Der Genesis-Plan SIGMA Force
dem Bett.
Painter wäre an seiner Stelle auch nicht sitzen geblieben und hätte Däumchen gedreht.
22:22
Himalaya
»Wir müssen Ruhe bewahren«, sagte Painter. »Wir dürfen uns nicht von der Stelle bewegen.«
Das unheimliche Licht flammte auf und brachte den gefrorenen Wasserfall zum Funkeln, dann erlosch es wieder, lautlos und winterlich kalt. In der nachfolgenden Dunkelheit wirkte die kleine Höhle, in der sie saßen, kälter und unwirtlicher als zuvor.
Lisa rückte näher an Painter heran. Sie ergriff seine Hand und drückte sie so fest, dass das Blut daraus wich.
»Kein Wunder, dass sie darauf verzichtet haben, uns zu verfolgen«, flüsterte sie atemlos vor Angst. »Warum im Schneesturm umherirren, wenn sie bloß die verdammten Lichter anstellen müssen, um uns auszulöschen? Davor können wir uns nicht verstecken.«
Painter musste ihr recht geben. Wenn sie den Verstand verlören, würden sie vollkommen hilflos sein. Dann würden die Eiseskälte und die unwirtliche Landschaft sie ebenso sicher töten wie die Kugel eines Scharfschützen.
Dennoch wollte er die Hoffnung nicht aufgeben.
Bis bei ihnen der Wahnsinn ausbrach, würden noch Stunden vergehen. Diese Zeit mussten sie nutzen. Wenn es ihnen gelang, rechtzeitig einen sicheren Ort zu erreichen, ließe sich der Ausbruch des Wahnsinns vielleicht verhindern.
»Wir schaffen das schon«, sagte er lahm.
Das irritierte sie nur noch mehr.
»Und wie stellen Sie sich das vor?«
Als das Licht abermals aufflammte und die Höhle auffunkelte, als bestünde sie aus Diamant, wandte sie ihm das Gesicht zu. Sie wirkte gefasster, als er befürchtet hatte. Sicherlich hatte sie Angst – und das aus gutem Grund –, doch es lag auch ein diamanthartes Funkeln in ihren Augen.
»Behandeln Sie mich nicht wie ein Kind«, sagte Lisa und ließ seine Hand los. »Mehr verlange ich gar nicht.«
Painter nickte. »Wenn diese Leute glauben, dass die Strahlung oder was auch immer uns töten wird, werden sie in ihrer Wachsamkeit nachlassen. Wenn der Sturm sich gelegt hat, können wir …«
Plötzlich durchschnitt eine Gewehrsalve die winterliche Stille.
Painter wechselte einen Blick mit Lisa.
Es klang ganz nah.
Wie zum Beweis durchschlug eine Kugel die Eiswand. Painter und Lisa wichen zurück, die schützende Decke glitt zu Boden. Sie drückten sich an die Rückwand der kleinen Höhle. Es gab kein Entkommen.
Painter aber war noch etwas anderes aufgefallen.
Diesmal war das Licht nicht wieder erloschen. Der erstarrte Wasserfall verstrahlte noch immer ein tödliches Funkeln. Sie waren in dem Licht gefangen.
»Painter Crowe!«, rief eine megaphonverstärkte Stimme. »Wir wissen, dass Sie und die Frau da drin sind!«
Es war die Stimme einer Frau. Außerdem hatte sie einen Akzent.
»Kommen Sie raus! Mit erhobenen Händen!«
Painter drückte Lisas Schulter und legte so viel Ermutigung in die Geste, wie er es vermochte. »Bleiben Sie hier.«
Er zeigte auf die abgelegten Kleidungsstücke und bedeutete Lisa wortlos, sie solle sich wieder anziehen. Dann zog er die Stiefel an, stellte sich vor die Lücke im Eis und streckte den Kopf hindurch.
Wie so häufig im Gebirge hatte sich der Sturm ebenso rasch gelegt, wie er aufgekommen war. Am tiefschwarzen Himmel leuchteten Sterne. Die Milchstraße wölbte sich über dem verschneiten Tal. Stellenweise hing Eisnebel in der Luft.
In der Nähe durchschnitt ein Schweinwerfer die nächtliche Dunkelheit. Der Lichtkegel zielte unmittelbar auf den gefrorenen Wasserfall. Auf einem fünfzig Meter entfernten, etwas tiefer gelegenen Hang stand ein Schneemobil. Eine undeutlich zu erkennende Gestalt saß darauf und bediente den Scheinwerfer. Es war kein Geisterlicht, sondern eine ganz gewöhnliche Lampe, der bläulichen Färbung nach zu schließen mit einer Xenonbirne ausgestattet.
Painter wurde von einer Woge der Erleichterung erfasst. Hatten sie vielleicht die ganze Zeit schon die Scheinwerfer der Schneefahrzeuge beobachtet? Insgesamt waren es fünf. Mit weißen Parkas bekleidete Gestalten hatten sich auf dem Hang und an den Seiten verteilt. Alle waren mit Gewehren bewaffnet.
Da er keine andere Wahl hatte und außerdem verdammt neugierig war, hob Painter die Hände und trat aus der Höhle. Der nächststehende Mann, ein wahrer Hüne, trat mit erhobener Waffe näher. Ein dünner Lichtstrahl traf Painters Brust. Ein Ziellaser.
Da Painter unbewaffnet war, blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Er überlegte, ob er versuchen sollte, dem
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