schickte es an einen Freund bei der SPD. Und nun denken Sie nicht, ich wüßte, wer das war. Ich weiß es nicht, ich kann ja nicht alles wissen.«
      »Sagen Sie mal, als das Gutachten verschwand,

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